Neue Batterie-Technologien:Ultrastark mit Supercab

Noch immer stehen die Akkus im Auto fossilen Brennstoffen bei der Energieausbeute nach. Die neue Supercab-Technologie soll den Durchbruch bringen.

Joachim Becker

Hollywood kennt sich aus mit Show-Effekten. Und so war bei der jüngsten Oscar-Verleihung ein Elektroauto der Star des Abends. Tatsächlich bietet der Tesla Roadster mit seinen 252 PS großes Kino: Der flache Zweisitzer im Look eines Lotus beschleunigt in 4,2 Sekunden von null auf 100 km/h. 92 000 Dollar, umgerechnet fast 68 500 Euro, kostet die bis zu 220 km/h schnelle Alternative; bei einem Radius von rund 300 Kilometer scheint die abgasfreie Zukunft in Reichweite zu sein - selbst wenn das Strom-Tanken noch dreieinhalb Stunden dauert. Angetrieben wird der kleine Sportwagen von einem 30 Kilogramm schweren Elektromotor, den 6831 Laptop-Batterien speisen.

Neue Batterie-Technologien: Kleiner Diesel, große Wirkung: Der Motor (unten links) treibt einen Generator an (unten MItte), der seine Kraft über zwei E-Motoren (unten rechts) an die Räder weitergibt. Kurzfristig kann der Bus mit seinen Supercab-Speichern (oben rechts) auch elektrisch fahren. Die Akkus werden beim Bremsen per Generator geladen; die Leistungselektronik (oben links) steuert die Energieströme.

Kleiner Diesel, große Wirkung: Der Motor (unten links) treibt einen Generator an (unten MItte), der seine Kraft über zwei E-Motoren (unten rechts) an die Räder weitergibt. Kurzfristig kann der Bus mit seinen Supercab-Speichern (oben rechts) auch elektrisch fahren. Die Akkus werden beim Bremsen per Generator geladen; die Leistungselektronik (oben links) steuert die Energieströme.

Sternchen im Öko-Glanz

Während sich Filmsternchen im Glanz des Öko-Flitzers sonnen, bleiben Fachleute skeptisch: "Wir glauben nicht an ein Fahrzeug mit knapp 7000 Batteriezellen. Das System ist so störanfällig, das ist nur in der Kleinserie zu machen", sagt Andreas Truckenbrodt, verantwortlich für die Hybrid-Entwicklung bei DaimlerChrysler. Auch BMW-Kooperationspartner Wolfgang Epple zweifelt noch an der Dauerhaltbarkeit eines solchen Systems: "Im Handy werden Lithium-Ionen-Batterien nicht mehr als 60 Grad heiß, im Auto möglicherweise schon. Man müsste sie aufwendig kühlen, um eine Lebensdauer von zehn Jahren sicherzustellen, wie sie bei Autokomponenten üblich ist."

Die Energiespeicher sind noch immer die zentrale Schwachstelle eines jeden Elektroantriebs. Verglichen mit fossilen Brennstoffen erreichen heutige Hochleistungsbatterien gerade mal ein Prozent der Energiedichte. Auch Hybrid-Fahrzeuge mit zusätzlichen Verbrennungsmotor ächzen unter den schweren, teuren und empfindlichen Akkus. "Eine 40 Kilo schwere Hybrid-Hochleistungsbatterie hat das Energieäquivalent von einem Liter Benzin - davon sind vergleichsweise aber nur 200 Milliliter nutzbar", rechnet Wolfgang Epple vor, "denn bei stärker Entladung leidet die Lebensdauer", so der Leiter Hybrid bei BMW. Auch deshalb standen europäische Autohersteller beim Zusatzantrieb bisher auf der Bremse.

Neue Speicher braucht das Land

Neue Energiespeicher braucht das Land, wenn die Hybrid-Begeisterung nachhaltig sein soll. Toyota gibt auf Autos mit den zwei Herzen zwar eine Garantie von acht Jahren oder 160 000 Kilometer; gegen Ende dieser Frist dürfte das Leistungsvermögen der Nickel-Metallhydrid-Batterien aber deutlich gelitten haben. Eine Akkusanierung kann teuer werden - bis zu 1000 Euro bei Autos, bei Nutzfahrzeugen kommt ein Vielfaches zusammen.

"Wir mussten gerade die Nickel-Metallhydrid-Batterien in unserem Brennstoffzellenbus überholen. Nach nur drei Jahren Laufzeit waren dafür 90 000 Euro fällig", berichtet Eberhard Hipp, Leiter der Vorentwicklung bei MAN. Künftig will der Münchner Lkw- und Bushersteller das System batterieschonender auslegen; aber mehr als sechs bis acht Jahre Lebensdauer planen sie selbst dann nicht ein.

Ein Autoleben lang Lilon

Weit über das Prototypenstadium ist auch der Tesla nicht hinausgekommen. Für die nächsten beiden Jahre sind nur einige hundert Stück geplant. Das 450 Kilo schwere Paket mit Lithium-Ionen-(LiIon)-Batterien hat immerhin den Vorteil, dass es sich tiefer entladen lässt als Nickel-Metallhydrid-Akkus. Bei gleicher Kapazität werden die Energiespeicher künftig also kleiner, leichter und vor allem robuster.

LiIon-Akkus sollen ein Autoleben lang halten und durch größere Stückzahlen erschwinglicher werden: Bis 2011 rechnen Experten mit einem Preis unter 1000 Euro für Hybrid-Batterien; im Tesla Sportwagen kosten die Akkus mit einer Kapazität von 55 Kilowattstunden noch ein Vielfaches.

Ultrastark mit Supercab

Während Toyota, Mercedes und BMW den LiIon-Serienstart für 2009 vorbereiten, ist ein Mercedes-Benz Hybrid-Sprinter schon im Paketdienst unterwegs. Unter der Motorhaube sorgt ein 115-kW-Diesel zusammen mit einem 70-kW-Elektromotor für Vortrieb; die Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 15 Kilowattstunden ist unterflur angebracht, ohne den Laderaum zu beeinträchtigen.

Die Suche nach dem richtigen Mix

Beim Bremsen oder bei Bergabfahrt fungiert die E-Maschine als Generator und lädt die Speicherzellen wieder auf. Über Nacht können die Batterien auch an einer Steckdose aufgeladen werden. Dann soll der Transporter mit 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht eine Reichweite von bis zu 30 Kilometer im Elektrobetrieb erreichen - ideal für den Lieferverkehr in Fußgängerzonen.

Auch Bushersteller sind auf der Suche nach dem richtigen Energiemix im Stadtverkehr. Im Stop and Go zwischen den Haltestellen können Elektro-Diesel-Hybride ihren Effizienzvorteil von bis zu 30 Prozent voll ausspielen. DaimlerChrysler hat auf dem nordamerikanischen Markt seit 2003 bereits 1500 Bestellungen für Hybrid-Busse der Marke Orion erhalten. Öffentliche Förderprogramme ermöglichen deren Einsatz zum Beispiel bei den Nahverkehrsbetrieben von New York, Toronto und San Francisco. Bei einem Mehrpreis von rund 150 000 Euro ist der Assistenzantrieb diesseits des Atlantiks allerdings nur im Testbetrieb unterwegs.

Superkondensatoren als Booster

MAN hat gerade die dritte Generation von diesel-elektrischen Stadtbussen präsentiert. Clou des Systems ist ein Energiespeicher aus Supercaps, der besonders (pflege-) leicht ist. Bisher wurden die Doppelschichtkondensatoren in Satelliten und Windkraftanlagen eingesetzt.

Sie können schnell viel Energie aufnehmen und wieder abgeben: Während Nickel-Metallhydrid-Akkus im Auto nur eine Leistungsdichte von zirka 0,5 Kilowatt pro Kilo erreichen, kommen Supercaps auf das Zehnfache. Im MAN-Technologieträger schafft die Reihenschaltung von zwölf Modulen mit je 24 Supercaps eine maximale Lade-/Entladeleistung von 200 Kilowatt. Genug, um einen vollbesetzten Bus problemlos zu beschleunigen, nach einem Kilometer geht den E-Speichern aber die Puste aus.

Die Kosten: astronomisch

Superkondensatoren sind auch als Booster in der Formel 1 im Gespräch - da stört es wenig, dass der Energievorrat nur für einen Überholvorgang reicht. Zur Stabilisierung des elektrischen Bordnetzes in großen Autos wären die Reservespeicher ebenfalls nützlich. Je näher das Bremsen und Lenken by wire rückt, desto drängender wird die Frage nach einem reaktionsschnellen Stromspeicher. Noch sind die Kosten für Supercaps allerdings astronomisch hoch.

Ob die Weltraumtechnik in großen Stil im Auto landet, bleibt abzuwarten. Ex-BMW-Entwicklungsvorstand Burkhard Göschel jedenfalls glaubt in seiner Funktion als Vorsitzender des Herstellerverbandes in der Formel 1 fest an die Zukunft der kompakten Kraftpakete: Er sitzt mittlerweile im Aufsichtsrat von Maxwell Technologies, dem US-amerikanischen Marktführer bei Supercaps.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: