Für Autofahrer allerdings, die etwas auf sich hielten, war das Ganze eine Qual. Berüchtigt die "Rudolf-Diesel-Gedächtnisminute", bis das Gemisch im Motor endlich heiß genug war, um zu zünden. Aus dem Auspuff kam eine schwarze Wolke, und dann nagelte der Diesel nervig vor sich hin. Ziemlich unsexy. Aber dann kam, 1973, die erste Ölkrise, und da war vieles gefragt, nur keine Erotik. Und der Diesel lieferte - behäbig, aber eben verbrauchsarm, gefördert vom Staat durch einen niedrigeren Steuersatz an der Zapfsäule. 1976 kam der erste Golf Diesel, damit war der Massenmarkt geöffnet.
Die Techniker taten ein übriges, und siehe da, plötzlich wurde der Diesel auch sportlich. Mit Turboaufladung hatte das Ding "im unteren und mittleren Drehzahlbereich", wie Verkäufer stolz meldeten, "richtig Power". Die Aufwärmphase lag nun deutlich unter einer Sekunde, das Nageln wurde immer leiser, und auch der Ruß verflüchtigte sich. Und Renzo Rossi vertrieb Jeans unter dem Namen Diesel.
Heute verkaufen BMW und Audi zwei Drittel Diesel - und das ist kein Zufall: Denn die beiden Premiummarken profitierten von dem neuen Trend zum Geländewagen, neudeutsch "SUV". Um diese Brocken spritzig zu halten, war der Diesel gerade recht, und auch, damit die Hersteller die Klimavorgaben einhalten konnten. Denn der Diesel stößt, wie man weiß, weniger Kohlendioxid aus als ein Benziner, dafür Stickoxide, aber das war lange eher ein Nischenthema. 2006, so lange ist das noch nicht her, wurden in Europa mehr als die Hälfte aller Neuwagen mit Dieselmotoren ausgestattet. Und der Taxler fuhr den Mercedes 230 BlueTec, 136 PS, 210 km/h Spitze, von 0 auf 100 in 10,2 Sekunden.
Debakel in Amerika
Die deutschen Autobauer waren besoffen von diesem Erfolg. Toyota, auch eine Weltmacht, ließ die Finger vom Diesel, setzte auf Hybrid und Elektromotoren. Ach was, dachten die Jungs in Wolfsburg, Ingolstadt, München, der Diesel ist das Maß aller Dinge. Deutsche Wertarbeit, nicht aufzuhalten. Vier Prozent Marktanteil in den USA, weil es Amerikaner es einfach nicht schick fanden, das Diesel im Lkw-Bereich aufnehmen zu müssen? Da muss doch mehr gehen!
Auch dass den Amerikanern die Luftreinhaltung schon länger ein großes Thema war, seit 1963 gab es den "Clean Air Act", dass der Diesel als krebserregend galt, schreckte die Deutschen nicht wirklich, sie rüsteten ihre Motoren nach und gingen mit dem "Clean Diesel" in die Werbung. Beim Wettlauf um die Einhaltung der Stickoxid-Grenzwerte verloren Autobauer die Orientierung. Aus legalen Abgasmessungen wurden halblegale Tricksereien und am Ende, bei einigen, illegale Manipulationen. So nahm das Unheil seinen Lauf - bis alles aufflog 2015.
Das Ende, ein Anfang?
Die Manipulationen in den USA sind nur eine Facette des Unheils, das auch in Deutschland aufzog. Denn lange schon fragten sich manche Beobachter, wie es denn sein könne, dass die Motoren immer sauberer wurden und die Luft an den Brennpunkten der Städte nicht wirklich besser. Die Erklärung kam erst nach und nach ans Licht: dass nämlich die Werte auf den Prüfständen nicht die Werte auf der Straße waren. "Sauber" wie versprochen ist der Diesel nur unter Idealbedingungen, nicht wenn es kalt und widrig ist. Die Einzelheiten der Abgasmessungen sind furchtbar schwierig, es herrscht ein Durcheinander, bei dem kaum noch jemand durchblickt. Nur eines ist klar: Man glaubt den Autobauern nichts mehr, der Ruf ist sauber ruiniert.
Deshalb muss es auch nicht wundern, wenn die Bundesregierung, wie nun der Spiegel meldet, Fahrverbote auch noch für die Schadstoffklasse 6 befürchtet, die doch bisher als unbedenklich galt. Messwerte des Kraftfahr-Bundesamtes zeigten ein ähnlich schlechtes Bild wie bei den älteren Modellen der Euro-5-Klasse, heißt es. Und auch nicht wundern darf dann, dass nun, nach anfänglichem Zögern, die Deutschen sich im Autohaus vom Diesel abwenden, die Absatzzahlen sind im Januar um 18 Prozent und im Februar um 19 Prozent eingebrochen.
Kann natürlich sein, dass der Diesel sich davon erholt. Dass man ihn wegen der schweren Wagen braucht. Dass kostenlose Nachrüstungen, Rabatte und schicke Werbung helfen. Wollen aber kann man das eigentlich nicht. Denn die Zukunft gehört alternativen Antrieben und neuen Mobilitätskonzepten. Der Diesel war gestern, jetzt kommt die Zukunft.