Motorradmesse:Weniger ist mehr

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Viel Bewegung in den unteren und mittleren Hubraumklassen: Die Intermot zeigt, dass die Motorradbranche um jüngere Kunden kämpft.

Von Peter Fahrenholz

Wenn eine Messe nur alle zwei Jahre stattfindet, muss sie entweder sehr groß sein, um als Leitmesse der Branche wahrgenommen zu werden (so wie die Baumaschinenmesse Bauma in München, die sogar nur alle drei Jahre stattfindet). Oder sie muss wenigstens zeitlich so platziert sein, dass sie keiner anderen ähnlichen Messe ins Gehege kommt. Die Intermot, die alle zwei Jahre in Köln stattfindet, hat das Problem, dass vier Wochen später die wesentlich bedeutendere Eicma in Mailand beginnt, eine der weltweit wichtigsten Motorradmessen. Für die Hersteller stellt sich dann immer die Frage: Welche Neuheiten präsentieren wir schon in Köln und was heben wir uns für Mailand auf? Meist werden am Rhein dann ein paar Appetithappen gezeigt, die richtigen Knaller aber erst ein paar Wochen später in Italien.

Das ist auch auf der aktuellen Intermot, die noch bis Sonntag läuft, nicht anders. Trotzdem lohnt sich der Besuch für Motorradenthusiasten. Denn neben der Möglichkeit, Klamotten und Zubehör zu Messepreisen zu kaufen, ist doch die ein oder andere Novität zu sehen. Und für die Entwicklung der Zweiradbranche ist eine solche Messe immer ein wichtiger Indikator.

BMW, in Deutschland der klare Marktführer, hat sich entschlossen, sechs neue Maschinen erst auf der Eicma zu enthüllen. Zwei werden aber schon in Köln gezeigt, und es ist sicherlich kein Zufall, dass darunter auch die große Reiseenduro R 1200 GS ist, die mit Abstand meistverkaufte Maschine von BMW. Aus ihr wird künftig die R 1250 GS, und was nach einer minimalen Hubraumerhöhung klingt, ist in Wahrheit viel mehr. Denn die Maschine hat praktisch einen neuen Motor bekommen (der auch in der ebenfalls gezeigten RT zum Einsatz kommt) und soll damit deutlich an Leistung, Drehmoment und Geschmeidigkeit gewinnen. Vermutlich wird BMW im Segment der großen Reisenduros auch weiterhin der Gradmesser für die Konkurrenz bleiben.

Interessant ist aber, was sich darunter tut. Der große Erfolg der Afrika Twin von Honda, die mit 95 PS ganz bewusst unter der 100-PS-Marke bleibt, hat gezeigt, dass viele Kunden im Endurosegment den PS-Rausch nicht mitmachen wollen, sondern sich leichtere Maschinen wünschen, mit denen man auch im Gelände mal umfallen kann, ohne einen zweiten Mann zum Aufheben zu brauchen.

So zeigt Moto Guzzi in Köln nach dem Aus für die große Stelvio, die immer ein Schattendasein gefristet hat, seine neue kleinere Enduro, die V 85 TT. Das "TT" steht für tuttoterreno und bedeutet geländegängig. Mit 80 PS, einer gelungenen Optik und einem wartungsarmen Kardanantrieb könnte die V 85 den Italienern endlich mal wieder einen Volltreffer bescheren. Ein Preis wurde auf dem Messestand in Köln noch nicht genannt.

Die Fans von Yamaha warten hingegen schon seit langem auf die kleine Enduro Téneré 700 mit dem Zweizylinder-Motor der erfolgreichen MT-07-Reihe. In Köln wurde wieder nur der Prototyp gezeigt, der seit gut einem Jahr von Fahrern aus aller Welt getestet wird. Dem Vernehmen nach könnte in ein paar Wochen in Mailand dann endlich das Serienmodell enthüllt werden, irgendwann zwischen Frühjahr und Sommer könnte die Maschine dann zu den Händlern kommen. Da war die Konkurrenz von KTM etwas schneller, die mit der 790 Adventure ebenfalls eine kleine Enduro ins Rennen schickt. Deren Motor stammt aus der 790 Duke und versetzt die Kollegen von der Motorrad-Fachpresse regelmäßig in helles Entzücken.

Doch auch in anderen Segmenten tut sich viel. Die Hersteller haben erkannt, dass sie mit ihrer überalterten Kundschaft bald Probleme bekommen werden und bieten deutlich mehr kleinere und preiswerte Maschinen für junge Einsteiger an.

Der US-Hersteller Indian, hinter dem der Polaris-Konzern steht, präsentiert in Köln einen ungewohnten Hingucker. Bisher wird die Marke mit ihren schweren Brocken vor allem als Harley-Konkurrent wahrgenommen. Doch die in Köln gezeigte FTR 1200 fällt völlig aus der üblichen Modellpalette. Kein chromblitzender Eisenhaufen, sondern ein so genannter Flat Tracker. Gemeint sind damit Motorräder, die von Rennmaschinen abgeleitet sind, die auf Speedway-Bahnen zum Einsatz kommen. Indian könnte in den nächsten Jahren noch für manche Überraschung sorgen. Denn der US-Hersteller hat den renommierten Designer Ola Stenegard verpflichtet, der zuvor 15 Jahre lang bei BMW gearbeitet hat.

© SZ vom 06.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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