Wer vor 20 oder 25 Jahren seinem Faible für ausgedehnte Reisen mit dem Motorrad frönen wollte, hat sich oft für ein schweres Tourenmotorrad entschieden. Gefragt waren genug PS, genug Stauraum und genug Zuladung, denn Motorradurlauber sind oft zu zweit unterwegs und haben auch die Campingausrüstung dabei.
Doch die Zeiten haben sich geändert. Heute dominieren bei den Reisemaschinen die großen Enduros, angeführt von der BMW 1200 GS, die seit Jahren die Zulassungsstatistik anführt. Denn die Reiseenduros haben einfach das größere Einsatzspektrum. Sie sind nicht nur ebenso langstreckentauglich wie die noch schwereren Tourer, sondern erlauben auch Abstecher außerhalb befestigter Straßen. Was vor allem für diejenigen interessant ist, die gerne Regionen jenseits des mitteleuropäischen Wohlstandgürtels erkunden.
BMW K 1600 B im Test:Wenn das Schwere plötzlich ganz leicht wird
Mit der K 1600 Bagger und der verwandten Grand America will BMW bei den Luxus-Tourern punkten. Eine Testfahrt entkräftet so manches Vorurteil.
Doch es gibt sie noch, die großen Reisetourer. BMW fährt hier gleich mehrgleisig. Neben den luxuriösen Sechszylindermaschinen gibt es auch für den legendären Zweizylinder-Boxermotor eine Reiseschwester für die GS: die R 1200 RT. Auf der Intermot in Köln hat BMW Anfang Oktober die nächste GS-Generation präsentiert: die 1250 GS mit einem völlig neuen Motor. Und anders als 2013, als BMW den Boxermotor von Luft- auf Wasserkühlung umstellte und diesen erst ein Jahr später auch in der RT verbaute, bekommt diesmal auch der Zweizylinder-Tourer von Anfang an das neue Triebwerk: Aus der 1200 RT wird die 1250 RT.
Was sich zunächst nach bescheidenen 50 Kubikzentimetern Zuwachs anhört, ist in Wirklichkeit ein ganz anderer Motor. Stark vereinfacht ausgedrückt, verfügt das Triebwerk über eine variable Ventilsteuerung, von den Ingenieuren "Shift Cam" genannt, bei der zwei unterschiedliche Nockenpaare auf einer Nockenwelle sitzen und elektromagnetisch verschoben werden können. So soll bei niedrigen Drehzahlen die Laufkultur verbessert werden und bei höheren Drehzahlen mehr Leistung zur Verfügung stehen. Der neue Motor dürfte auf der Motorradmesse Eicma in Mailand, die am nächsten Dienstag beginnt, auch für weitere Boxermodelle präsentiert werden.
Erste Fahreindrücke mit der neuen RT zeigen, dass der bisher schon sehr elastische Boxermotor damit noch einmal ein ganzes Stück geschmeidiger geworden ist. Und weil sich das Fahrwerk nicht nur automatisch dem Fahrbahnzustand anpasst, sondern auch dem Beladungszustand (was allerdings aufpreispflichtig ist), schwebt der 280-Kilo-Brocken über Fahrbahnunebenheiten förmlich hinweg. Die RT zielt ganz klar auf die Ü-50-Kundschaft, der maximaler Komfort wichtig ist. Das kostet: Der Grundpreis (18 000 Euro) lässt sich durch diverse Extras schnell um mehrere Tausend Euro nach oben treiben.