Motoren: Downsizing:Wer hat den Kleinsten?

Auch in der Pkw-Oberklasse geht es nicht mehr nur um Hubraum. Denn in Zeiten des Klimawandels und des Ökobewusstseins holen die Entwickler bei teuren Karossen aus weniger Hubraum mehr Leistung, unter gleichzeitiger Reduzierung des Verbrauchs. Spielt der Kunde mit?

Michael Specht

Hubraum, so hieß es früher, ist durch nichts zu ersetzen - außer durch noch mehr Hubraum. Das stammte aus einer Zeit, als Treibstoff schier unerschöpflich aus den Zapfpistolen floss und nur wenige Cent pro Liter kostete.

Business-Klasse

Weniger ist mehr: Moderne Biturbo-Dieseltechnik wird demnächst auch den Audi A6 Avant (im Bild) antreiben.

(Foto: Audi)

Heute, in Zeiten von Klimawandel und Ökobewusstsein, gehen die Entwickler der Autokonzerne den umgekehrten Weg. Sie holen aus weniger Hubraum mehr Leistung, unter gleichzeitiger Reduzierung des Verbrauchs. Fachleute sprechen von Downsizing. Und in selbem Atemzug von ,,positiven Sekundäreffekten'', weil ein kleinerer Motor nicht nur leichter ist, sondern eine Kette weiterer Gewichtsreduzierungen nach sich zieht.

Durch die Motorendiät können in Folge auch das Kühlsystem und das Fahrwerk schlanker sowie die Bremsen kleiner ausgelegt werden. Der geringere Verbrauch wiederum erfordert weniger Tankvolumen, was zusätzlich Gewicht spart.

Was sich für Klein- und Kompaktwagen bereits bewährt hat, hält nun Einzug in die Ober- und Luxusklasse. Kleinere Motoren sind auch dort kein Tabu mehr. Sechszylinder sollen Achtzylinder ersetzen, und analog werden Sechszylinder durch Vierzylindermotoren verdrängt. BMW geht sogar soweit, einen 1,5 Liter kleinen Turbo-Dreizylinder in der kommenden Dreier-Baureihe anzubieten.

Vielen Fans geht das allerdings zu weit. In einschlägigen Internetforen ist zu lesen, man fürchte um Image, Laufkultur und den typischen BMW-Sound. Ähnliche Bedenken dürften Liebhaber von Sechszylinder-Boxermotoren hegen. Denn Porsche hat - bislang undenkbar - ein Vierzylinder-Pendant in der Entwicklung. Das Zweiliter-Turbo-Aggregat soll in der nächsten Boxster/Cayman-Baureihe zum Einsatz kommen.

Als Königsweg unter den Motorenbauern gilt bei den Benzinern derzeit die Direkteinspritzung in Verbindung mit Turboaufladung - manchmal auch doppelt. Audi nennt dieses Prinzip TFSI (Turbo Fuel Stratified Injection). So haben sich die Ingolstädter im TT schon vor Jahren vom 3,2-Liter-Sechszylinder verabschiedet und ihn durch einen Zweiliter-Turbo-Vierzylinder ersetzt.

Konkurrenz um niedrigen Verbrauch

Selbst Mercedes-Tuningtochter AMG verschließt sich nicht dem Downsizing. Deren neuestes V8-Triebwerk, intern M157 genannt, erhielt eine Hubraumverkleinerung von 6,3 auf 5,5 Liter und dafür zwei Turbolader. Ergebnis: eine um 20 Prozent verbesserte Effizienz. Mit einem Verbrauch von 9,8 Liter unterbietet der Motor - mit Start-Stopp-System und Rekuperation - sämtliche Wettbewerber. Eine Version ohne Turbo (M152), aber mit elektronisch geregelter Zylinderabschaltung, soll sogar unter neun Liter verbrauchen.

Dieselmotoren sind Bestseller

Auch die Diesel sind vom Downsizing nicht ausgeschlossen. Längst fahren Modelle wie Mercedes E-Klasse, BMW Fünfer und Audi A6 mit Vierzylindern und Hubräumen zwischen 2,0 und 2,2 Liter. Modernste Hochdruckeinspritztechnik und variable Ladergeometrie liefern Leistungen von mehr als 200 PS und Drehmomentwerte, die früher Achtzylinder-Benziner nicht erreicht haben. Dem steht ein Normverbrauch von rund fünf Liter gegenüber.

Mittlerweile zählen diese Motoren - zumindest in Deutschland - zu den Bestsellern. Im Audi A8 könnte schon bald der 4,2-Liter-Diesel-V8 durch ein Dreiliter-V6-Biturbo-Aggregat abgelöst werden. Der Hightech-Diesel feiert demnächst im A6 Avant sein Debüt. Er soll mehr als zwölf Prozent weniger verbrauchen. BMW hat für den Siebener den Achtzylinder-Diesel mit 3,9 Liter Hubraum bereits aus dem Programm genommen. Ein effizienter Dreiliter-Sechszylinder mit Doppelturboaufladung verbraucht 20 Prozent weniger.

Auf die Spitze des Downsizing treibt es derzeit Mercedes mit dem S 250 CDI. Ein Vierzylinder für die S-Klasse, automobiles Symbol für Luxus und Spitzentechnik? Die Zweifel, ob der typische statusbewusste S-Klasse-Kunde hier mitgeht, versucht Herbert Kohler, verantwortlich für die Konzernforschung, zu zerstreuen:"Die Idee wurde in Deutschland sehr positiv aufgenommen."

Die Konkurrenz wartet derweil ab. BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Draeger sieht einen Vierzylinder in der Luxusklasse als ,,sehr kritisch'' an. Auch bei Audi bezweifelt man diese Art von Downsizing. Entwicklungschef Michael Dick ließ probehalber einen Vierzylinder-Diesel in das Topmodell A8 einbauen. Der Alltagsverbrauch liege damit auf dem Niveau eines Sechszylinder-Diesel. ,,Damit beantwortet sich diese Frage von selbst.''

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