Süddeutsche Zeitung

Mittelklasse-Limousinen:Comeback der Katze

In der Mittelklasse haben die deutschen Hersteller bisher kaum Konkurrenz. Der neue Jaguar XE könnte das jetzt ändern. Mit ihm ist den Briten ein verdammt gutes Auto gelungen.

Von Michael Specht

Die Premium-Mittelklasse machen die deutschen Autohersteller im Prinzip unter sich aus. Anders könnte die Sache aussehen, wenn Jaguar ab Mitte Juni mit dem XE ins Revier drängt. Die Briten wissen, dass ihnen mit der schicken Limousine ein verdammt gutes Auto gelungen ist. Jüngst ist der XE von dem englischen Automagazin DieselCar zum "Best Large Car 2015" gewählt worden. Gut, da mag ein wenig Nationalstolz im Spiel gewesen sein. Doch auch deutsche Fachzeitschriften bescheinigen dem XE durchweg gute Noten. Stimmiges Design, eine Leichtbaukarosserie zu 75 Prozent aus Aluminium, knackige Fahreigenschaften und effiziente Motoren. Das alles gepaart mit einem Hauch von Exklusivität, die der Marke nach wie vor anhaftet. Insgesamt also eine attraktive Kombination.

"Wir erwarten ein Eroberungspotenzial von 90 Prozent", sagt Jaguar Deutschland Geschäftsführer Peter Modelhart. Als weiteres Lockmittel dient eine Dreijahresgarantie mit unbegrenzter Kilometerleistung inklusive kostenloser Inspektionen. Flatrate sozusagen. Absatzziele will Modelhart nicht nennen. Nur so viel: "Wir verzeichnen ein noch nie da gewesenes Interesse. Über 500 000 Menschen haben sich den XE bereits im Internet konfiguriert", so der Manager. Vom größeren Modell XF verkaufte Jaguar voriges Jahr global 45 000 Einheiten. Branchenkenner erwarten, dass der XE-Absatz zwischen 60 000 und 80 000 Einheiten liegen wird. Letzteres wäre eine glatte Verdoppelung der Jaguar-Gesamtzahlen von 2014.

"Das schafft kein anderer Wettbewerber"

Die größte Aufmerksamkeit beim XE gilt momentan seinem sogenannten Ingenium-Dieselmotor. Das Zweiliter-Aggregat hat in dem neuen Einstiegs-Jaguar seine Premiere und kommt im Herbst auch bei der Schwestermarke Land Rover zum Einsatz, hier zunächst im Discovery Sport. Der modular aufgebaute Vierzylinder wurde von einem weißen Papier aus komplett neu konstruiert. Jaguar hat für den AJ200D, so die interne Bezeichnung, sogar ein neues Werk auf die Wiese gestellt. Die Leistung liegt derzeit auf dem Niveau der Konkurrenz und startet bei 163 PS. Die stärkere Variante hat 180 PS. Doch dabei bleibt es nicht. Im nächsten Jahr wird eine Version mit etwa 220 PS folgen. Wie fit Jaguars Ingenium-Diesel ist, zeigen die Verbrauchswerte. Die Einstiegsversion kommt im - wenn auch realitätsfernen - EU-Normzyklus auf 3,8 Liter, was einem CO₂-Ausstoß von 99 g/km entspricht. Ein exzellenter Wert für ein knapp 1,5 Tonnen schweres Auto. "Das schafft kein Wettbewerber", hieß es noch vor Kurzem aus der britischen Zentrale. Doch dieser Tage legte BMW nach. Der 320d in der Version Efficient Dynamics erreicht die gleichen Werte.

Fahren konnten wir den 36 500 Euro teuren XE-Diesel mit 180 PS - und waren nicht nur überrascht von der angenehmen Laufkultur des Vierzylinders, sondern auch von dessen gleichmäßiger Leistungsentfaltung und der guten Elastizität. Grund ist das satte Drehmoment von 430 Newtonmeter (BMW 320d: 400 Nm), das der Selbstzünder schon ab 1750 Umdrehungen ins Getriebe schickt. Empfehlenswert ist auch die optionale Achtgangautomatik. Erst sie gibt dem XE die nötige Gelassenheit, die man von einer britischen Limousine dieser Klasse erwartet. Dass man mit dem kleinen Jaguar auch sehr sportlich unterwegs sein kann - unterm Blech steckt immerhin das Fahrwerk des F-Type - ist eine ganz andere Geschichte.

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SZ vom 16.05.2015/reek
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