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Mittelklasse-Kombis im Vergleich:Es muss nicht immer ein Diesel sein

Welchen Motor soll man nehmen? Welche Ausstattung braucht man wirklich? Und welcher Mittelklasse-Kombi ist der beste: Audi A4, BMW Dreier oder Mercedes C-Klasse? Eine Kaufberatung.

Test von Georg Kacher

Die Last der Entscheidung beginnt schon mit dem Audi A4 Avant. Warum nicht den 2.0 TDI ultra nehmen, oder den 3.0 TDI? Weil der eine einlullend lang übersetzt ist und der andere ohne viel Ausstattung fast 52 000 Euro kostet. Der 2.0 TFSI Quattro (ab 46 300 Euro) findet auch ohne Navi zielsicher die goldene Mitte. Ein Turbolader treibt den Vierzylinder auf 252 PS - genug, um nach 6,0 Sekunden die 100 km/h-Marke zu passieren. Trotzdem nippt der kernig-agile Motor nur beiläufig am 61-Liter-Tank, der bei 6,1-Liter-Normverbrauch eine Reichweite von 1000 Kilometer ermöglichen sollte - falls sich die Zyklus-Theoretiker nicht wieder grob verrechnet haben.

Audi kokettiert zwar gerne mit seinen Le-Mans-Siegen, aber wir würden trotzdem einen Bogen um jede Art von Sportpaket machen: zu hart, zu prollig, zu teuer. Weil die Siebengang-Automatik ebenso im Preis enthalten ist wie Xenonlicht und eine elektrisch öffnende Heckklappe, beschränken sich die Aufpreis-Ambitionen von Familie Sparfuchs auf Navi, Rückfahrkamera und Sitzheizung. Definitiv verzichtbar ist die gefühlsarme Dynamiklenkung. Mit 505 Litern Kofferrauminhalt schluckt der A4 das Urlaubsgepäck einer Großfamilie, bei umgelegten Rücksitzen und dann 1510 Liter Fassungsvermögen dazu noch den Wochenendeinkauf im Supermarkt. Leider lässt sich das Gestühl in Reihe zwei weder in Längsrichtung verschieben noch die Lehnenneigung verstellen.

Fazit: Der um 120 Kilo leichtere neue A4 Avant ist ein flinker und trittfester Kombi, traktionsstark und richtungsstabil, gesegnet mit einem ordentlichen Verzögerungsapparat und einer präzisen Lenkung. Fahrdynamisch macht auch dieser Audi eine gute Figur, wobei es schon eine Weile dauern kann, bis der Funke überspringt.

Die beste Wahl beim BMW: die 320d-Variante

Auch der Kombi des BMW Dreier macht es einem nicht einfach. Das Herz ruft: Sechszylinder! Der Verstand sagt: Dreizylinder! Das Schlichtungskomitee beschließt: Vierzylinder! Nein, nicht den überschätzten und teuren 325d, und auch nicht die Wasser-und-Brot-Varianten mit 116 bis 150 PS. Der neue 190 PS starke Diesel im 320d Touring (ab 38 950 Euro) soll es sein, idealerweise mit Achtgang-Automatik und Allradantrieb um 43 600 Euro - wofür uns der Zahlmeister prompt die Rote Karte zeigt. Fürs gleiche Geld bekommt man nämlich den 330e Plug-in-Hybrid, vorläufig allerdings nur als Limousine.

Die wichtigsten Extras sind in Paketen zusammengefasst, die in der Endabrechnung schnell mal 6000 bis 8000 Euro ausmachen. Gönnen sollte man sich das sehr gute Head-up-Display, bessere Sitze und den adaptiven Tempomat. Analog zum Fünfer hat BMW auch dem Dreier-Kombi viele praktische Details spendiert. Herauszuheben sind die separat öffnende Heckscheibe, die elektrisch angetriebene Klappe und das gemischte Doppel aus Trennnetz und Abdeckrollo, das bei Nichtgebrauch im Kofferraumboden verschwindet.

Im Dreikampf der Gepäckabteile liefert sich der Touring mit 495 beziehungsweise 1500 Litern ein totes Rennen mit dem Mercedes (490/1510) und dem Audi. Hinten ist im BMW gefühlt etwas weniger Platz, die Sitze sind härter gepolstert, die Oberschenkelauflage könnte länger sein. Der Diesel läuft vergleichsweise rau und laut, aber er bescheidet sich nach besagter Norm mit nur 4,3 Litern Sprit. Der 100-km/h-Sprint wird in 7,6 Sekunden absolviert, das Ende der Tempo-Fahnenstange ist erst bei Tempo 230 erreicht.

Fazit: Natürlich würden wir uns noch lieber den fast 10 000 Euro teureren 330d in die Garage stellen. Doch schon der 320d ist ein ausgewogener Fahrdynamiker, der sich mit Sportbremse, Sportlenkung und Sportfahrwerk sogar in Richtung Renn-Kombi aufrüsten lässt.

Mercedes C350e: souveräner Gleiter ohne Letzte-Rille-Ambitionen

Und schließlich das Mercedes T-Modell als C350e, ab 52,628 Euro. Ein nackter C-Klasse-Kombi mit 1,6 Liter-Renault-Motor ist schon für 33 350 Euro zu haben, vier Räder und fünf Sitzplätze inklusive. Doch wer mehr Cedes will und gleichzeitig der Umwelt einen Gefallen tun möchte, der sollte den C350e Hybrid in die engere Wahl ziehen. Obwohl Kilometerfresser mit dem C250d 4Matic um 48 225 Euro vermutlich besser bedient wären, ist der noch sparsamere PHEV das zeitgeistigere und mit 600 Nm deutlich bulligere Auto. Entsprechend beeindruckend sind die Fahrleistungen. Der Kombi stromert in 6,2 Sekunden von 0 auf 100 km/h, läuft 246 km/h Spitze und konsumiert nach Norm nur 2,1 Liter.

Im hohen Preis enthalten sind Automatik, 17-Zöller, Luftfederung und Vorklimatisierung an der Steckdose. Annehmlichkeiten wie die elektrische Heckklappe mit Gestensteuerung oder das praktische Verstau- und Verzurrset werden dagegen gesondert berechnet. Finger weg von fetten Rädern und dem lauten AMG-Paket, aber Daumen hoch für das adaptive LED-Licht, die tollen Komfortsitze und das große Assistenzpaket. Absolut ohne Mehrkosten fix eingebaut sind der klassenbeste Federungskomfort, der wandlungsfähigste Antriebsstrang, eine Verarbeitung auf Audi-Niveau und ein Hauch mehr Platz hier und dort.

Fazit: Der A4 und vor allem der Dreier mögen sportlicher sein, aber als ausgewogener Kofferträger empfiehlt sich die C-Klasse. Der Mercedes ist vor allem als PHEV ein souveräner Gleiter ohne Letzte-Rille-Ambitionen.

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Quelle:
SZ vom 06.02.2016/harl
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