Mitsubishi Pajero:Ohne Leiter in die Höhe

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Mit mehr Komfort soll der Japaner wieder Offroad-König werden

(SZ vom 02.02.2000) Kein Graben zu tief, um ihn durchqueren, kein Berg zu hoch, um ihn erklimmen zu können - Geländewagen wurden Jahrzehnte lang so konstruiert, damit ihre Fahrer weder vor halsbrecherischen Klettertouren noch vor Wüstenetappen mit Wellblechpisten zurückschrecken mussten. Doch das Prinzip der Robustheit wird von den Ingenieuren immer häufiger über Bord geworfen. Was dabei heraus kommt, sind die modernen Offroad-Fahrzeuge, denen man gar keinen Ausflug ins Gelände zumuten möchte, weil sie zum Teil nicht einmal mehr über Allradantrieb verfügen.

Weniger Ecken und Kanten, dafür mehr Komfort - das macht heutzutage erfolgreiche Geländewagen aus. Nun hat es auch das Auto erwischt, das lange Zeit - bis die Fun Cars den Markt überschwemmten - neben dem Land Rover Defender als der ungekrönte König der Offroader galt: den Mitsubishi Pajero. Die dritte Generation des Offroad-Oldies, der seit 1982 gebaut wird, gibt sich mit seiner abgerundeten Motorhaube und den geglätteten Flanken deutlich ziviler als das Vorgängermodell - Mitsubishi hat den Rustikal-Look abgelegt und den Neuen für die Boulevards herausgeputzt.

Nicht nur für die Autobahn

Den radikalsten Schnitt haben die Japaner unter dem Blech vollzogen, indem sie den Leiterrahmen verschrotteten, die bisher verwendete Starrachse hinterher warfen und durch Einzelradaufhängung rundum und eine selbsttragende Karosserie ersetzten. Und weil sie gerade Spaß am Verändern hatten, treiben den Pajero, der Mitte April zu den deutschen Händlern kommt, auch gleich neue Motoren an: ein 3,5-Liter-Sechszylinder mit Benzindirekteinspritzung (GDI) und 149 kW (203 PS) und ein 3,2-Liter-Dieseldirekteinspritzer mit 121 kW (165 PS).

Ist der Pajero III jetzt nur noch geeignet, um über die Autobahn zu düsen oder Bordsteinkanten zu erklimmen? Die Hard-core-Fans können beruhigt sein: Nein, sagt eine, die es wissen muss, nämlich Jutta Kleinschmidt, die mit einem Vorserienfahrzeug die Rallye Paris-Dakar gefahren ist. Der Neue sei weiterhin ein vollwertiges Geländefahrzeug, das einiges wegstecken könne. Bei ersten kurzen Fahrten zeigte sich, dass auch Gelände-Laien mit dem Pajero ziemlich weit kommen - dank des Allradantriebssystems SS4-II, was die zweite Generation des Super-Select-4Wheel-Drive Systems bezeichnet. Es funktioniert im Prinzip wie beim Vorgänger, nur dass der Antrieb der Vorderräder nicht mehr mechanisch, sondern elektronisch zugeschaltet wird.

Über die Straßenqualitäten des neuen Pajero lässt sich noch nicht sehr viel aussagen - außer dass die beiden Motoren einen sehr kräftigen Antritt ermöglichen und die Geräuschdämmung erheblich besser als beim Vorgänger ist. Zahlen über die Höchstgeschwindigkeit, Beschleunigungswerte und Angaben über den durchschnittlichen Benzinverbrauch liegen noch nicht vor, da der Pajero erst noch in Europa von den zuständigen Behörden abgenommen werden muss.

Denn obwohl die Japaner gerne von Gewichtseinsparung reden, wiegt der kurze, dreitürige Pajero mit rund 1,75 Tonnen etwa 50 Kilogramm mehr als der Alte. Mitsubishi verweist auf die um zehn Zentimeter gestiegene Länge (nun 4,22 Meter beim kurzen, und 4,74 Meter bei der Langversion) und die um ebenfalls zehn Zentimeter auf 1,88 Meter gewachsene Breite. Das kommt vor allem dem Innenraum zugute: Der linke Ellenbogen des Fahrers nimmt nicht mehr so oft unfreiwillig Kontakt mit der Tür auf wie bisher.

Außerdem sind beim Station die beiden seitlich wegklappbaren Schwiegermuttersitze im Kofferraum verschwunden. Sie wurden durch eine im Kofferraumboden voll versenkbare Sitzbank ersetzt, die bei Bedarf heraus geklappt werden kann. Obwohl der neue Pajero mit einer Höhe von 1,85 Metern tiefgaragentauglich ist, wuchs die Bodenfreiheit von 20 auf 23 Zentimeter. Kleiner werden darf hingegen noch der Schadstoffausstoß: Während der Diesel mit der Einstufung Euro-2 klassenüblich ist, erfüllt der Benzindirekteinspritzer mit Automatik ebenfalls nur diese Stufe, während der GDI mit Schaltgetriebe Euro-3 schafft.

4000 bis 5000 Pajero will Mitsubishi Deutschland in diesem Jahr noch verkaufen - das wäre der erste Schritt, um wieder die Krone des Allradmarktes zu erobern. Dazu müssen aber auch die Preise stimmen - und die dürften um rund fünf Prozent steigen, was rund 53 000 Mark für das Einstiegsmodell und 75 000 Mark für den Benziner mit hochwertiger Ausstattung bedeutet.

Von Otto Fritscher

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