Mitsubishi Pajero:Multi-Talent statt Geländespezialist

Mitsubishi setzt beim neuen Pajero auf Pkw-Technik und -Komfort

(SZ vom 24.05.2000) Dass die meisten Geländewagen von Leuten gekauft werden, die nie und nimmer auf den Gedanken kämen, ihr gutes Stück über Stock und Stein zu jagen, ist jedem bewusst, der solche Autos vermarktet. Die Konstrukteure haben etwas länger gebraucht, sich darauf einzustellen, doch mittlerweile schenken auch sie dem Komfort dieselbe Aufmerksamkeit wie der Geländegängigkeit. Allerdings kommt dabei meist nicht mehr als ein passabler Kompromiss heraus. Mitsubishi aber war das zu wenig, und deshalb haben die Japaner beim neuen Pajero konsequent auf die übliche Geländewagen-Technik verzichtet: Die Karosserie wird nicht mehr auf einen tragenden Leiterrahmen aufgesetzt, sondern ist eine selbsttragende Konstruktion; es gibt hinten keine Starrachse mehr, sondern nur noch einzeln aufgehängte Räder, und selbst die Kugelumlauflenkung musste einer Zahnstangenlenkung weichen.

Energisch lehnt Mitsubishi indessen Vermutungen ab, dass der technisch vom Offroader zum Pkw herangereifte Pajero den Strapazen einer ausgedehnten Geländetour nicht mehr gewachsen sei. Als Beweis für das Gegenteil wird der dritte Platz bei der Rallye Dakar 2000 ins Feld geführt, bei der die neue Pajero-Generation zum Einsatz kam. Der Allradantrieb ist nämlich weiterhin auf alle Wechselfälle des Lebens und des Untergrunds vorbereitet. Auf trockenem Asphalt empfiehlt sich der Heckantrieb. Sind die Witterungs- und Straßenverhältnisse nicht ganz ideal, kann bis Tempo 100 auf permanenten Allradantrieb umgeschaltet werden. Solange die Reifen greifen, werden die Antriebskräfte danach im Verhältnis 33 zu 67 auf Vorder- und Hinterachse verteilt. Tritt hingegen Schlupf auf, wird die vorgeschaltete Viscokupplung die Kraftverteilung korrigieren und die Vorderachse mit maximal 50 Prozent am Vortrieb beteiligen.

Darüber hinaus verfügt der Fahrer über die Möglichkeit, die Antriebsart 4LLc vorzuwählen. Die Geländereduktion bewirkt nahezu eine Zugkraft-Verdoppelung, und sollte der Wagen dann immer noch nicht von der Stelle kommen, kann der R/D-Schalter auf der Mittelkonsole betätigt werden. Er sperrt das rückwärtige Differenzial, so dass beide Hinterräder starr miteinander verbunden sind.

Für die Passagiere hat die Neuorientierung im Karosseriebau den Vorteil, dass sich Komfort und Fahrsicherheit spürbar verbessert haben. Das Rohr der hinteren Kardanwelle besteht beispielsweise nicht mehr aus Stahl, sondern aus Carbonfaser. Damit konnte ihr Gewicht auf 7,5 Kilogramm reduziert werden, und zudem ist sie in der Lage, bei einem Frontalcrash gezielt Aufprallenergie abzubauen, weil der kohlefaserverstärkte Kunststoffmantel sich aufweiten kann und sogar nach Plan aufreißt, wenn der Wellenstumpf mit Wucht hineingedrückt wird.

Positiv wirkt sich des weiteren aus, dass der Schwerpunkt niedriger liegt als bisher - obwohl der neue Pajero mehr Kopffreiheit zu bieten hat - ; dass der Wagen den Vorgaben des Lenkers williger folgt als früher, und dass mehr in den Kofferraum passt als bei den Vorgängermodellen. Der um 13,5 Zentimeter auf 4,28 Meter gestreckte Dreitürer wartet nunmehr mit 415 bis 1293 Liter auf, während sich das Fassungsvermögen des um sieben Zentimeter auf 4,80 Meter verlängerten Fünftürers zwischen 215 und 1700 Liter variieren lässt. Er ist - das erklärt den niedrigen Basiswert - mit drei Sitzreihen bestückt. Wird die hintere Bank nicht benötigt, verschwindet sie vollständig im Fahrzeugboden.

Als Zugpferd geeignet

Zu einem Komfortgewinn hat bei beiden Modellen auch der Radstand-Zuwachs geführt. Beim Dreitürer sind es jetzt 2,55 Meter, 12,5 Zentimeter mehr als bisher, beim Fünftürer sind die Achsen 2,78 Meter weit voneinander entfernt, was einer Verlängerung um 5,5 Zentimeter entspricht. In der Breite hat man ebenfalls ein ganzes Stück, nämlich zehn Zentimeter, zugelegt, weshalb beide Varianten neuerdings stattliche 1,88 Meter breit sind. Unverändert blieben die zulässigen Anhängelasten. Der mindestens 2000 Kilogramm schwere Dreitürer darf bis zu 2,8 Tonnen schleppen, und der Fünftürer, der in jedem Fall mehr als 2135 Kilogramm auf die Waage bringt, wird mit 3,3 Tonnen fertig.

Um diese Massen in Schwung zu bringen, stattet Mitsubishi den Pajero mit drehmomentstarken Motoren aus. Zur Wahl stehen ein 121 kW (165 PS) starker Dieseldirekteinspritzer mit 3,2 Liter Hubraum, der bei 2000/min in vier Zylindern 373 Newtonmeter mobilisiert, und ein 3,5-Liter-Benzindirekteinspritzer, der maximal 149 kW (202 PS) und 318 Nm bei 4000/min bereitstellt. Die GDI-Technik, der man Kraftstoff sparende Wirkung nachsagt, kann allerdings nicht verhindern, dass nach Norm durchschnittlich immerhin 12,8 Liter je 100 Kilometer aus dem Tank des Dreitürers (Fünftürer: 13,0 Liter) verschwinden - und im Verkehrsalltag vermutlich noch etliche Literchen mehr.

Deshalb gehen die Verantwortlichen davon aus, dass rund 85 Prozent der Pajero mit Dieselmotor geordert werden, dessen Verbrauch auf 9,3 Liter je 100 Kilometer (Dreitürer) beziffert wird. Im Gegenzug will das Finanzamt bedient sein: Je 100 Kubikzentimeter Hubraum sind jährlich 37,10 Mark zu überweisen, insgesamt also fast 1200 Mark, während beim V6 nur 350 Mark fällig werden.

Gemessen an den Anschaffungspreisen kann man sich allerdings kaum vorstellen, dass Pajero-Käufer wegen der Kfz-Steuer graue Haare wachsen, denn schon für den dreitürigen Diesel mit Schaltgetriebe sind 56 900 Mark zu zahlen. Der Fünftürer mit V6-GDI, Lederausstattung und Getriebeautomatik ist nicht unter 85 950 Mark zu haben. Abgesehen vom Basismodell, das ohne Klimaanlage, Zentralverriegelung, Radio, elektrisch verstellbare Außenspiegel und elektrische Fensterheber ausgeliefert wird, kann dem Pajero eine reichhaltige Ausstattung bescheinigt werden.

Von Gerlinde Fröhlich-Merz

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