Mitsubishi 3000 GT:Das Power-Coupé mit den fulminanten Fahrleistungen

Für 98 500 Mark bietet es Vierradlenkung, Allradantrieb, Airbag und Tempomat - und nur wenig Kofferraum

Georg Kacher

(SZ vom 02.10.1992) Zugegeben - der Mitsubishi 3000 GT paßt nur mit dem Schuhlöffel in unsere Zeit. Er ist teuer (98 500 Mark), schwer (1740 Kilogramm), ziemlich durstig (11,1 l/100 km) und deutlich schneller als unbedingt nötig (250 km/h). Aber er macht Spaß, soweit das Autofahren heute überhaupt noch Spaß machen kann. Auf der Autobahn gehört er zu den wenigen wirklich souveränen Reisewagen. Der 3000 GT liegt satt auf der Straße und läuft unbeirrbar geradeaus. Der 3,0-Liter-Doppelturbo-V6 mobilisiert 210 kW (286 PS). Fast noch beeindruckender ist das maximale Drehmoment von 407 Nm, das schon bei 3000/min anliegt. Diese Motorcharakteristik animiert zu schaltfauler Fahrweise. Dabei läßt sich das Fünf-Gang-Getriebe (von Getrag) wunderbar leicht und präzise schalten. Nur die Übersetzung ist viel zu lang, denn die Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h erreicht der schnelle Japaner locker im vierten Gang.

Auf trockener Straße beschleunigt der stärkste Mitsubishi, den es je gab, in nur 5,9 Sekunden von Null auf 100 km/h. Wie er das macht? Mit Hilfe einer kräftigen Kupplung und natürlich dank Allradantrieb, der das Drehmoment zwischen Vorder- und Hinterachse im Verhältnis 45 zu 55 aufteilt. Obwohl der Allradantrieb bereits ideale Voraussetzungen für ein neutrales Eigenlenkverhalten bietet, hat Mitsubishi noch eins draufgesetzt und den 3000 GT mit einer Vierradlenkung ausgerüstet. Die ab 50 km/h mitlenkenden Hinterräder (der Lenkwinkel beträgt maximal 1,5 Grad) stabilisieren den Wagen beim Spurwechsel und mildern die Lastwechselreaktionen in Kurven.

Der auffällig aggressiv gestylte 2+2- Sitzer vertraut auf ein straff abgestimmtes Doppel-Querlenker-Fahrwerk mit variabler Dämpferkennung. Normalerweise sorgt ein Computer für die jeweils passende Abstimmung, doch wer es gerne hart mag, kann auf Knopfdruck die kompromißlose Sporteinstellung anwählen (nicht für Gebißträger geeignet). Die Breitreifen der Dimension 225/50 ZR 17 sorgen für viel Halt in jeder Kurvenlage. Normalerweise legt der 3000 GT ein neutrales bis leicht untersteuerndes Kurvenverhalten an den Tag, doch im Grenzbereich ist (auf Wunsch) Übersteuern angesagt, wobei sich das Heck mit Hilfe der reaktionsschnellen und präzisen Servolenkung problemlos wieder einfangen läßt.

Obwohl der Cw-Wert von 0.33 dem Keil aus Fernost schon von Haus aus eine ausgefeilte Aerodynamik attestiert, tritt ab 80 km/h das Active Aero System in Aktion. Die Anlage besteht aus beweglichen Front- und Heckspoilern, die den Anpreßdruck erhöhen und den Auftrieb mindern. Das Ergebnis: noch bessere Bodenhaftung und Richtungsstabilität. Trotzdem kann die Karosserie des 3000 GT nicht in allen Bereichen überzeugen. So ist das Platzangebot im Innenraum eher knapp bemessen, das (variable) Gepäckabteil faßt in der Grundstellung nur 165 Liter, die Ladekante hat Eiger-Nordwand-Format, und das Interieur ist - abgesehen von den Ledersitzen - ein Kunststoff-Sammelsurium.

Die Serienausstattung ist überkomplett. Sie beinhaltet elektrische Fensterheber, Zentralverriegelung, Lederpolster, Fahrer-Airbag, Klimaautomatik, Tempomat, Alarmanlage, Alufelgen und das oben beschriebene High-Tech-Paket. Mit knapp 100 000 Mark ist der 3000 GT hierzulande zwar fast doppelt so teuer wie in Amerika, doch der Grauimport lohnt trotzdem nicht, denn die technische Spezifikation der Europa-Version ist deutlich besser. Die wichtigsten Unterschiede: unvergleichbar stärkere Bremsen, standfesterer Motor (Ventile, Lader, Intercooler, Kurbelwelle), modifizierte Kühlung.

Nein, der teuerste Mitsubishi ist kein knallhartes Power-Coupé für Ampelstart- Hooligans und Feierabend-Quertreiber. Sondern ein bulliger, aber stets ausgewogener Grand Tourisme, der Handling, Straßenlage und Komfort auf einen harmonischen gemeinsamen Nenner bringt. Der 3000 GT fährt sich wie eine Mischung aus Porsche 928 und Ur-Quattro, und er ist einer der ganz wenigen Japan-Sportwagen, bei dem Fahrspaß und Fahrsicherheit gleich gewichtet sind.

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