Süddeutsche Zeitung

Mercedes GLC im Fahrbericht:Kante war gestern

Lesezeit: 3 min

Rund statt eckig: Die neue Generation des Mercedes GLC ist gefälliger. Und fährt sich wie eine Oberklasselimousine.

Von Michael Specht

Ein bisschen Erklärung ist nötig, wenn vom neuen Mercedes GLC die Rede ist. Der Vorgänger nannte sich noch GLK, mit K wie kantig, ein sehr eckig ausschauendes SUV, das ein bisschen was vom Hardcore-Offroader G-Modell mit sich herumtrug und so allein schon durch seine Optik polarisiert hat. Man fand ihn halt gut oder eben schrecklich. Immerhin: Mehr als 650 000 Käufer, so viele wie bei keinem anderen Mercedes-SUV, mochten den seit 2008 gebauten GLK.

Jetzt also heißt er GLC, und sein Design passt sich sichtbar dem Mainstream an. Schon deshalb dürfte er den Erfolg seines Vorgängers in den Schatten stellen. Außerdem wird der Neue jetzt auch mit Rechtslenkung angeboten. Nun können selbst Länder wie England, Japan oder Südafrika den GLC ordern.

Eine Menge Fortschritt unterm Blech

Außer dem harmonischen und gut proportionierten Äußeren steckt eine Menge Fortschritt unterm Blech, egal, ob es sich um das Thema Sicherheit, Komfort, Geländeeigenschaften oder Konnektivität handelt. Obendrein spürt man das Streben nach Perfektion im Detail. Einiges davon nimmt man bereits auf den ersten Kilometern wahr. Flüsterleise Innenraumgeräusche (wir fuhren den GLC 250d) und die sänftensanfte Luftfederung, die es gegen Aufpreis gibt, dürften in diesem Segment bislang unerreicht sein. Der GLC fährt sich so ruhig und geschmeidig wie eine Oberklasse-Limousine, man sitzt nur etwas höher. Auch im Cockpit haben die Stuttgarter Autobauer alle Register gezogen, wohl, um sich nicht wieder nachsagen lassen zu müssen, man hätte an der falschen Stelle gespart. Materialien und Verarbeitung sind nun so, wie man es in dieser Preisklasse erwarten darf, das Design ist stimmig, und funktional und maßvoll gediegen.

Mehr Platz für Gepäck

Der GLC wuchs gegenüber dem GLK um zwölf Zentimeter in der Länge (jetzt 4,66 Meter). Auch Breite und Radstand nahmen um fünf, respektive um 12 Zentimeter zu. Letzteres spürt vor allem, wer hinten sitzt und lange Beine zu verstauen hat. Hinter den Sitzen bleibt jetzt außerdem Platz für 550 Liter Gepäck, das sind 80 Liter mehr als bisher. Liegen die im Verhältnis 40:20:40 klappbaren Rücksitzlehnen flach, passen sogar bis zu 1600 Liter in den GLC. Was die Variabilität angeht, findet man die klassenüblichen Finessen. So gibt es eine Cargo-Stellung für die Sitzlehnen und gegen Aufpreis entweder eine elektrische oder einer per Fußschwenk automatisch öffnende Heckklappe.

Motorenmäßig ist man zurückhaltend unterwegs. Gänzlich neue Aggregate kommen nicht zum Einsatz, die bestehenden wurden allerdings um bis zu 19 Prozent sparsamer. Zum Marktstart im September kann man zwischen zwei Dieseln und einem Benziner wählen. Alle drei sind Vierzylinder. Den mittlerweile recht betagten 2,2-Liter-Selbstzünder, intern OM651 genannt, gibt es mit 170 oder 204 PS (GLC 220d und 250d). Erst Ende 2016 soll der Nachfolger OM654 zum Einsatz kommen, zwei Liter groß, stärker, leichter, leiser und sparsamer. Doch auch so zeigt sich der GLC recht knausrig im Umgang mit dem Treibstoff, zumindest theoretisch. Mercedes gibt einen Normverbrauch von fünf Litern pro 100 Kilometer an.

Um die 50 000 Euro gelten als realistisch

Einziger Benziner ist momentan der Zweiliter-Turbo im GLC 250 mit 211 PS. Wer sechs Zylinder lieber mag, muss sich noch gedulden. Die derzeitigen V6-Aggregate werden nicht mehr eingebaut, Mercedes wartet, bis die neuen Reihensechszylinder fertig sind. Vor 2017 wird dies allerdings nicht der Fall sein. Schon Ende dieses Jahres folgt der GLC als Plug-in-Hybrid und ist mit dieser Technik dann das vierte Modell dieser Art im Mercedes-Programm. Versprochen wird eine Systemleistung von 320 PS, ein Verbrauch von 2,6 Litern und eine elektrische Reichweite von 34 Kilometern. Und der Preis? Da halten sich die Stuttgarter noch bedeckt. Um die 50 000 Euro gelten aber als realistisch.

Mag der neue GLC eher so aussehen, als fühle er sich ausschließlich auf dem Boulevard zu Hause, bewegt er sich überraschend sicher auch im schwierigen Gelände. Zumindest mit dem optionalen Offroad-Paket (Bodenfreiheit 23 Zentimeter) kraxelt er Steigungen hinauf, die man zu Fuß kaum in Angriff nehmen würde. Eine Reihe von elektronischen Sicherheitsleinen hat sämtliche Schräglagen und Schlupflöcher perfekt unter Kontrolle. Spezielle Geländefahrkenntnisse sind nicht wirklich erforderlich. Die verschiedenen Fahrmodi, angezeigt auf dem Display, ermöglichen sogar das "Freischaukeln", falls man einmal im Tiefschnee oder in einer Matschkuhle feststeckt.

Auch "onroad" muss der GLC-Fahrer fast nichts mehr dem Zufall überlassen. Das Mercedes Mittelklasse-SUV kann mit nahezu allen Assistenzsystemen ausgestattet werden, die auch in der Preisliste einer C-, E- oder S-Klasse zu finden sind. Zusammen mit ein paar netten Extras wie Ledersitze, Navigation, Internet, Soundsystem, Head-up Display, Panorama-Schiebedach und 360-Grad-Kamera entfernt sich der GLC natürlich deutlich von seinem Grundpreis. Aus 46 410 Euro (GLC 250d 4Matic) können dann schnell 65 000 Euro werden.

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Quelle:
SZ vom 18.07.2015
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