Mercedes-Benz A-Klasse:Der Chauffeur steht nicht in der Aufpreisliste

Das überarbeitete Modell des Kompaktwagens gibt es von Juni an im 17 Zentimeter längeren XL-Format ab 34 485 Mark / Dieselmotoren mit mehr Leistung

(SZ vom 04.04.2001) Große Hoffnungen setzte Mercedes-Benz Mitte der neunziger Jahre in ein neues Produkt, das ganz anders sein sollte als die bekannten Autos mit dem Stern: Mit doppeltem Fahrzeugboden, Unterflurmotor, Frontantrieb und hoch aufgerichtet trat damals die A-Klasse an, der erste Kompaktwagen mit dem Stern als Premiumprodukt für die Golf-Klasse. Unterstützt von der längsten Einführungskampagne des Unternehmens, lagen zur Markteinführung 1997 bereits 80 000 Vorbestellungen vor, ohne dass ein Kunde das Auto zuvor berührt hätte. Die Stuttgarter waren mit sich zufrieden. Doch völlig unerwartet folgte das Desaster: Am 21. Oktober desselben Jahres warf der Elch-Test die neue A-Klasse aus der Bahn. Der Einstieg in ein für Mercedes-Benz bisher unbekanntes Segment schien jäh zu scheitern.

Die Produktion der A-Klasse ruhte für Monate. Schließlich richtete Mercedes die A-Klasse in einer beispiellos kostspieligen Aktion wieder auf und rüstete nach: das Elektronische Stabilitäts-Programm ESP unterstützt seither das überarbeitete Fahrwerk. 570 000 Kunden weltweit sind heute mit einer A-Klasse unterwegs. 300 000 davon fahren zum erstenmal einen Mercedes - und viele äußern Kritik. Das im Interieur verbaute Material wirke billig, die Fahrwerksabstimmung sei zu unkomfortabel, der Sitzkomfort im Fond lasse zu wünschen übrig. Und wieder bessert Mercedes-Benz nach. Die geliftete A-Klasse steht nun ab Juni bei den Händlern.

Sie ist innen aufgeräumter. Insbesondere die neu gestaltete Instrumententafel, das neue, höhenverstellbare Lenkrad und die umgestaltete Mittelkonsole fallen auf. Die weichere Oberflächenstruktur wirkt hochwertiger, in den teueren Ausstattungsvarianten Elegance und Avantgarde verstärken Zierteile aus Edelholz und strukturiertem Aluminium diesen Eindruck. Im Interieur wirkt der kompakte Benz besser verarbeitet zuvor.

Darüber hinaus ist die überarbeitete A-Klasse umfangreicher ausgestattet. Neben den beiden Frontairbags zählen nun auch zwei Seitenbags zur Serienausstattung. Windowbags für noch besseren Schutz beim Seitenaufprall kosten 749 Mark. Einen automatisch abblendenden Innenspiegel und einen Regensensor gibt es gratis dazu. Außerdem wacht hinter dem serienmäßigen ABS neuerdings ein Bremsassistent, der mit dem ESP zusammenarbeitet. Damit jeder erkennt, dass sich etwas getan hat, tragen alle neuen Modelle Frontscheinwerfer in derzeit so moderner Klarglas-Optik sowie neu gestaltete Rücklichter und überarbeitete Stoßfänger vorn.

Schließlich ist die A-Klasse kräftiger geworden. Beide Dieseltriebwerke mit Common-Rail-Direkteinspritzung leisten dank Ladeluftkühlung rund 25 Prozent mehr. Der A 170 CDI mit nunmehr 70 kW (95 PS) statt bisher 66 kW (90 PS) zieht etwas kräftiger durch und wirkt leiser.

Die bedeutendste Veränderung aber werden nur wenige Passanten bemerken, weil sie von außen so unauffällig wirkt. Gegen 2155 Mark Aufpreis bietet Mercedes die A-Klasse zusätzlich zur 3,61 Meter langen Basisversion auch im 17 Zentimeter längeren XL-Format an. Genau um dieses Maß wurde der Radstand verlängert. Der gesamte Zuwachs kommt der Beinfreiheit im Fond zu Gute. Hier herrscht nun Bewegungsfreiheit fast wie in einer Chauffeurs-Limousine, wenngleich die Sitze keine Sessel sind und das Dach dem Haupthaar nahe steht. Ein mit 180 Zentimeter Körperlänge gesegneter Passagier aber kann die Beine übereinander schlagen. Stolze 94,5 Zentimeter beträgt der so genannte Hüftpunktabstand zwischen Fahrer und Fondpassagier - das Referenzmaß für die Bewegungsfreiheit im Fond. Damit übertrifft die lange A-Klasse sogar die Mercedes E-Klasse um zehn Zentimeter.

Bei noch immer kompakten Außenmaßen bleibt der auf 3,78 Meter verlängerten A-Klasse ein Kofferabteil mit 390 Liter Fassungsvermögen. Da die Fondsitzbank um elf Zentimeter verschoben werden kann, lässt sich dieses Maß um 80 Liter erhöhen - auf Kosten der Beinfreiheit. Bei ausgebauter Sitzanlage und dachhoher Beladung sind es 1530 Liter. Wer 352 Mark mehr ausgibt, erhält einen demontierbaren Beifahrersitz sowie 1930 Liter Stauraum. In diesem Fall misst die ebene Ladefläche 2,27 Meter. Einer Einkaufstour steht dann kaum etwas im Wege, zumal jetzt 60 Kilogramm mehr Zuladung erlaubt sind.

Erfreulich ist zudem, dass Radstand- und Karosserieverlängerung die Gesamterscheinung der A-Klasse nicht verändern: Weil der Dachverlauf um 14 Millimeter höher liegt, bleiben die Proportionen erhalten. Außerdem sollen die Verbrauchswerte der benzingetriebenen Langversionen A 140, A 160 und A 190 nicht höher liegen als die der Normalgröße. Allein der A 170 CDI gönnt sich 0,3 Liter Diesel pro 100 Kilometer mehr. Und weil die Verlängerung des jetzt 55 kW (75 PS) starken A 160 CDI ebenfalls mehr Verbrauch mit sich bringt und zum Verlust des Status als Fünf-Liter-Auto geführt hätte, gibt es diese Version nicht im XL-Format. Die lange A-Klasse kostet als A 140 ab 34 485 Mark.

Von Jürgen Zöllter

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