Eine Landstraße Anfang Januar im Kreis Göttingen: Ein 18-Jähriger kommt mit seinem Auto auf winterglatter Fahrbahn ins Schleudern, gerät in den Gegenverkehr und prallt frontal mit einem anderen Fahrzeug zusammen. Ein Beteiligter stirbt, vier werden schwer verletzt. Ein Unfall wie viele andere, bei denen unerfahrene Autofahrer am Steuer sitzen.
Fahranfänger sind trotz des Modells "Begleitetes Fahren ab 17" weiterhin die am stärksten unfallgefährdete Gruppe von Verkehrsteilnehmern, stellt die Deutsche Akademie für Verkehrswissenschaft fest. Sie hat als Ausrichter des Deutschen Verkehrsgerichtstages, der am Donnerstag in Goslar beginnt, das Thema "Fahrausbildung" auf die Tagesordnung gesetzt.
"Viele Fahranfänger überschätzen ihr Können", sagt der Verkehrspsychologe Ulrich Chiellino vom ADAC. Dieses "trügerische Sicherheitsgefühl" sei die Ursache dafür, dass sie in den ersten Monaten nach der bestandenen Fahrprüfung überdurchschnittlich viele schwere Unfälle bauen. "Wir brauchen deshalb eine gesetzlich vorgeschriebene Ausweitung der Lernphase", sagt Chiellino. Beim Verkehrsgerichtstag will sich der ADAC für ein neues, mehrstufiges Modell der Fahrausbildung stark machen.
Alte Führerscheinbilder:Was sonst nur Behörden zu sehen bekommen
Die Zeit der nerdigen Führerscheinbilder, die Mode und Zeitgeist vergangener Tage für Jahrzehnte konservierten, ist vorbei. Von nun an gibt es nur noch den zeitlich begrenzten Führerschein. Anlass genug, noch mal auf eine Zeitreise zu gehen zu grauen Pappen und rosa Lappen. Mit den schönsten Führerscheinbildern unserer Leser.
Zweiphasige Ausbildung auch in Deutschland?
Auch der Automobilclub von Deutschland (AvD) setzt sich für eine zweiphasige Ausbildung der Fahranfänger ein. Zur zweiten Phase sollten neben dem verbindlichen Fahrsicherheitstraining sogenannte Feedback-Fahrten gehören. Dabei sollen junge Fahrer von erfahrenen Fahrlehrern noch mehr Rückmeldung über das erhalten, was sie können, und vor allem über das, was sie nicht beherrschen.
Als Vorbild könne Österreich dienen, sagt Verkehrspsychologe Chiellino. "Dort werden junge Fahrer auch nach Erhalt der Fahrerlaubnis weiter gezielt unterstützt". Sie müssen unter Aufsicht ihr fahrerisches Können vorführen und an Fahrsicherheitstrainings teilnehmen. "Die Anfänger sollen dabei lernen, ihr Können richtig einzuschätzen und erkennen, wo Grenzen liegen."
Dazu müssen Führerscheinneulinge im ersten Jahr nach dem Erwerb ihrer Fahrerlaubnis zusätzliche ein Sicherheitstraining absolvieren, an einem psychologischen Gruppengespräch teilnehmen und zudem bei einer abschließenden Perfektionsfahrt ihr Können demonstrieren. Österreichische Behörden und Verkehrsexperten bewerten das Modell dort als Erfolg.
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Der deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) plädiert ebenfalls für eine "obligatorische Lernzeitverlängerung mit protektiven Maßnahmen". Es müsse ein umfassendes Konzept zur Ausbildung und Betreuung von Fahranfängern erarbeitet werden. "Wir benötigen verlängerte Lernzeiträume", sagt DVR-Präsident Walter Eichendorf. Vor allem müsse "die Fähigkeit der Anfänger zur Selbstreflexion ausgebaut werden".
"Junge Fahrer müssen lernen, zu erkennen, dass man in manchen Situationen nicht mehr Pilot im Fahrzeug ist, sondern Passagier", sagt Chiellino. "Dieses Gefühl sollten sie aus einer zweiten Ausbildungsphase mitnehmen, um zurückhaltender zu fahren."
Jeder dritte Führerschein-Aspirant fällt bei der ersten Prüfung durch
Der ACE Auto Club Europa steht Mehrphasenmodellen eher skeptisch gegenüber. Schon jetzt seien für theoretische und praktische Pkw-Prüfung zusammen oftmals bis zu 1800 Euro fällig, sagt Sprecher Rainer Hillgärtner. Da rund jeder dritte Führerschein-Aspirant hierzulande jedoch beim ersten Mal durch die Prüfung fallen würde, werde es vielfach deutlich teurer. "Statt Fahrschülern weitere gebührenpflichtige Ausbildungsstufen aufzuerlegen, sollten zuerst die pädagogischen Misserfolge im herrschenden System beseitigt werden."
ADAC-Experte Chiellino verweist dagegen auf das österreichische Vorbild. Dort verteuere sich die Fahrausbildung durch die verbindliche zweite Stufe insgesamt nur um etwa 150 bis 200 Euro. Dafür seien die Unfallzahlen bei Fahranfängern deutlich rückläufig.