Marode Autobahnen:Zur Kasse, bitte!

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Vignette, Maut oder höhere Mineralölsteuer - der Staat braucht dringend Geld, um seine maroden Autobahnen sanieren zu können. Alles ist denkbar. Denn die 19 Milliarden Euro, die jährlich in den Straßenbau fließen, sind nicht genug.

Von Daniela Kuhr, Berlin

53 Milliarden Euro, so viel nimmt der Staat jährlich durch Kfz-Steuer, Mineralölsteuer sowie Lkw-Maut ein. Eigentlich genug, um Straßen in Schuss zu halten und sinnvoll auszubauen. Doch das Problem ist: Von dem Betrag fließen nur 19 Milliarden Euro zurück in den Straßenbau, der Rest geht in den allgemeinen Haushalt. Und daher grübeln Experten also weiter darüber, wie sich mehr Geld einnehmen lässt, um die Infrastruktur zu finanzieren.

Verschiedene Möglichkeiten kommen in Betracht. Die vermutlich umstrittenste ist die Pkw-Vignette, das sogenannte Pickerl. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer bringen sie immer wieder ins Spiel. Auf die Idee gekommen sind die beiden CSU-Politiker vor allem durch das Modell Österreich. Wer dort eine Autobahn oder Schnellstraße benutzen will, muss vorher eine Vignette erwerben und sie an seine Windschutzscheibe kleben. Wird man ohne erwischt, sind saftige Strafen fällig.

Der Vorteil ist, dass der Aufwand für eine Vignettenpflicht relativ gering ist. Weil Seehofer und Ramsauer jedoch wissen, dass Deutschlands Autofahrer bereits ganz schön zur Kasse gebeten werden, wollen sie sie an anderer Stelle wieder entlasten - so dass letztlich nur ausländische Pkw-Fahrer mehr zahlen müssten als bislang. Experten erwarten deshalb gerade mal ein Plus von 400 Millionen Euro jährlich. Ob sich dafür der Aufwand lohnt, ist umstritten. Genau wie die ökologische Wirkung der Vignette. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) etwa kritisiert, sie wirke wie eine Flatrate, bei der Vielfahrer belohnt und Wenigfahrer bestraft würden.

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Alternativ käme eine streckenbezogene Maut in Betracht, ähnlich der Lkw-Maut. Je mehr Strecken jemand fährt, umso mehr müsste er also zahlen. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) etwa könnte sich das vorstellen. VCD-Autoexperte Gerd Lottsiepen würde eine solche Maut allenfalls dann unterstützen, "wenn sie nicht nur für Autobahnen, sondern für alle Straßen erhoben wird". Sonst fänden künftig "gefährliche Ausweichverkehre" statt.

Gegen die streckenbezogene Maut spricht aber, dass sie vergleichsweise hohe Kosten verursacht, da in irgendeiner Form gemessen werden muss, wer wie viel fährt. Bei der Lkw-Maut etwa landen 20 Prozent der Einnahmen bei der Betreibergesellschaft Toll Collect. Wenn man dann noch bedenkt, dass Schätzungen zufolge gerade mal fünf Prozent der Pkws von Ausländern gefahren werden, stehen Aufwand und Ertrag vermutlich in keinem Verhältnis mehr.

Für Lottsiepen ist daher klar, was die beste Lösung wäre: "Am fairsten und sinnvollsten wäre eine Erhöhung der Mineralölsteuer." Das sei ohne jeden Aufwand möglich. "Da würde derjenige, der am meisten fährt und verbraucht, auch am meisten bezahlen."

© SZ vom 27.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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