Süddeutsche Zeitung

Marktübersicht:Gib Gas

Lesezeit: 2 min

Immer mehr Hersteller bieten Autos mit dem alternativen Antrieb an. Bislang konnten sie sich aber nicht durchsetzen. Warum eigentlich?

Von Thomas Harloff

Welchen Antrieb soll man als umweltbewusster Autofahrer bevorzugen? Bei Dieselautos und Benzinern halten sich die Vor- und Nachteile bei allem, was da aus dem Auspuff kommt, die Waage. Die Elektromobilität ist noch nicht so weit und - Stand heute - lange nicht so sauber wie erhofft.

Wie können Autokäufer also schon jetzt ihren Beitrag für eine sauberere Stadtluft leisten? Nun, sie könnten sich, wie sogar von der Deutschen Umwelthilfe empfohlen, ein Erdgasauto kaufen. Motoren, die sowohl Benzin als auch "Compressed Natural Gas" (CNG) als Treibstoff nutzen, emittieren im Gasmodus etwa 25 Prozent weniger CO₂ als ein reiner Ottomotor. Sie stoßen im Vergleich zum Diesel auch nur einen Bruchteil an Stickoxiden aus. Feinstaub ist ebenfalls kein Thema.

Hinzu kommt ein finanzieller Vorteil: Ein Kilogramm CNG kostet im Schnitt 1,07 Euro; so erreicht man mit einer 20- bis 25-Euro-Tankfüllung je nach Modell eine Reichweite von 400 bis 500 Kilometern. Das schaffen sonst nur die sparsamsten Diesel. Zudem bleiben die Preise noch eine Weile stabil: Erst von 2024 an reduziert sich das Steuerprivileg für das Gas schrittweise, 2026 läuft es ganz aus. Und ein Erdgasauto wird nicht einmal bei hohen Drehzahlen zum Säufer; der Realverbrauch kommt der NEFZ-Norm deutlich näher als Diesel oder Benziner.

Bleibt die Sicherheitsfrage, die 2016 verstärkt gestellt wurde. Damals explodierte in Niedersachsen der Erdgastank eines VW Touran, der Fahrer wurde schwer verletzt. Der stark verrostete Tank hätte zuvor jedoch im Rahmen eines Rückrufs, dem der Fahrer nicht gefolgt war, getauscht werden müssen. Ein generelles Sicherheitsproblem gibt es also nicht. Fachleute von TÜV und Dekra halten die Anlagen für unauffällig, ebenso der ADAC, der Erdgasautos ausgiebigen Crashtests unterzogen hat.

Um die gesamte Umweltbilanz zu beurteilen, muss die Herstellung des CNG einbezogen werden. Bildet Erdgas, das mit der umstrittenen Fracking-Methode gefördert wird, die Basis für den Treibstoff, macht das einen Teil der guten Umweltbilanz wieder zunichte. Wird das weitgehend aus Methan bestehende CNG dagegen aus erneuerbaren Quellen gewonnen, sind nicht nur die Abgase, sondern auch der Kraftstoff selbst relativ umweltfreundlich. Und sollte das Tankstellennetz tatsächlich von aktuell gut 900 auf die deutschlandweit angestrebten 2000 Standorte wachsen, spricht nicht einmal mehr das derzeit noch richtige Argument der lückenhaften Infrastruktur gegen CNG-Autos.

VW Golf 1.4 TGI

Der Golf ist nicht nur als Diesel und Benziner, sondern auch als Plug-in-Hybrid und reines E-Auto erhältlich - und zudem in einer Erdgasversion. 24 475 Euro kostet der VW als 1.4 TGI. Damit ist er 4600 Euro teurer als der vergleichbare Benziner und kostet 1700 Euro mehr als der 115-PS-Diesel. Da muss viel Erdgas getankt werden, damit sich der Preisunterschied irgendwann rechnet. Dafür gibt es den 110 PS starken Erdgas-Golf optional mit Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (1950 Euro Aufpreis) und für 1075 Euro extra auch als Kombi. Allerdings nimmt der Erdgastank Platz im Kofferraum weg: Beim Standard-Golf schmilzt das Volumen von 380 auf 291 Liter, im Kombi-Gepäckabteil sogar um 181 Liter (424 statt 605 Liter). Außerdem mit Erdgasantrieb erhältliche VW-Modelle: Up, Caddy und Polo.

Opel Astra CNG

110 PS, vier Zylinder, 1,4 Liter Hubraum: Bei den wichtigsten Daten ist sich der Astra CNG mit dem Golf einig. Dann aber gerät der Opel im direkten Datenvergleich ins Hintertreffen. Zum Beispiel beim Kofferraum: Er büßt im Vergleich zum Benziner etwa 130 Liter ein, wodurch das Gepäckabteil der Limousine auf 240 und das des Kombis auf 410 Liter schrumpft. Nachteil Astra auch beim Verbrauch: Er genehmigt sich nach NEFZ 4,1 Kilogramm Erdgas auf 100 Kilometern, der Golf soll mit 3,6 auskommen. Auch bei der Gesamtreichweite ist der Opel dem VW unterlegen und erreicht im Idealfall nur 720 statt gut 1200 Kilometer. Dafür ist er billiger: Die Standardversion kostet 23 020 Euro, der Kombi ist 1100 Euro teurer. Außerdem mit Erdgasantrieb erhältliche Opel-Modelle: Combo und Zafira.

Audi A5 G-Tron

Erdgasautos sind etwas für Pragmatiker, meist haftet ihnen etwas Spartanisches an. Anders beim Audi A5 Sportback G-Tron: Er verbindet den sauberen Antrieb mit einem Sinn für Stil und Ästhetik. Für ihn ist all das erhältlich, was auch die Diesel und Benziner schöner, hochwertiger und komfortabler macht. Sein Zweiliter-Vierzylinder-Turbo leistet 170 PS, das Drehmoment-Maximum liegt bei 270 Newtonmetern. Der Motor beschleunigt den 1,6-Tonner in 8,4 Sekunden von Null auf Hundert, maximal sind 226 Stundenkilometer drin, Verbrauch nach NEFZ: höchstens 4,2 Kilo. Mit mindestens 40 800 Euro kostet der A5 G-Tron 2750 Euro mehr als der 190-PS-Benziner. Außerdem mit Erdgasantrieb erhältliche Audi-Modelle: A4 Avant sowie A3 Sportback.

Fiat 500L CNG

Im Erdgasmodus leistet der 0,9-Liter-Zweizylinder-Turbomotor des fünfsitzigen Fiat 500L 80 PS. Sein Kofferraum fasst je nach Stellung der verschiebbaren Rückbank zwischen 330 und 396 Liter und ist damit etwas kleiner als bei den anderen Versionen. Dafür bleibt ihm der 50-Liter-Benzintank erhalten. Das soll ihm in Verbindung mit dem 14-Kilogramm-Erdgastank nach NEFZ-Kalkulation eine Reichweite von gut 1200 Kilometern ermöglichen. Schade ist, dass Fiat keine Erdgasversion der anderen 500L-Varianten plant. Der Cross mit SUV-Anleihen und der auf Wunsch mit sieben Sitzen oder 1784 Litern Ladevolumen gesegnete Wagon werden nur als Benziner und Diesel angeboten. Außerdem mit Erdgasantrieb erhältliche Fiat-Modelle: Panda (auch 4x4), Punto, Qubo und Doblò.

Seat Mii Ecofuel

Die preisgünstigsten Erdgasautos finden sich im VW-Konzern. Der Seat Mii Ecofuel kostet 12 680 Euro, die fast baugleichen Škoda Citigo 1,0 l G-Tec und VW Eco-Up sind 40 beziehungsweise 370 Euro teurer. Dafür gibt es 3,60 Meter kurze Dreitürer, die nur leidlich als Viersitzer taugen und kaum Platz für Gepäck bieten: Lediglich 213 Liter sind es im Fall des Erdgas-Mii. Geduld ist bei allen Vertretern des kleinen Konzerntrios gefragt, so auch beim Mii: 16,3 Sekunden vergehen für den Null-auf-Hundert-Sprint, bei Tempo 164 ist Schluss mit Beschleunigen. Dafür geht der Einliter-Motor genügsam mit dem Treibstoff um: Nach NEFZ verbraucht er nur 2,9 Kilogramm CNG auf 100 Kilometer. Außerdem mit Erdgasantrieb erhältliche Seat-Modelle: Ibiza, Leon (auch als ST) und Arona (von Ende 2018 an).

Die Liste an Herstellern, die ab Werk Erdgasautos anbieten, mag kurz sein. Dennoch gibt es eine gewisse Vielfalt. Die SZ stellt einige interessante Modelle vor.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3778239
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 09.12.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.