Majestic Imperator:Der Zug der Zeit

Seit zehn Jahren sorgt der "Majestic Imperator", einst gebaut für Kaiser Franz Josef, für Glanz und Gloria.

Klaus C. Koch

Wien Westbahnhof, Gleis sechs: Auf den allerersten Blick lassen die alten Waggons Glanz und Gloria nicht vermuten; der rote Teppich, auf dem die Passagiere begrüßt werden, wirkt dezent. Während draußen ein Steward das Gepäck für die Reise nach Budapest verlädt, wird drinnen an der Bar bereits Sekt gereicht.

Majestic Imperator: Er stellte das Projekt bereits Anfang der 90er Jahre bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) vor: Gottfried A. Pieck.

Er stellte das Projekt bereits Anfang der 90er Jahre bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) vor: Gottfried A. Pieck.

Ein stolzes Kapitel der Eisenbahngeschichte

Auch, wenn Nostalgiezüge, gezogen von Dampfloks, längst keine Seltenheit mehr sind - im Majestic Imperator dürfen sich zahlende Gäste fühlen wie einst Kaiser Franz Joseph. Seit nunmehr zehn Jahren tourt der originalgetreu nachgebaute Hofzug im Rahmen von Sonderfahrten durch ganz Mitteleuropa, kürzere Reisen führen rund um Wien und den dazugehörigen Wald. Und zu besonderen Anlässen wird eine schwere Dampflok, Baujahr 1911, mit 140 Tonnen Gewicht und zwölf Achsen vorgespannt.

Die Ära der Hofschranzen und des fortwährenden Bücklings war längst vorbei, als Gottfried A. Rieck Anfang der neunziger Jahre bei den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) mit seinem Projekt vorstellig wurde. Der Mann, der als passionierter Lokführer die Fahrerlaubnis für sämtliche Dampflokomotiven Österreichs und 17 E-Loks besaß, wollte ausgerechnet jenen Zug wieder rollen lassen, der einst dem Kaiser gehörte.

Der Plan erregte zunächst das Misstrauen der ÖBB-Direktoren - die Bahn, hieß es, sei für die Allgemeinheit da und nicht dafür, um irgendein Luxussegment zu bedienen. Rieck bekam trotzdem grünes Licht - und ließ ein stolzes Kapitel Eisenbahngeschichte wieder aufleben.

Der Zug der Zeit

Die ersten Dampflokomotiven, die auf dem Staatsgebiet der einstigen K.u.k.-Monarchie zwischen Floridsdorf und Deutsch-Wagram verkehrten, stammten noch aus der Fabrik eines englischen Ingenieurs namens George Stephenson. Zerlegt wurden sie 1837 von England nach Triest verschifft, von dort dann mit Pferdefuhrwerken über den Semmering nach Wien gekarrt. Bereits um 1885 waren von Bahngesellschaften wie der Böhmischen Commercial-, der Galizischen Carl-Ludwigs- oder Kaiser-Ferdinands-Nordbahn 21.000 Schienenkilometer gebaut.

Majestic Imperator: Die Opulenz der K.u.k.-Zeit: der Salon I im Majestic Imperator

Die Opulenz der K.u.k.-Zeit: der Salon I im Majestic Imperator

(Foto: Foto: www.imperialtrain.com)

Wenn der Hofstaat auf Reisen ging

Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs galt die Eisenbahn als fakultative Art der Fortbewegung, um den Hofstaat einpacken und auf Reisen gehen zu können, ohne auf Komfort verzichten zu müssen. "Heute haben die Reichen ihre Privatjets", beschreibt Rieck, "damals waren es private Salonwagen, die angehängt wurden oder eben ein kompletter Zug für den Kaiser".

Gezogen wurden die Waggons des Monarchen dann von einer Dampflok der Baureihe 310, die mit einer Reisegeschwindigkeit von 100 km/h zu dieser Zeit die schnellste ihrer Kategorie war. Heute wird vor den noblen Majestic Imperator - nicht ganz stilecht, weil erst ab 1919 gebaut - auch das sogenannte Krokodil gespannt; mit acht Achsen und 1900 Kilowatt Leistung seinerzeit die stärkste E-Lok Europas.

Gottfried A. Rieck ist kein Snob. Zwar hatte er "das Glück, eine bildschöne und steinreiche Frau zu heiraten", aber den Spaß an harter Arbeit hat er sich bewahrt. Mit 18 Jahren begann er als Heizer auf einer Dampflok, weil er nicht sein Abitur machen, sondern Lokführer werden wollte; "Trottel" schimpfte die Mutter damals. "Zwischen fünf und zehn Tonnen Kohle", erinnert er sich, "haben wir damals pro Schicht geschaufelt". Mit 23 war er der Jüngste unter jenen Lokführern, die den Hochgeschwindigkeitszug Transalpin durch Österreich steuern durften. Und weil er in der Zwischenzeit auch sein Abitur machte, landete er schließlich in der Chefetage der Bahndirektion Wien und hatte die Aufsicht über 350 Loks und 2000 Lokführer inne. Aber. "Ich war todunglücklich, weil ich nicht mehr auf dem Führerstand stand".

Der Zug der Zeit

In der Folge zweier Fahrten nach Budapest und Prag, die Rieck Anfang der neunziger Jahre mit geliehenen Waggons organisiert hatte, entzündete sich seine Leidenschaft für die rollende Historie. Und weil der echte K.u.k.-Zug nur noch in Teilen vorhanden war, gelang es ihm, die Belegschaft in den Werkstätten von Ringhoffer & Schmichow in Prag - dort war der Original-Hofzug gebaut worden - für einen Nachbau zu begeistern.

Aufwendige Restaurierungen ließen den Glanz alter Zeiten auferstehen

Mit dem ersten Waggon waren 20 Fahrten im Jahr geplant, aber schon 1992 gab es 65 Anfragen. Die Nachfrage war schließlich so groß, dass fünf weitere Waggons - auf Namen wie Ambassador, Elisabeth oder Excelsior getauft - folgten. Etwa ein halbes Jahr dauerten die Arbeiten pro Wagen und kosteten pro Exemplar bis zu 700.000 Euro. Die Materialien wurden sorgfältig nach historischen Vorlagen ausgesucht, das Interieur mit Kristallgläsern, Silberbesteck und musealen Stücken ergänzt. Aber es gibt auch Modernes: Von der Bordküche bis hin zur Stereo-Anlage ist für alles gesorgt, nur auf die Klimaanlage wurde verzichtet. "Wenn's bissel heiss ist", so Rieck, "machen wir die Fenster auf". Küche, Bar und Fahrtechnik sind auf Geschwindigkeiten bis zu 160 km/h ausgelegt; so können die Salonwagen auch an reguläre Züge gehängt werden.

Trotz aller modernen Technik: Seit Anfang April hat es an Bord des kaiserlichen Zuges Tote gegeben. Denn eine Schauspieltruppe aus Wien sorgt für Grusel auf Rädern; die Greueltaten ranken sich um mordende Gräfinnen, Moritatensänger und Fiaker. Und wenn zwischen Kronleuchtern, Brokat und erlesenen Speisen Würgen und Totschlag beginnen, tritt Rieck mit dem wissenden Lächeln eines Hercule Poirot zur Seite, um dem Treiben nicht im Wege zu stehen. Leider fehlt zwischen Stichwunde und Kreuzverhör oft die Zeit fürs Übersetzen. Denn besonders beliebt, erklärt Regisseurin Doris Feik, sei die Mördertour bei Russen, Chinesen und Amerikanern.

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