Verkehrssicherheit:Weshalb übersehen die Lkw- die Radfahrer?

Deshalb setzen die politischen Initiativen bei den Fahrzeugen an. Deren Seitenfenster befinden sich sehr weit oben. Selbst ein aufrecht sitzender erwachsener Radler erreicht nicht die erforderliche Höhe, um allein beim Blick durch das Seitenfenster wahrgenommen zu werden, geschweige denn ein neunjähriges Kind. Der Lkw-Fahrer sitzt zudem weit links und hat deshalb einen großen Abstand zum rechten Fahrbahnrand. Das ergibt einen riesigen toten Winkel. Zwar sind schon seit vielen Jahren zusätzliche Weitwinkelspiegel vorgeschrieben, aber sie reichen offensichtlich nicht aus, um alle derartigen Unfälle zu verhindern. Sei es, weil die Spiegel den Radler gar nicht erfassen oder weil der Lastwagenfahrer trotzdem Schwierigkeiten hat, den im Vergleich zu seinem Fahrzeug sehr kleinen Verkehrsteilnehmer korrekt wahrzunehmen.

Wie ließe sich das lösen?

Die Politiker hinter der Bundestagsoffensive fordern starke Veränderungen im Design von Lastwagen. Die Fahrerkabine solle heruntergesetzt werden, dadurch ergäbe sich eine niedrigere Sitzposition des Fahrers. Zudem verlangen sie bodentiefe Fenster, was in Kombination sowohl die Sicht des Lkw-Fahrers verbessern als auch die toten Winkel stark verringern soll. Einem Arbeitspapier der EU-Kommission zufolge könnten allein dadurch innerhalb der Europäischen Union 553 Menschenleben jährlich gerettet werden.

Welche technischen Hilfen gibt es?

Einige Lkw-Hersteller bieten für ihre Fahrzeuge Abbiegeassistenten an. Dabei überwachen Sensoren den Bereich vor und neben dem Lastwagen und warnen den Fahrer, wenn sich dort ein Fußgänger oder Radfahrer befindet. Ist dies der Fall, fährt der Laster erst gar nicht an oder leitet eine Bremsung ein, sollte der Lkw-Fahrer die Hindernisse übersehen. Das Problem: Zur Serienausstattung gehören diese Systeme meist nicht, viele Speditionen verzichten aus Kostengründen darauf, ihre Fahrzeuge mit den aufpreispflichtigen Optionen auszustatten. Entsprechend gering ist ihr Verbreitungsgrad. Auch die Möglichkeit, die Technik nachzurüsten, wird derzeit nur selten genutzt.

Wie könnte sich das ändern?

Der ADFC fordert schon seit 2012, dass Abbiegeassistenten in Lastwagen zur Pflicht werden. Die vorherige Bundesregierung hatte auch ein Verfahren angeschoben, das derzeit bei der EU liegt und dort nicht vorankommt. Nun gibt es nicht nur die Bundestags-, sondern auch eine Bundesrats-Initiative, die dies ebenfalls verlangt. Solange die EU sich nicht bewege, müsse es eben eine nationale Regelung geben. Welch Potenzial in der Technik steckt, hat die UDV bereits untersucht. Sie geht davon aus, dass sich etwa 60 Prozent aller schweren Lkw-Fahrrad-Unfälle vermeiden ließen, würden Abbiegeassistenten bei Lastwagen zur Pflichtausstattung gehören.

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