Lichtpflicht in Österreich:Schalter ein, Schalter aus

Der kuriose Streit um die Lichtpflicht auf Österreichs Straßen nervt in unserem Nachbarland viele Autofahrer. Auch für Besucher aus dem Ausland gibt es neue Vorschriften.

Michael Frank

Es ist ein Streit, der viele Autofahrer in Österreich langsam nervt: Erst im November 2005 hatte das Land wie die meisten seiner Nachbarstaaten (abgesehen von Deutschland) eine generelle Lichtpflicht für Autos erlassen. Doch seit wenigen Tagen darf jetzt jeder Autofahrer tagsüber sein Licht wieder nach Belieben einschalten - oder es bleiben lassen.

Das Hickhack der Gutachter

Zu Beginn dieses Jahres hat man nämlich die Lichtpflicht wieder abgeschafft: Demnach ist jeder Fahrer auf Österreichs Straßen berechtigt, bei "eindeutiger Schönwetterlage" ohne Scheinwerfer zu fahren. Dabei ist es bezeichnend, dass die Aufhebung mit zehntägiger Verspätung in Kraft trat. Der Gesetzgeber hatte es versäumt, die Änderung rechtzeitig im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Wie in Deutschland gilt ein Gesetz erst nach diesem Formalakt.

Grund für das Hickhack ist der in Österreich übliche Gutachter-Konflikt. So begründete man die Wiederabschaffung der Lichtpflicht damit, dass es kaum Tagfahrleuchten gebe, während die üblichen Abblendleuchten für den Einsatz am Tag zu stark seien und andere Verkehrsteilnehmer irritierten. Motorräder würden im Lichtgeflitter gerne übersehen. Der Effekt, dass früher nur Motorräder und Mopeds Licht einschalten mussten, sei damit wieder aufgehoben.

Schalter ein, Schalter aus

Experten argumentierten, Passanten am Straßenrand würden leichter übersehen, wenn das Licht der Autos die Aufmerksamkeit der anderen Verkehrsteilnehmer auf sich ziehe. Ältere Studien hatten genau das Gegenteil ergeben: Vor einigen Jahren hieß es noch, Licht am Tage verhindere pro Jahr mindestens 30 Todesfälle durch Unfälle im ländlichen Raum. Auch machen die Nachbarländer Italien, Ungarn, Tschechien, Slowakei und Slowenien, wo Licht am Tag vorgeschrieben ist, ähnliche Erfahrungen. Auch die EU hält die Sicherheitsvorteile für gravierend, ganz zu schweigen von Ländern wie Schweden, wo die Lichtpflicht schon seit mehr als 30 Jahren gilt.

Ab 2011 gilt die Lichtpflicht in ganz Europa

Von kurioser Symbolik ist, dass gleichzeitig in Brüssel bekannt wurde, die Europäische Union werde für ihr gesamtes Gebiet vom Jahr 2011 an die Lichtpflicht am Tag einführen. Danach sollen alle Neuwagen automatisch mit sogenannten Tagfahrleuchten ausgestattet werden. Für Lkw und Busse soll die EU-Regelung eineinhalb Jahre später in Kraft treten.

Die Praxis zeigt, dass die österreichischen Autofahrer irritiert reagieren: Autos ohne Licht laufen nach der Änderung der Rechtslage noch mehr Gefahr, übersehen zu werden - weil die Verkehrsteilnehmer mit eingeschalteten Scheinwerfern rechnen.

Für Besucher aus dem Ausland ist auch eine andere neue Vorschrift relevant: Bei winterlichen Straßenverhältnissen muss jedes Fahrzeug entweder mit Winterreifen oder mit Schneeketten ausgerüstet sein. Ein beispielloses Chaos in Ostösterreich beim ersten Schneefall im November hatte den Wiener Gesetzgeber zu dieser Zwangsmaßnahme veranlasst. Damals hatten Pkw und Lkw mit Sommerreifen fast alle wichtigen Straßen für mehr als eine Nacht blockiert. Harmlose Verstöße kosten den Sünder künftig 35 Euro. In folgenreichen Fällen kann die Strafe bis zu 5000 Euro betragen.

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