Lexus RC 200t im Test:Lexus RC - ein Auto für die falschen Sinne

Im Test der Basisversion mit Zwei-Liter-Motor zeigt sich, warum kaum jemand das Coupé kauft. Das liegt nicht nur am Krawall-Design.

Test von Thomas Harloff

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(Foto: ; Toyota)

Ziemlich verwegen sieht er ja aus, der Lexus RC. Ganz vorne bleiben die Augen hängen am wild gezackten Kühlergrill mit Wabengitter, der von schmalen Scheinwerfern, die wie die Augen eines Insekts in die Welt blicken, eingerahmt wird. Einige Luftein- und auslässe zerfurchen die Seitenansicht, dabei sind manche von ihnen bloß Attrappe. Es gibt unzählige Linien, Sicken und Falze, an denen sich das Licht bricht. Nicht zu vergessen die Chromleisten um die Seitenfenster und die in den Kofferraumdeckel modellierte Abrisskante, die als Heckspoiler fungiert. Überdimensionierte Rückleuchten und trapezförmige, verchromte Auspuffendrohre hat er auch noch.

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(Foto: ; Toyota)

Ach, hätten die Gestalter doch darauf verzichtet, das RC-Design mit Accessoires zu überladen und darauf vertraut, dass die klassisch schöne Silhouette von allein wirkt. Vielleicht hätte Lexus zwischen Anfang Januar und Ende April mehr als nur zwei Dutzend Exemplare seines Zweitürers verkauft. Um das einzuordnen: Die Kontrahenten Audi A5, BMW 4er und Mercedes C-Klasse Coupé kommen im gleichen Zeitraum jeweils auf hohe vier- oder sogar fünfstellige Werte.

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(Foto: Toyota)

Natürlich hat der Lexus RC trotz seines Bling-Bling-Designs mehr Aufmerksamkeit verdient, zumal es ihn inzwischen nicht nur in seiner Öko-Hybridvariante 300h oder als 477 PS starkes V8-Topmodell RC F gibt. Die Daten der neuen und hier getesteten Einstiegsversion RC 200t lesen sich nämlich verheißungsvoll. Dank Turboaufladung braucht der Vierzylinder nur zwei Liter Hubraum, um 245 PS zu generieren und ein maximales Drehmoment von 350 Newtonmetern zur Verfügung zu stellen. Das sind Daten, mit denen sich der Lexus in direkte Konkurrenz zum Audi A5 2.0 TFSI mit 230 PS, zum 252 PS starken BMW 430i Coupé und zum Mercedes C 300 Coupé (245 PS) begibt.

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(Foto: Toyota)

Leider reagiert der Turbobenziner behäbiger auf Gaspedalbefehle, als es die Daten vermuten lassen. Verlässt er das Turboloch und gelangt endlich in Drehzahlregionen, in denen etwas vorangeht, verlässt ihn die Kraft kurz darauf schon wieder. Dem Motor ist deutlich anzumerken, dass ihm eine vernünftige Hubraum-Basis fehlt und dass er am Leergewicht von mindestens 1725 Kilogramm schwer zu tragen hat. Um diese Nachteile auszugleichen, wechselt die Achtgang-Automatik immer wieder hysterisch die Gänge, um trotzdem ein möglichst großes Drehmoment-Stück zu erwischen. Dieses Verhalten macht das Auto aber kaum schneller, sondern nur nervöser.

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(Foto: ; Toyota)

Da trifft es sich ganz gut, dass der RC 200t vom Fahrwerk her eher ein gemütlicher Typ ist. Die Federung verzichtet auf unangenehme Härten, sondern planiert Unebenheiten gekonnt und lässt den Lexus souverän auf der Straße liegen. Das hat zwar Nachteile in Kurven, in die das Coupé aufgrund dieser Abstimmung und wegen seines Gewichts unwillig einlenkt. Entspanntes bis flottes Cruisen ist mit dem Japaner dagegen ein Vergnügen, zumal die Lenkung ausreichend Informationen über den Fahrbahnzustand mitteilt, die Traktion am Kurvenausgang stimmt und sich der Motor akustisch zurückhält. Ein Dreh am Fahrmodus-Schalter ändert wenig am Charakter des Autos. Die Normal- und die Sporteinstellung unterscheiden sich nur in Nuancen und wirken sich viel stärker auf die Farbe und Grafik der Instrumente aus als auf Lenkung, Fahrwerk oder Gasannahme. Die verzögert sich spürbar im Eco-Modus, auch eine Schnee-Abstimmung hat Lexus dem RC 200t mit auf den Weg gegeben.

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(Foto: ; Toyota)

Wer gerne auf Rennstrecken fährt oder die linke Autobahnspur als zweite Heimat bezeichnet, sollte sich sowieso für andere Autos interessieren. Auch deshalb, weil die Fahrleistungen (7,5 Sekunden von Null auf Hundert, 230 km/h Höchstgeschwindigkeit) in dieser PS-Klasse besser sein sollten. Das gilt auch für den Spritverbrauch: Über den Test hinweg gönnte sich der Lexus im Schnitt 9,4 Liter Superbenzin pro 100 Kilometer. Dabei sollten es nach Norm 7,2 Liter sein. Diesen Wert erreichen nur Fahrer, die mit dem Gaspedal nichts anderes tun als es zu streicheln. Immerhin, der versprochene Verbrauch ist irgendwie erreichbar, wenn auch nur mit viel Selbstdisziplin und unter ständiger Zuhilfenahme des Ecomodus.

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(Foto: Joe Carlson Studio; Toyota)

Der Lexus RC ist schon eher ein Auto für Menschen, die bereit sind, für eine stimmige Kombination aus Dynamik und Alltagstauglichkeit Kompromisse bei der Sportlichkeit einzugehen. Fahrer und Beifahrer sitzen kommod, werden aber durch den breiten Mitteltunnel voneinander getrennt. Der Kofferraum ist mit 423 Litern Fassungsvermögen ausreichend groß und lässt sich wegen seines praktischen Zuschnitts gut nutzen. Muss noch mehr transportiert werden, lassen sich die Rücksitze gut als erweitertes Gepäckabteil nutzen. Für zusätzliche Mitfahrer ist der Fond zu eng. Jeder Versuch, die Beine im Fußraum unterzubringen, scheitert. Das macht das Lexus-Coupé zum Dreisitzer. Der Fondpassagier muss seine Beine allerdings seitlich abstellen. Hinweis: Das Bild zeigt den Innenraum des Lexus RC F, der sich in Details unterscheidet.

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(Foto: Toyota)

Im Innenraum ist es wie mit dem Rest dieses Autos: Stärken und Schwächen wechseln sich ab. Da ist einerseits die gute Verarbeitung, andererseits die wenig stimmige Materialauswahl, die haptisch ansprechende Lederelemente mit billigen Plastikeinbauten kombiniert. Da ist die schön gemachte und variabel einstellbare Instrumentengrafik, die um Längen besser aussieht als alles, was der zentrale, weit weg vom Fahrer positionierte und deshalb schlecht ablesbare Monitor anzeigt. Da reduziert Lexus löblicherweise die Knöpfe und Tasten auf der Mittelkonsole, um hinter dem Automatikhebel ein Touchpad einzubauen, dessen Arbeitsweise auch nach mehreren hundert Kilometern noch Rätsel aufgibt. Da bauen die Japaner famose Sitze ein, aber gleichzeitig so unglücklich geformte Scheiben, dass eine Rundumsicht praktisch nicht vorhanden ist.

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(Foto: ; Toyota)

Über all diese Mankos ließe sich hinwegsehen, wenn sich der RC 200t einen Preisvorteil gegenüber den eingangs erwähnten Gegnern erarbeiten würde. Doch das gelingt ihm nicht. Lexus ruft einen Basispreis von 45 500 Euro aus - genau das Niveau der Automatikversionen des Audi (45 750 Euro), BMW (45 050 Euro) und Mercedes (44 803, 50 Euro). Zwar verbucht der Lexus den Ausstattungsvorteil, bringt serienmäßig unter anderem LED-Scheinwerfer, 18-Zoll-Leichtmetallräder und Ledersitze mit elektrischer Verstellung mit. Aber das eh schon geizig gefüllte Sicherheitspaket mit Spurhalte- und Fernlichtassistent, Spurverlassenswarner und Totwinkelüberwachung bleibt den deutlich teureren Ausstattungsvarianten "Luxury Line" (51 300 Euro) und F Sport (54 000 Euro) vorbehalten. Genau wie einige andere Extras, darunter Regensensor, 19-Zoll-Räder und Rückfahrkamera.

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(Foto: ; Toyota)

So lässt sich - wie so oft bei einem Lexus - bilanzieren: Der RC 200t kommt nur für Menschen infrage, die einen Hang zum Individualismus pflegen und sich genau deshalb nicht für einen Audi, BMW oder Mercedes interessieren (wollen). Der Lexus mag ein extrovertiert designtes Statement gegen das einheimische Premium-Coupé-Establishment sein - ein besseres Auto ist er nicht. Technische Daten Lexus RC 200t: R4-Benzinmotor mit 2,0 Litern Hubraum und Turboaufladung; Leistung 180 kW (245 PS); max. Drehmoment: 350 Nm bei 1650 - 4400/min; Leergewicht: 1725 kg; Kofferraum: 423 l; 0 - 100 km/h: 7,5 s; Vmax: 230 km/h; Testverbrauch: 9,4 l / 100 km (lt. Werk: 7,2; CO2-Ausstoß: 166 - 168 g/km); Euro 6; Grundpreis: 45 500 Euro Das Testfahrzeug wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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