Leichtkraftroller im Test:Roller mit viel Platz für Pendler

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In der Stadt wendig, auf der Landstraße flott unterwegs: Mit dem Belville will Peugeot den Konkurrenten Honda und Piaggio Marktanteile abnehmen. (Foto: Peugeot/William Crozes)

Der Peugeot Belville fällt kaum auf. Das soll er auch nicht. Nur der Blinker nervt die Mitmenschen ganz gewaltig.

Von Marco Völklein

Zunächst schaut der Herr im weiß lackierten Cabrio nur leicht genervt nach links, dann kann er kurz darauf doch nicht an sich halten. "Du nervst", ruft er an der Ampel rüber. "Mach doch mal das Gefiepe aus." Tatsächlich piepst der Blinker am Peugeot Belville recht laut und nervig, etwa dann, wenn man an der Ampel steht und nach links abbiegen will. Es geht aber nicht anders. "Das lässt sich nicht abstellen", erfährt der Cabriofahrer sodann. "Aber einen Vorteil hat das Ganze auch": Anders als viele andere motorisierte Zweiradfahrer vergisst der Belville-Pilot nämlich nicht, den Blinker nach dem Abbiegen gleich wieder auszuschalten.

Die Anmerkung des Cabriofahrers an der Ampel ist allerdings auch schon die einzige nennenswerte Reaktion aus seinem Umfeld, die man nach gut einer Woche Testfahrt berichten kann. Ansonsten fällt der neue Großrad-Roller aus dem Hause Peugeot kaum auf. Aber genau das soll er ja auch. Der Belville ist als "Commuter" konzipiert, als für den Pendler in Groß- oder Kleinstadt geeigneter Roller. Der 127 Kilogramm (Leergewicht) schwere Roller wuselt flink durch die Straßen der Innenstadt, lässt sich behende auch um enge Kurven steuern und beim Abstellen bequem aufbocken. Und mit einem Höchsttempo von etwas mehr als 95 Stundenkilometern schwimmt er auch auf Landstraßen gut mit. Großes Manko allerdings: Für den 125-Kubikzentimeter-Roller benötigt man den Führerschein der Klasse A 1. Bei älteren Semestern (die ihre Fahrerlaubnis vor April 1980 erworben haben) ist die A-1-Fahrerlaubnis im Pkw-Führerschein mit drin, alle anderen müssen noch mal die Fahrschulbank drücken.

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Neue Lichtmaschinen-Technik soll Sprit sparen

Dennoch sind die 125er-Roller mit den größeren Reifen beliebt. Vor allem in Frankreich, Spanien und Italien verkaufen sich die Flitzer gut, aber auch in Deutschland lag etwa der Honda SH 125 im vergangenen Jahr nach Angaben des Branchenverbands IVM auf Platz fünf der meistverkauften Leichtkraftroller, dicht gefolgt von Piaggios Medley 125. Auch Peugeot bot mit dem Tweet schon ein Fahrzeug in diesem Segment an, konnte aber damit kaum punkten. Mit dem neuen Belville, der in Asien gebaut wird, soll sich das ändern.

Dazu haben die Franzosen, deren Firmenmehrheit seit 2015 beim indischen Mahindra-Konzern liegt, einen komplett neuen Scooter entwickelt, der sich als äußerst nützliches Alltagsfahrzeug entpuppt - zumindest in der getesteten Ausstattungsvariante "Allure", bei der Peugeot ab Werk dem Belville ein 37 Liter fassendes Topcase spendiert, das sich mit dem Zündschlüssel öffnen und wieder verschließen lässt. Dort finden locker Helm, Jacke und Tasche Platz, während der Stauraum im Fach unter dem Sitz - wie bei fast allen Großradrollern - bauartbedingt begrenzt ist. Weiteren Platz bietet das kleine Handschuhfach in der Frontschürze (bestückt mit USB-Anschluss) sowie der Taschenhaken in der Lenksäule. Das Trittbrett ist eben und unverbaut - auch dort lässt sich beispielsweise ein kleines Paket zwischen den Beinen transportieren. Und auch der Beifahrer kann sich nicht beschweren: Dem Sozius bleibt ausreichend Platz auf der Sitzbank, die großen Fußrasten aus Aluminium bieten einen sicheren Stand und das mit einem kleinen Lederbesatz versehene Topcase eine komfortable Rückenstütze.

Stärken auf schlechten Straßen

Ihre Stärke zeigen die Großradroller gegenüber anderen Scooter-Typen mit kleineren Rädern vor allem auf schlechten Straßen. So auch der Belville: Seine Räder mit 16 (vorne) beziehungsweise 14 Zoll (hinten) dämpfen selbst grobes Kopfsteinpflaster gut weg. Der flüssigkeitsgekühlte Einzylinder-Viertakter mit elf PS läuft angenehm leise und ohne größere Vibrationen. ABS besitzt der Roller nur vorn, Konkurrent Honda hingegen stattet beim SH beide Räder damit aus, auch eine Start-Stopp-Automatik fehlt dem Belville. Den Verbrauch gibt Peugeot mit 2,1 Liter auf 100 Kilometer an, im Testbetrieb auf den Straßen in und um München kam der Belville auf 2,8 Liter.

Der Preis liegt mit 2949 Euro teils deutlich unter der Konkurrenz (Honda SH: 3890 Euro). Ärgerlich ist, dass die düster gehaltene digitale Tacho-, Drehzahl- und Tankanzeige insbesondere bei starkem Sonnenschein kaum zu lesen ist. Stolz sind die Entwickler auf die intelligente Steuerung der Batterieladung, mit der sie den Belville ausgestattet haben: Wird dem Motor viel Leistung abverlangt, regelt die Technologie die Ladefunktion der Lichtmaschine zurück. Das soll nicht nur Sprit sparen, sondern mehr Leistung bringen. Und tatsächlich: Im Vergleich zu anderen Peugeot-Modellen zieht der Belville beim Ampelstart deutlich flotter los. Damit ist der Cabriofahrer rasch von seiner Pein befreit.

© SZ vom 28.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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