Süddeutsche Zeitung

Land Rover Defender:Ein Dinosaurier kehrt zurück

Anfang 2016 war seine Produktion nach 68 Jahren eingestellt worden, jetzt ist der berühmteste Geländewagen wieder zu haben: Land Rover hat den Defender neu entwickelt.

Von Peter Fahrenholz

Die IAA in Frankfurt versucht, ihrer schrumpfenden Bedeutung die Beschwörung der Zukunft entgegenzusetzen. Also dreht sich viel um neue Elektrofahrzeuge, auch einige der lange Zeit belächelten Hersteller aus China haben Autos gezeigt, mit denen sie ihre europäischen Konkurrenten schon bald erschrecken wollen. Doch das emotionalste Fahrzeug in Frankfurt ist die Wiedergeburt eines Autos von gestern: Land Rover hat den Defender wieder im Programm, ab nächstem Frühjahr ist der berühmteste Geländewagen der Welt wieder zu haben, natürlich in neuem Gewand und technisch auf der Höhe der Zeit.

Der Landy, wie ihn seine zahlreichen Fans nennen, gehört zu den Ikonen der Automobilgeschichte. 1948 als robustes Arbeitsfahrzeug entwickelt, wurde das Auto 68 Jahre nahezu unverändert gebaut. 2016 wurde die Produktion eingestellt, vor allem, weil das Auto modernen Sicherheitsanforderungen nicht mehr genügte. Eine Knautschzone war dem Landy ebenso fremd wie viele andere Dinge, die längst automobiler Standard waren. Der Defender (den Namen hat er erst 1990 erhalten, vorher war er einfach der Land Rover) hat mit den weichgespülten Pseudo-Geländewagen, die als SUVs seit Jahren boomen, nichts zu tun. Er war ein Hardcore-Allradfahrzeug, dazu gedacht, auch unter schwierigsten Bedingungen das Ziel zu erreichen. Was im Umkehrschluss bedeutete: Für den Alltagseinsatz in der zivilisierten Welt war der Landy im Grunde ein schreckliches Auto. "Alles röhrt, rappelt und rumort", hat die SZ Ende 2015 zum Abschied des Veteranen geschrieben. Das Auto war eng, der Motor laut und lahm, das Getriebe schwergängig, die Sitze unbequem, die Bremsen schlecht, der Verbrauch immens, die Verarbeitungsqualität ein Quell ständiger Klagen. Eine längere Autobahnfahrt mit dem Defender war eine Tortur.

Aber darauf kam es den Landy-Entusiasten überhaupt nicht an. Der Defender stand für ein Abenteuer, von dem viele seiner Besitzer vermutlich ein Leben lang nur träumten. Man konnte mit ihm tiefe Wasserfurten durchqueren, sich durch Schlamm wühlen oder sich über Geröllfelder quälen. Statt irgendwelchen Komfort-Schnickschnack gab es im Zubehörprogramm Dinge wie Innengitter für die Scheiben, eine elektrische Seilwinde oder Kotflügelauflagen aus Riffelblech. Weil der Landy für die Ewigkeit geschaffen zu sein schien, fährt ein Großteil der je gebauten Exemplare immer noch herum, oft martialisch aufgerüstet wie für eine Großexpedition. Auch in der Stadt sieht man solche Exemplare immer wieder, und man fragt sich dann mitunter, ob sich seine Besitzer als wagemutige Abenteurer fühlen, wenn sie damit über einen stinknormalen Feldweg fahren. Denn nur so aus Spaß legal durchs Gelände zu brettern, ist in Mitteleuropa kaum noch irgendwo möglich.

Für die Land-Rover-Ingenieure war diese Historie eine Herausforderung. Sie mussten möglichst viel von dem Dinosaurier erhalten, vor allem optisch, und trotzdem ein modernes Auto auf die Beine stellen. Das ist auf den ersten Blick ganz gut gelungen. Das Design ist zwar deutlich abgerundeter als früher, das Auto ist aber immer noch kantig und hoch. Und der neue Defender soll weiterhin ein echter Geländewagen bleiben, dafür sorgen neben dem Allradantrieb eine Bodenfreiheit von maximal 291 Millimeter sowie Böschungswinkel von 38 Grad (vorne) und 40 Grad (hinten). Eine Watttiefe von 900 Millimetern nimmt auch Flussdurchfahrten ihren Schrecken. Gleichzeitig, und das wird hartgesottenen Landyfans womöglich als übertriebenes Zugeständnis an den Zeitgeist erscheinen, versprechen die Land-Rover-Entwickler, dass der Defender künftig auch auf der Straße komfortabel ist. Dafür hat man sich etwa von der Starrachse verabschiedet, der neue Defender verfügt über Einzelradaufhängung. Und auch ein völlig neu entwickeltes Infotainmentsystem namens "Pivi Pro" ist mit an Bord.

Den Defender gibt es in zwei unterschiedlichen Längen als dreitürigen Defender 90 und als fünftürigen Defender 110. Als Motoren stehen zwei Diesel mit 200 oder 240 PS und zwei Benziner mit 300 oder 400 PS zur Wahl, der 400-PS-Sechszylinder ist dabei immer mit einem 48-Volt-Mildhybrid-System verbunden. In absehbarer Zeit soll es auch eine Plug-in-Hybrid-Variante geben, was zeigt, dass Land Rover auch die kaufkräftige städtische Klientel im Visier hat. Denn eine Ladesäule wird man bei der Safari durch die afrikanische Savanne kaum finden. Die Preise beginnen bei 49 700 Euro für die kurze und 55 600 für die lange Variante. Weil es diverse Ausstattungsversionen, vier verschiedene Zubehörpakete und mehr als 170 Sonderdetails gibt, lässt sich dieser Preis beliebig nach oben schrauben.

Das Fahrzeug wurde der Redaktion zu Testzwecken vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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Quelle:
SZ vom 14.09.2019/cku
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