Lada Niva 1.7, Jahrgang 2011:Der fabrikneue Oldie

Es gibt ihn, noch immer: den Lada Niva. Und mehr denn je mutet die Fahrt im günstigen Allradler wie eine Zeitreise an. Komfort: Fehlanzeige, immer noch.

Manch einer, der im abgelaufenen Winter wochenlang auf ungeräumten Straßen unterwegs war und schon mal in einer Schneewehe feststeckte, hat vor allem von einem geträumt: mehr Traktion.

Genau darüber verfügt der in die Jahre gekommen Russentruck dank permanentem Allradantrieb, Geländeuntersetzung und einer Differenzialsperre zwischen den Achsen, reichlich. Die Bodenfreiheit von 22 Zentimetern und eine Wattiefe von stattlichen 65 Zentimetern tragen zu der hervorragenden Geländegängigkeit des Niva bei.

Aus diesem Grund ist der rustikale Lada bei Jägern und Waldarbeitern, die häufig abseits befestigter Straßen unterwegs sind, nach wie vor sehr beliebt.

Auf festem Untergrund dagegen wirkt der Lada wie ein vom Aussterben bedrohtes Fossil. Wer aber nochmal das zweifelhafte Fahr- und Sicherheitsgefühl der siebziger Jahre erleben will, sitzt hier völlig richtig.

Die Nostalgiereise beginnt bereits an der Zapfsäule. Der auf dem deutschen Markt derzeit einzig verfügbare 1,7-Liter-Benziner verbraucht in Schnitt 9,5 Liter. Ein wenig überzeugender Wert für eine zähe Motorleistung von 61 kW / 80 PS. Damit galoppiert das betagte Schlachtross wie zu Zeiten unserer Großväter in 19 Sekunden auf Tempo 100. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei alles andere als langstreckentauglichen 137 km/h.

Immer noch der meiste Stahl fürs Geld

Hightech-Triebwerke, Assistenzsysteme und Leichtbau - alles Fehlanzeige. Als der Lada Niva in den Siebzigern entwickelt wurde, war das reine Zukunftsmusik. So bekommt man für den Preis von 10.990 Euro mit einem Lada Niva immer noch den meisten Stahl fürs Geld.

Der Mangel an Kunststoffen setzt sich im Innenraum fort. Die spartanische Instrumententafel wartet nur mit dem Nötigsten auf. Getreu der Devise: "Was es nicht gibt, kann auch nicht kaputt gehen." Für die wichtigsten Funktionen gibt es Kippschalter, die groß genug sind, um sie auch mit groben Handschuhen bedienen zu können.

Oben auf der Türverkleidung hat der Lada, wie früher üblich, die kleinen Nippel, die das beschädigungsfreie Aufbrechen des Fahrzeugs so sympathisch erleichterten. Einzige Zugeständnisse an die Moderne sind eine elektronische Zündung, eine Multi-Point-Einspritz-Anlage und ein geregelter Abgaskatalysator.

Zum Modelljahr 2010 / 2011 gab es leichte Modifikationen an Leuchteinheiten, Technik und im Innenraum. Wirklich auffällig sind allenfalls die etwas größeren Scheinwerfermodule, der digitale Kilometerzähler und endlich von innen verstellbare Außenspiegel.

Immerhin ist eine hydraulische Servolenkung heutzutage bei den meisten Ausstattungen serienmäßig. Aber keine Bange: Das urige Erlebnis, einen fabrikneuen Oldie fahren zu können wird dadurch in keiner Weise geschmälert. Die hintere Starrachse ist deutlich zu spüren und der Motor für heutige Verhältnisse unglaublich laut.

Allradfahren kann anstrengend sein

Auf glatten Fahrbahnen mit festgefahrener und teilweiser vereister Schneedecke zeigt sich schnell, dass Traktion doch nicht alles ist. Der Vortrieb ist zwar immer noch phänomenal, die ganze Arbeit, die in modernen Fahrzeugen ABS, ESP und andere elektronische Assistenzsysteme übernehmen, muss im Lada Niva der Fahrer selbst machen - und das kann unter Umständen ganz schön anstrengend sein. Wie es eben so war das in den Siebzigern.

Ein weiterer Vorteil der langen Bauzeit des Lada Niva ist die große Auswahl an Zubehör, das von verschiedenen Anbietern für den Niva bereitgehalten wird. Hatte sich das Zubehörprogramm lange am Bedarf jagender und fischender Kundschaft orientiert, kommen heute auch Liebhaber unblutiger Hobbys auf ihre Kosten.

Wem dabei die Geländetauglichkeit des Niva nicht ausreicht, der kann für 830 Euro eine Seilwinde mit vier Tonnen Zugkraft auf die vordere Stoßstange montieren. Damit kann im unwegsamen Terrain dann aber auch gar nichts mehr passieren.

Wer ein Grundstück besitzt und die leidige Schneeräumerei im Winter nicht mag, wird sich über einen Streuer freuen. Das Streugerät für 100 Liter Kies kostet 800 Euro. Die elektronische Steuerung schlägt nochmal 360 Euro zu Buche. Damit kann man im Bedarfsfall auf der eigenen Einfahrt schnell und bequem für einen rutschfesten Untergrund gesorgt werden.

Und wer es noch gründlicher haben will, kann vor seinen Niva einen imposanten Schneepflug montieren. Mit dem hat man am Morgen nicht nur schnell die eigene Auffahrt geräumt, sondern die ganze Wohnstraße gleich mit. Und weil es so viel Spaß macht, wird auch die gesamte Siedlung schneefrei.

So macht man sich Freunde in der ganzen Stadt. Und der nächste Winter kommt bestimmt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: