Kreisel Electric:So wird der Panamera ein besserer Tesla

Porsche Panamera mit Elektroantrieb von Kreisel Electric

Der elektrisch angetriebene Porsche Panamera ist das Prestigeobjekt der jungen Firma Kreisel Electric.

(Foto: Kreisel Electric)

Deutschland hinkt bei den Elektroautos hinterher. Nun zeigen drei Brüder aus Österreich, wie es geht, und bauen einen Porsche trickreich zum Tesla-Konkurrenten um.

Von Thomas Harloff

Man kann einen Porsche Panamera 4S verteufeln, schließlich verbraucht er im Schnitt 9,1 Liter auf 100 Kilometern und bläst nach offiziellen Angaben jeden einzelnen Kilometer 211 Gramm CO₂ in die Luft. Man kann ihn aber auch für einen Traumwagen halten. Und zwar nicht nur als PS-Fetischist, sondern auch als Autofan mit Sinn für Ökologie. Weil es ihn auch mit einem reinen Elektroantrieb gibt.

In einem offiziellen Porsche-Prospekt taucht der Elektro-Panamera nicht auf. Er wird auch nicht in Stuttgart-Zuffenhausen oder in Leipzig gebaut, sondern im 7700-Einwohner-Städtchen Freistadt in Oberösterreich. Dass es ihn überhaupt gibt, hat er nicht schwäbischen Ingenieuren oder Managern zu verdanken, sondern drei in Freistadt ansässigen Brüdern. Ihr Name: Johann, Markus und Philipp Kreisel. Die Firma: Kreisel Electric. Der elektrisch angetriebene Porsche Panamera ist ihr Prestigeobjekt.

Parallelen zum Serienauto und zum Tesla Model S

Die technischen Daten zeigen Parallelen sowohl zum serienmäßigen Panamera als auch zu einem gewissen Tesla Model S. 450 Kilometer Reichweite, so weit kommt der Superstar aller E-Autos auch. Aber 300 km/h Höchstgeschwindigkeit, das schafft der Tesla bei weitem nicht. Nicht einmal der Panamera mit dem originalen Benzinmotor ist so schnell - und so stark. Die Elektroversion bietet 360 kW Motorleistung, das entspricht 491 PS - über 70 mehr als der kraftstoffbetriebene Porsche. Mit 770 Newtonmetern liegt das maximale Drehmoment sogar 250 Newtonmeter über dem des Serienautos.

Solche Werte erreicht man natürlich nicht mit Komponenten aus der Elektroabteilung des nächstgelegenen Baumarktes. Die Motoren bezieht Kreisel von großen Zulieferern der Autoindustrie, etwa Bosch und Continental. Im Panamera sitzt das E-Triebwerk dort, wo zuvor der V6-Turbobenziner untergebracht war. So weit, so logisch. Doch um die komplette Antriebs- und Batterietechnik zu installieren, war viel Kreativität gefragt. "Technisch ist der Panamera für ein Elektroauto eigentlich nicht geschaffen", sagt Markus Kreisel, der sich in der Firma um das Kaufmännische und die Öffentlichkeitsarbeit kümmert. "Wir mussten uns an den Rahmen des Fahrzeugs anpassen. Deshalb war es eine Herausforderung, in dem Auto eine 85-Kilowattstunden-Batterie unterzubringen."

Die Batterie hat Kreisel selbst entwickelt

Eine Nennkapazität von 85 Kilowattstunden (kWh), auch das ist Tesla-Niveau. Dazu passt, dass Kreisel die gleichen Panasonic-Rundzellen verwendet wie der kalifornische Elektroautohersteller. Doch alles andere an den Batteriepaketen hat die Firma selbst entwickelt - und sich dabei einen technischen Vorsprung erarbeitet. Beispiel Gewicht: der österreichische Akku wiegt Kreisel zufolge 510 Kilogramm - ungefähr 100 Kilogramm weniger als bei Tesla. Weil er zudem etwa 20 Prozent kompakter ist als das amerikanische Pendant, war es möglich, die T-förmige Batterie im Mitteltunnel und dort, wo zuvor der Tank war, unterzubringen. Insgesamt steigt das Leergewicht des Panamera zwar von zwei auf 2,2 Tonnen, aber die Batterie ist so tief wie möglich im Auto platziert. Damit liegt der Schwerpunkt weit unten und die Fahrdynamik leidet nicht allzu sehr unter dem Mehrgewicht.

Dass die Kreisels ihre leistungsstarke Batterie überhaupt so gewichts- und platzsparend bauen konnten, liegt daran, wie sie die einzelnen Zellen miteinander verknüpft haben. Normalerweise werden sie verschweißt, doch Kreisel verbindet die Elemente per Laser. Die neue Methode eröffnet aber nicht nur die Möglichkeit, das Batteriepaket kleiner und leichter zu bauen. Es verringert auch die Widerstände zwischen den Zellen, an denen bei herkömmlichen Batterien elektrische Energie entweicht und deshalb nicht genutzt werden kann. "Dadurch hat man automatisch eine größere nutzbare Kapazität. Wir gehen von einem Vorteil von 15 Prozent gegenüber Tesla aus", sagt Kreisel.

18 Minuten Ladezeit für 300 Kilometer Reichweite

Die Instrumente des Porsche Panamera von Kreisel Electric.

Der Kreisel Panamera hat einen Drehzahlmesser und sieben Gänge - ungewöhnlich bei einem Elektroauto.

(Foto: Kreisel Electric)

Außerdem lassen sich die Batterien durch die besseren Verbindungen schneller laden. Die nötige Ladeinfrastruktur vorausgesetzt, soll es 28 Minuten dauern, um den Akku auf seine volle Kapazität zu laden. Nach 18 Minuten sollen es 80 Prozent sein, was Kreisels vorsichtiger Angabe zufolge für eine Reichweite von 300 Kilometer reicht. Zum Vergleich: Tesla gibt an, einem Model S an den entlang des Autobahnnetzes aufgestellten Schnellladestationen innerhalb von 30 Minuten 270 zusätzliche Kilometer einspeisen zu können.

Doch zurück zum Elektro-Porsche. Eine Besonderheit im Innenraum fällt auf, sobald der Blick auf das Instrumenten-Quintett fällt. In dessen Zentrum sitzt - wie bei jedem Porsche, aber im Gegensatz zu anderen E-Mobilen - ein Drehzahlmesser. Anders als bei gängigen Elektroautos hat der Kreisel Panamera nämlich nicht nur einen Gang, sondern behält das serienmäßige Getriebe mit sieben Fahrstufen bei. "Auch ein Elektromotor hat einen Wirkungsgrad. Bei diesem Fahrzeug liegt der Idealbereich bei 4600 Umdrehungen", erklärt Markus Kreisel. "Man kann den Gang also immer so wählen, dass das Fahrzeug besonders effizient fährt."

Eine Modellpalette, die man nicht kaufen kann

Außerdem war den Österreichern wichtig, dass der Allradantrieb des Porsche erhalten bleibt. Deshalb rotiert weiterhin die Kardanwelle, die das Drehmoment des Motors an die Hinterräder weiterleitet, unter dem Auto. Das machte es nicht gerade einfacher, die Batterietechnik in dem Viertürer unterzubringen.

Nun ist der Panamera nicht das einzige Modell, das Kreisel in ein Elektroauto verwandelt. Auch den BMW 3er Touring der letzten Generation haben sie in Freistadt zum Elektroauto umgebaut. Die offiziellen Eckdaten: 300 Kilometer Reichweite, 120 kW (163 PS) Leistung und 180 km/h Höchstgeschwindigkeit. Genauso schnell soll das elektrische SUV auf Škoda-Yeti-Basis sein, mit 170 kW (232 PS) aber ungleich stärker und auch mit einer etwas größeren Reichweite und einem Allradantrieb gesegnet.

Marketinginstrumente für die Elektromobilität

Interessant für Menschen mit größerem Platzbedarf könnten die E-Versionen des Mercedes Sprinter und VW Caddy sein. Die sind zwar nicht ganz so stark und schnell, aber auch ihr Aktionsradius soll 300 beziehungsweise 350 Kilometer betragen. Dafür sollen ihre Batterien dank besonders schneller Ladegeräte schon nach zwei bis zweieinhalb Stunden wieder vollständig aufgeladen sein.

Die beiden auf Eigeninitiative der Kreisels aufgebauten Transporter haben inzwischen das Interesse der Industrie geweckt. Gut möglich, dass der Sprinter und der Caddy bald in Kleinserie produziert werden. "Wir selbst werden das aber nicht machen", sagt Markus Kreisel. Seine Firma wird sich weiterhin auf den Bau von Vorentwicklungen und Prototypen konzentrieren und die selbstentwickelten Akkus an Industriekunden verkaufen. Die Autos sind allenfalls Mittel zum Zweck, um die Leistungsfähigkeit der eigenen Batterien zu demonstrieren - und Marketinginstrumente für die Elektromobilität im Allgemeinen. "Wir wollen zeigen, was bei der Batterietechnik inzwischen möglich ist, und damit etwas Druck erzeugen", sagt Markus Kreisel. Mehr Druck - das hat der immer noch sehr kleine Elektroauto-Markt im deutschsprachigen Raum fraglos nötig.

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