Kraftstoff E10:Die Angst, mit dem Auto liegen zu bleiben

Die Gefahr für Benziner durch E10 ist denkbar gering, doch Saisonfahrzeuge sollten nicht stillstehen.

Joachim Becker

Wie viel Bio verträgt ein Benziner? Das ist derzeit die Frage aller Fragen. Sie verwirrt die Autofahrer.

Sie wissen, dass der Kraftstoff E10, der seit Anfang 2010 an Tankstellen verkauft wird, zehn Prozent Bioethanol enthält. Bislang wurde konventionelles Benzin in Deutschland mit maximal fünf Prozent dieses Kraftstoffs versetzt. Mit diesem E-5-Sprit gab es keine Probleme, erklären Automobilbauer und der ADAC. Der Automobilclub geht davon aus, dass auch der neue E-10-Kraftstoff von den Autobauern vor Einführung geprüft wurde. Schließlich haben sie die Freigabe erteilt oder haben E-10-untaugliche Fahrzeuge ihrer Marken aufgelistet.

Im Zweifel sollten sich Autofahrer über die E-10-Verträglichkeit ihres Wagens bei den Telefonhotlines der Hersteller informieren. Auch die Vertragshändler müssen Auskunft geben können.

Trotzdem wächst die Verunsicherung weiter. "Kann mein Wagen mit E10 liegen bleiben?", fragen viele Anrufer und Leserbriefschreiber beim ADAC und bei Autofachmagazinen. Die Antwort: nein. Der E-10-Kraftstoff ist viel zu kurz im Handel, um nachweisbare Schäden in der Fahrzeugtechnik anrichten zu können. Probleme kann es ohnehin nur bei älteren Autos geben, die über lange Zeit mit dem höheren Treibstoffanteil aus Getreide und Zuckerrüben betankt werden.

"Kraftstoffleitungen aus Gummi und eventuell aus Kunststoff können durch Ethanol verspröden, also rissig und undicht werden", sagt Arnulf Volkmar Thiemel: "Bei Verteilungsleitungen aus Aluminium direkt vor dem Zylinder kann es möglicherweise zu Korrosion kommen", sagt der Experte von der ADAC-Fahrzeugtechnik in Landsberg.

Feuchtigkeit im Kraftstoff

Ein weiteres Problem ist die Anziehungskraft des Ethanols auf Wasser. Fachleute raten deshalb davon ab, Saisonfahrzeuge mit E5 oder E10 im Tank über einen längeren Zeitraum stillstehen zu lassen. Ein höherer Wasseranteil ist bei einer längeren unsachgemäßen Lagerung des Bio-Sprits nicht auszuschließen. Dabei sammelt sich Feuchtigkeit im Kraftstoff, das auch bei laufendem Motor nicht rückstandsfrei verdampft.

"Das Wasser kondensiert aus den Verbrennungsgasen und gelangt ins Öl, das dadurch verdünnt wird und schneller altert", erklärte Thomas Brüner kürzlich. Der Leiter der Mechanik-Entwicklung bei BMW bezog sich auf Länder mit minderwertigen Kraftstoffqualitäten außerhalb der EU, wie BMW nachträglich klarstellte. Nach einem Urlaub in solchen Ländern könne es sein, dass ein Ölwechsel schneller fällig sei.

Wasser erhöht wie andere Fremdstoffe im Öl die Gefahr eines Motorschadens. Gerade im Winter muss das Schmiermittel Höchstleistung bringen. Bei jedem Kaltstart soll die relativ zähe Masse zuverlässig die auf- und abjagenden Kolben von den Zylinderwänden trennen.

Wer den kalten Motor auf hohe Drehzahlen jubelt und oft kurze Strecken fährt, trägt stark zur Öl-Alterung bei. Moderne Fahrzeuge verfügen deshalb über eine Ölwechsel-Intervallanzeige, die Kaltstarts und andere Belastungsfaktoren berücksichtigt. Käme es dennoch zum Motorschaden, müsste der Auto-Halter minutiös nachweisen, dass E10 die Ursache dafür ist. Wer mit einem Service-Heft nicht die akribische Wartung dokumentieren kann, wird kaum Chancen auf Schadenersatz haben.

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