Kompaktsportler:Mehr Stress als Freude

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Große Kiemen, dicke Schlappen und aufgeblähte Radhäuser: Das Design des BMW M2 ist auf Krawall aus. (Foto: Uwe Fischer)

BMW M2: Starker Antrieb mit Traktionsproblemen. Doch mit Allradantrieb gibt es den Kraftzwerg leider nicht.

Von Thomas Harloff

Was war das BMW 1er M Coupé für ein toller Kraftzwerg! Ein Leichtathlet mit unerreicht laufruhigem Sechszylinder-Turbo und Heckantrieb. Mit agilem, fast schon nervösem Fahrverhalten und einem Heck, das förmlich am Asphalt klebte. Und was könnte dessen Nachfolger, das M2 Coupé, für ein toller Kompaktsportler sein, wenn er doch nur genug Grip auf der Hinterachse hätte! Wenigstens ein bisschen mehr. Das Fahrerherz würde gar nicht mehr aufhören zu tanzen.

Aber, das lässt sich an dieser Stelle vorwegnehmen, der M2 bringt die enorme Kraft seines Reihensechsers nicht souverän genug auf die Straße. Damit scheint er schon bei warmen und trockenen Bedingungen Schwierigkeiten zu haben, das legen die Tests der Fachmagazine nahe. Und das ist bei Winterkälte mit der dann nötigen Bereifung ein noch viel größeres Problem. Im dritten Gang am Kurvenausgang, im vierten Gang auf gerader Strecke: Das Heck schwänzelt und muss entweder vom elektronischen Lasso oder vom fix reagierenden Fahrer eingefangen werden. Einige mögen das unterhaltsam finden, aber schnell fährt man so nicht.

Dabei stimmen die grundsätzlichen Anlagen dieses mindestens 57 000 Euro teuren Sportlers. Die Lenkung liefert genau das richtige Maß an Direktheit und Rückmeldung, das straffe Fahrwerk lässt die Reifen auf der gewählten Linie kleben - wenn der Fuß das Gaspedal in Ruhe lässt. Und der Motor ist sowieso großes Kino: 370 PS, in der Spitze 500 Newtonmeter, 270 km/h Spitzengeschwindigkeit bei Buchung des 2450 Euro teuren M Driver's-Pakets - Werte, die nicht nur nach Sportwagen klingen, sondern sich auch so anfühlen. Apropos klingen: Das dumpfe Grollen, das aus den vier Auspuffrohren nach außen dringt, nervt nur manchmal. Meist dann, wenn man morgens einfach nur zur Arbeit fahren möchte, der M 2 aber erst einmal losknurrt, als hätte man ihn in einem unpassenden Augenblick geweckt.

Die letzten Reserven kitzelt das 3900 Euro teure Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe aus den Motor heraus. Es schaltet nicht nur so reaktionsschnell wie harmonisch, sondern verfügt auch noch über eine "Launch Control". Mit dieser gleichermaßen sinnfreien wie süchtig machenden Startautomatik beschleunigt der M 2 laut BMW in 4,3 Sekunden von null auf hundert. Theoretisch. Praktisch hat er, na klar, Traktionsprobleme.

In der Theorie ist der M 2 ein Sportwagen, der sich als alltagstaugliches Coupé verkleidet hat. Der vier - nicht allzu großen - Passagieren einigermaßen Platz bietet und in seinem 390 Liter großen Kofferraum Gepäck transportiert. In dem es sich gut aushalten lässt. Dessen dicker Lenkradkranz wunderbar in den Händen liegt. Dessen Sportsitze Halt und Sicherheit geben, ohne einzuengen. Dessen Mittelkonsole sich leicht zum Fahrer neigt, weshalb alle Bedienelemente leicht zu erreichen und der zentrale Bildschirm gut ablesbar sind. Und dessen Leder-Alcantara-Ausstattung mit farbigen Nähten verdammt gut aussieht und sogar serienmäßig ist. Es könnte alles richtig schön sein mit dem M 2.

Doch in der Praxis verursacht eine dynamische Tour in diesem BMW mehr Stress als Freude. Weshalb man sich irgendwann die Frage stellt, ob der immerhin 340 PS starke M 240 i vielleicht die bessere Wahl wäre. Den gibt es auch mit Allrad und für weniger als 50 000 Euro. Oder doch lieber das 1er M Coupé, das völlig zu Recht in Rekordzeit den Status eines Kultmobils erlangte? Dafür muss man bereit sein, den Preis eines M 2 für einen Gebrauchtwagen auszugeben. Aber warum eigentlich nicht?

© SZ vom 18.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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