Kommentar:Es rollt nicht rund

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Über Wochen ging nichts mehr auf der Bahntrasse durchs Rheintal. Nun rollt der Verkehr zwar wieder, doch ein Problem bleibt: Zu viele Güter werden auf der Straße befördert.

Von Marco Völklein

Seit dieser Woche rollt der Zugverkehr wieder auf der Rheintalbahn zwischen Karlsruhe und Offenburg. Sieben Wochen lang ging gar nichts auf der wichtigen Nord-Süd-Verbindung, nachdem beim Bau eines neuen Tunnels bei Rastatt die Schienen an der Erdoberfläche eingebrochen waren. Viele Fahrgäste des Regional- und des Fernverkehrs mussten auf Busse umsteigen.

Noch weitaus schlimmer aber traf die wochenlange Sperre die vielen Betreiber des Schienengüterverkehrs. Weil es schlicht nicht genügend leistungsfähige Umleitungsstrecken gab, konnte nach Angaben von Branchenvertretern wohl zu keinem Zeitpunkt mehr als die Hälfte der üblichen Menge auf der Schiene transportiert werden. Industrie- und Handelsunternehmen wichen mit ihren Gütern notgedrungen auf die Straße oder den Wasserweg Rhein aus. Und nicht wenige in der Branche befürchten, dass zahlreiche Verkehre dort bleiben werden und auf lange Sicht für die Schiene verloren sind.

Das wäre ein Debakel. Denn nach wie vor drängen mehr und mehr Güter auf die Straßen. Sie führen nicht nur zu mehr und mehr Staus, sondern konterkarieren auch sämtliche Anstrengungen beim Klimaschutz. So verzeichnete im Jahr 2016 nur der Straßensektor Aufkommenszuwächse - und zwar in Höhe von 2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Schienengüterverkehr hingegen sank die Beförderungsmenge im Vergleichszeitraum um etwa ein Prozent. Und nach einer Prognose des Bundesamts für Güterverkehr wird sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren fortsetzen.

Wer also will, dass die ohnehin schon stark frequentierten Straßen nicht noch weiter belastet werden, der muss nun umsteuern. Da ist in erster Linie die neue Bundesregierung gefordert, die schleunigst den noch von der alten Regierung kurz vor Ende der Legislatur erarbeiteten Masterplan Schienengüterverkehr umsetzen sollte - mit der geplanten Absenkung der Trassenpreise für die Nutzung der Schienen und Bahnhöfe, mit einer weiteren Elektrifizierung wichtiger Strecken. Und mit einem zügigen Ausbau des bundesweiten Schienennetzes für Güterzüge mit einer Länge von 740 Meter.

Aber auch auf europäischer Ebene muss sich schnell etwas tun. So hat sich nach der Panne in Rastatt unter anderem wieder einmal gezeigt, dass deutsche Betreiber ihre Güterzüge nicht über Frankreich umleiten konnten, weil sich deutsche Lokführer und französische Fahrdienstleiter nicht verständigen können. Oder weil deutsche Loks und französische Technik nicht passen. Hier ist dringend ein neuer Anlauf nötig, um die Zusammenarbeit von Europas Eisenbahnen zu verbessern. Schließlich steuern Lkw-Fahrer ihre Trucks auch nahezu problemlos über fast jede Grenze.

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