Kommentar:Aufforsten im Schilderwald

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Marco Völklein denkt über den Kauf eines Faltrades nach. Sollte der Bus mal wieder nicht fahren, wäre er damit autonom unterwegs. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))

Der Gesetzgeber hat sich neue Regeln ausgedacht - für elektronische Fahrräder, von denen aber kaum welche auf den Straßen unterwegs sind.

Von Marco Völklein

Der Markt für elektrisch angetriebene Fahrräder ist eigentlich recht übersichtlich. Mehr als 90 Prozent der verkauften Modelle sind sogenannte Pedelecs. Bei denen unterstützt ein eingebauter Elektromotor den Fahrer beim Treten, ab einer Geschwindigkeit von 25 Kilometern pro Stunde schaltet der Motor ab, ein Helm ist zwar angeraten, aber nicht verpflichtend. Und wie alle anderen Radler dürfen auch Pedelec-Fahrer auf den Radweg.

Komplizierter wird es bei den anderen beiden Gattungen: Das S-Pedelec unterstützt zwar auch beim Treten, kann aber bis zu 45 Kilometer pro Stunde schnell werden. Ein Helm ist verpflichtend, der Radweg tabu, ein Versicherungskennzeichen vorgeschrieben. Und dann gibt es da noch das E-Bike, das den Radler nicht nur beim schweißtreibenden Fortbewegen unterstützt; es kann auch von ganz alleine fahren - aber in der Regel nicht mehr als 20 oder 25 Sachen auf dem Tacho schaffen. Nach Angaben von Marktkennern haben diese E-Bikes einen Marktanteil von nicht mehr als einem Prozent.

Für diese E-Bikes nun hat sich der Gesetzgeber etwas Neues einfallen lassen: Die Kommunen können künftig ihre Radwege mit einem Zusatzschild für diese E-Bikes freigeben. Das Problem ist nur: Kaum jemand kennt den genauen Unterschied zwischen Pedelec, S-Pedelec und E-Bike - es besteht also durchaus die Gefahr, dass S-Pedelec-Nutzer mit ihren Tempo-45-Gefährten künftig auch die Radwege mitbenutzen. Kontrollieren kann das ohnehin so gut wie niemand - schließlich müssen auch die E-Bikes, so wie die S-Pedelecs, ein Versicherungskennzeichen am Heck führen.

Was also soll das Ganze? Handelt es sich um eine Beschäftigungstherapie für kommunale Verkehrsbehörden? Oder um eine Art Aufforstungsaktion für den ohnehin schon eng bepflanzten Schilderwald? Es hätte durchaus genügt, die Fahrradwege für alle E-Rad-Ausführungen bis 25 Kilometer pro Stunde freizugeben. Stattdessen bleiben die Regelwerke lieber ähnlich undurchschaubar wie der Markt für Elektroräder.

© SZ vom 24.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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