Kolumne:Und eines Tages macht es knack

Was soll man sagen, wenn der alte Freund sich ins Auto setzt und über schwindendes Sehvermögen klagt? Man selbst nimmt sich vor, irgendwann einmal mit gutem Beispiel voranzugehen.

Von Richard Christian Kähler

Was soll man dazu sagen, wenn sich ein alter, älterer Freund auf Besuch am Abend mühsam wieder in seine Sportwagenflunder einfädelt und dabei stöhnt: "Puh, ich hab ja nachts noch nie so besonders gut gesehen, aber inzwischen ist es manchmal schon lausig bis schlicht nicht mehr gut, was ich alles nicht mehr sehe in meinem Rentenalter."

Soll man ihn wieder aus dem Wagen zerren und zwangsübernachten, bis Tageslicht ihm beim altersschwachsichtigen Heimtasten hilft? Oder ihn lassen und denken: "Der Mann ist erwachsen, der muss wissen, was er tut." - Doch bedenkt er wirklich die Konsequenzen? Und bei einem Unfall auch die Konsequenzen für seine Opfer?

Später heil zu Hause und am Telefon nachbefragt seufzt er: "Ach, na klar. Man wird schneller müde und muss noch schneller und öfter kurz mal rechts ran. Im Dauerstau ein, zwei Stündchen die Beine zusammenkneifen geht so wenig, wie abends daheim dann ein Fass Bier saufen und ohne Toilettengang bis zum nächsten Vormittag durchzuschnarchen! Klingt komisch, aber ist so."

Doch was ist daran komisch? Für jede und jeden kommt die Zeit, wo man nicht mehr 24 Stunden im Flieger wie im Hockgrab eingeschnürt sitzen kann, ohne Elefantenbeine zu kriegen. Oder sich beim Einparken über schlechte Rückwärtssicht beschwert, in Wirklichkeit aber nur den steifen Bürohals nicht mehr so rumrecken kann wie einst zum Freund in der Schulbank ... knack!

Und neue "Altfahrer"-Gesetze hin oder her: Sollte man vielleicht später eventuell selbst nicht mehr als geradeaus sehen können und das auch nur noch ziemlich grau selbst bei Sonnenschein, dann, und möge es noch verdammt lang hin sein, wird man sich selbstverständlich selbst aus dem Verkehr ziehen. Versprochen. Großes Indianerehrenwort. Bevor man für die auf der Gegenfahrbahn plötzlich zum Risiko wird.

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