Süddeutsche Zeitung

Kfz-Versicherungen beim Carsharing:Günstige Fahrt, teurer Crash

Lesezeit: 3 min

Von Anna Gentrup, Köln

Kurz nach Mitternacht hat es gekracht. Da verliert der Fahrer eines Carsharing-Autos von Car2Go die Kontrolle über das Fahrzeug und kracht in einen Ampelmast. Verletzt wird niemand - doch der Wagen hat einiges abbekommen. Gerade in Großstädten ist das inzwischen eine alltägliche Szene. Was die meisten Nutzer nicht wissen: In solchen Fällen kann die eigentlich günstige Fahrt richtig teuer werden - vor allem, wenn sich der Fahrer nicht genau an die Regeln des Anbieters gehalten hat.

In Deutschland nutzen rund eine Million Fahrer Carsharing-Angebote. Ob DriveNow, Car2Go oder TeilAuto - in Großstädten steht inzwischen an fast jeder Ecke solch ein Fahrzeug. Denn die Autos auf Abruf sind gerade in Ballungsgebieten praktisch: Der Fahrer muss sich nicht um die Versicherung, Wartung und Reparatur kümmern. Zudem sind kurze Fahrten oft nicht viel teurer als ein Ticket für Bus oder Bahn. Wer mitmachen will, muss sich nur beim Anbieter registrieren und dessen App herunterladen. Wie hoch die Miete ist, hängt oft nicht von der Strecke, sondern der Nutzungsdauer ab. Bei Car2go, DriveNow und Multicity sind es etwa 30 Cent pro Fahrtminute. Bei Flinkster kostet die Miete tagsüber ab 2,30 Euro pro Stunde, hinzu kommen 18 Cent pro Kilometer.

Der Selbstbehalt der Nutzer variiert

Deutlich teurer wird es, wenn mit dem geteilten Auto einen Unfall verursacht wird. Zwar sind die Fahrzeuge immer haftpflicht- und kaskoversichert, doch der Selbstbehalt der Nutzer für Schäden am Fahrzeug liegt bei 500 bis 1500 Euro. Nichts hinzuzahlen muss der Fahrer bei dagegen Haftpflichtschäden, also wenn beim Unfall Personen verletzt oder fremdes Eigentum beschädigt werden.

Wem das zu riskant erscheint, kann sich zusätzlichen Schutz erkaufen. So liegt der Standard-Selbstbehalt etwa bei DriveNow bei 750 Euro, der Nutzer kann ihn aber auf 350 Euro verringern, wenn er ein Schutzpaket für jährlich 99 Euro oder für einen Euro pro Fahrt bucht. Für 199 Euro pro Jahr entfällt die Selbstbeteiligung ganz. Car2Go-Fahrer zahlen bei Schäden bis zu 500 Euro zu, für 9,90 Euro pro Monat entfällt der Selbstbehalt aber. Kunden von Flinkster müssen mit 1500 Euro am meisten selbst tragen, für 90 Euro pro Jahr sinkt die Beteiligung aber auf 300 Euro.

Alkohol und Drogen sind tabu

Fatale Folgen hat es, wenn der Nutzer die Spielregeln der Anbieter missachtet. So sind Alkohol und Drogen absolut tabu. Wer sich dennoch ans Steuer setzt, haftet bei einem Unfall für den gesamten Kaskoschaden. Auch wenn Tiere nicht wie vorgeschrieben im Kofferraum in einem Käfig transportiert werden, ist die Haftungsgrenze im Ernstfall passé. "Entsteht ein Schaden, weil der Kunde gegen die Vorschriften zur Fahrzeugnutzung verstoßen hat, haftet er auch über den Selbstbehalt hinaus", sagt Michael Fischer von DriveNow. Auch das Rauchen ist in den Autos nicht erlaubt.

Wer einen Unfall mit einem Carsharing-Fahrzeug hat, muss den Anbieter direkt informieren. "Über unsere Kundenhotline kann der Fahrer den Unfall melden", sagt Fischer. "Im Handschuhfach liegt ein Meldebogen zum Ausfüllen bereit." Wird beim Unfall ein anderes Auto beschädigt oder wird jemand verletzt, muss auch die Polizei an den Unfallort kommen.

Vorrang hat wie bei jedem Unfall, die Unfallstelle zu sichern und verletzten Personen zu helfen. Der Nutzer darf das Auto von der Fahrbahn bewegen, um weitere Unfälle verhindern. Wichtig ist aber, möglichst wenige Spuren zu zerstören. Wer Scherben aufliest und den abgeknickten Spiegel richtet, gefährdet seinen Versicherungsschutz. "Der Fahrer sollte den Unfallhergang genau dokumentieren", rät Verkehrsrechtler Florian Wolf. Optimal ist, die Position der Unfallwagen und den Schaden in Fotos festzuhalten und die Kontaktdaten des Unfallgegners zu notieren.

Nicht vorschnell schuldig bekennen

Tückisch ist bei Carsharing-Unfällen das Gespräch mit der Polizei und dem Unfallgegner. In den Vertragsbedingungen steht, dass der Nutzer nicht die Schuld am Unfall auf sich nehmen darf. Wer sich vorschnell schuldig bekennt, riskiert den Versicherungsschutz. "Das gilt sowohl für mündliche als auch für schriftliche Schuldgeständnisse", sagt Wolf.

Pechvögel, die häufiger Schäden an Autos verursachen, müssen nicht um ihre Mitgliedschaft fürchten. "Wegen einiger Auffahrunfälle kündigen wir keinem Kunden", sagt Fischer. Bei grobem Fehlverhalten kennt man dagegen kein Pardon: "Fährt jemand betrunken oder nutzt unsere Fahrzeuge für nächtliche Autorennen, kündigen wir ihm."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2401103
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 20.03.2015
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.