Kennzeichen-Scanning:Verstöße gegen die Verfassung

Nach einem vom ADAC in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten verstoßen sieben der acht Bundesländer, in denen Kfz-Kennzeichen per Video-Scanning zu Kontrollzwecken erfasst werden, damit gegen die Verfassung.

Das Rechtsgutachten hat die polizeilichen Kontrollverfahren in den acht deutschen Bundesländern Bayern, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein untersucht.

Kennzeichen-Scanning: Ein Kennzeichen-Lesegerät

Ein Kennzeichen-Lesegerät

(Foto: Foto: dpa)

Danach sind lediglich die Regelungen in Brandenburg weitgehend verfassungskonform.

"Es ist unbestritten, dass die Polizei schwere Kriminalität wirksam bekämpfen muss und dazu auch geeignete technische Mittel benötigt", sagte ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker. Deren Einsatz müsse aber in Übereinstimmung mit der Verfassung geschehen und dürfe nicht zur totalen Überwachung führen.

"Verdeckt und ohne jeden Anlass"

In dem Gutachten von Professor Alexander Roßnagel von der Universität Kassel wird insbesondere kritisiert, dass die Kontrollen verdeckt und ohne jeden Anlass oder Verdacht durchgeführt würden. Sie ermöglichten eine flächendeckende Überwachung und persönliche Bewegungsprofile. Da nennenswerte Fahndungserfolge nicht zu verzeichnen wären, seien die Kontrollen zudem nicht verhältnismäßig.

Verstöße gegen die Verfassung

Völlig unverhältnismäßig ist demzufolge nach Aussagen des ADAC auch die Regelung in Rheinland-Pfalz, wonach alle Daten - auch sogenannte "Nicht-Treffer" - zwei Monate gespeichert würden und deren Benutzung für allgemeine Polizeiaufgaben erlaubt seien.

Auch Kontrollen ohne jeden Anlass oder Verdacht, wie in vielen Bundesländern praktiziert, seien problematisch, weil die Entscheidung über die Einschränkung der Freiheit des Bürgers einseitig in das Ermessen der Polizei gestellt werde.

Das Procedere

Beim Video-Scanning werden Fahrzeuge gefilmt, die Kennzeichen elektronisch ausgelesen, gespeichert und mit einer Fahndungsdatei abgeglichen.

Nach Ansicht des Gutachters ist dies ein schwerwiegender Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

Trotzdem ignorierten die meisten länderspezifischen Regelungen die Freiheit, über die Preisgabe personenbezogener Daten selbst zu bestimmen. Zulässig wäre ein solches Verfahren aber nur in besonderen Fällen und wenn Zweck, Voraussetzungen und Grenzen dieses Freiheitseingriffs gesetzlich einwandfrei geregelt seien.

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