Es braucht keine ADAC-Wahl, um festzustellen: Der Golf ist das Lieblingsauto der Deutschen. Als er 1974 auf den Markt kommt, läutet er für VW die Wende zum Positiven ein. Heute ist er ein Bestseller mit einer bewegten Geschichte. SZ.de erzählt sie in Bildern.
Von Thomas Harloff
Deutschland 1974: Helmut Schmidt wird Bundeskanzler, Walter Scheel zum Bundespräsidenten gewählt und Günter Guillaume als DDR-Spitzel enttarnt. Zudem holt die DFB-Elf um Franz Beckenbauer den WM-Titel im eigenen Land. Als am 29. März des gleichen Jahres in Wolfsburg der erste VW Golf vom Band rollt, kann noch keiner ahnen, dass dies eine ähnliche geschichtliche Tragweite erlangen wird.
Als der erste Golf auf den Markt kommt, durchlebt VW eine seiner schwersten Krisen. Die Kundschaft akzeptiert die unzeitgemäßen Modelle mit luftgekühltem Boxermotor im Heck nicht mehr. Zudem hat die europäische Konkurrenz bewiesen, dass modern gestaltete Kompaktwagen, deren flüssigkeitsgekühlte Vierzylindermotoren die Vorderräder antreiben, erfolgreich sein können. So ist der Schritt vom rund- und niedlichen, aber technisch antiquitierten Käfer zum zeitgemäßen Golf mit kantiger Giugiaro-Karosserie zwar eine technische Revolution, aber gewiss kein Risiko.
Anfangs gibt es den Golf mit zwei Motoren. Das 1,1-Liter-Triebwerk leistet 50 PS, die 1,5-Liter-Variante ist 70 PS stark. Im Gegensatz zum zu diesem Zeitpunkt ebenfalls 50 PS starken Käfer hat der Neuling einen deutlich geringeren Spritverbrauch - ein Argument, dem im Zuge der Ölkrise 1973/74 viel Bedeutung zukommt. Noch sparsamer ist die 1976 vorgestellte Dieselversion (Foto), deren Normverbrauch bei nur fünf Litern liegt.
Die VW-Chefetage verspricht sich viel vom Neuling, aber mit einem so großen Erfolg haben selbst die kühnsten Optimisten nicht gerechnet. Der Golf setzt sich auf Anhieb an die Spitze der Verkaufscharts, schon im Oktober 1976 rollt das einmillionste Exemplar aus den Werkhallen. Der Grundstein für eine Erfolgskarriere ist gelegt.