Süddeutsche Zeitung

Jaguar XJR:Lang und teuer

Wem ein Audi S8 zu gewöhnlich und eine Mercedes S-Klasse zu bieder ist, sucht exklusivere Alternativen. Von 2014 an gibt es eine neue bei Jaguar. Der Preis des XJR ist horrend, aber immerhin kostet die Langversion keinen Aufpreis. Ein erster Fahrbericht.

Von Wolfgang Gomoll

Die Kernkompetenz einer Luxus-Limousine beherrscht der Jaguar XJR mit Bravour: Bei einer Reisegeschwindigkeit von 120 km/h arbeitet der V8-Kompressor-Motor mit gerade einmal 1500 Kurbelwellenumdrehungen. Das sorgt im Innenraum für angenehme Ruhe. Lediglich leichte Windgeräusche und das schon deutlicher vernehmbare Abrollgeräusch der 20-Zöller stören.

Doch der Jaguar kann bei Bedarf auch brüllen: 550 PS und maximal 680 Newtonmeter Drehmoment kann die britische Limousine leisten. Dieses andere Gesicht der sportlichen Limousine lernt der Fahrer nach einem Druck auf den Knopf mit der Zielflagge in der Mittelkonsole kennen. Die digitalen Rundinstrumente färben sich dann rot, die Drehzahlnadel schießt nach oben und das englische Achtzylinder-Kraftwerk signalisiert mit einem dumpfen Grollen seine Bereitschaft, die volle Leistung des Wagens zur Verfügung zu stellen.

Die Langversion ist die bessere Wahl

Die variablen Dämpfer verhärten sich und ein Tritt auf das Gaspedal katapultiert das 1880 Kilogramm schwere und 5,25 Meter lange Automobil vehement vorwärts. Bereits nach 4,6 Sekunden sind 100 km/h erreicht, bei 280 km/h liegt die Höchstgeschwindigkeit. Dabei fällt auf, wie gut die ZF-Achtgang-Automatik mit dem Triebwerk harmoniert.

Wer trotzdem sein Glück in die eigene Hand nehmen will, kann jederzeit mit den beiden Wippen am Lenkrad eingreifen. Im Sport-Modus geht der Gangwechsel nur noch manuell und man kann die Schaltstufen noch weiter ausdrehen. Der Spaß hört nicht auf, wenn die ersten Kurven kommen. Die hydraulische Lenkung ist nicht das Maß der Dinge, aber direkt genug, um die Luxus-Limousine präzise um die Ecken zu zirkeln. Dabei ist der Unterschied zwischen der zwölf Zentimeter kürzeren Version kaum spürbar.

Sehr wohl aber im Innenraum. Während man in der längeren Variante bequem hinter einem erwachsenen Beifahrer sitzen kann, wird es in dem 5,13-Meter-Modell relativ eng. Bei beiden Versionen beengt die sehr breite Mittelkonsole die Insassen. Auch der Beifahrer-Fußraum ist nicht sehr geräumig und entspricht nicht dem, was man von einer Oberklassen-Limousine, die immerhin 141.310 Euro kostet, erwartet. Dass es hinten für Menschen, die größer als 1,90 Meter sind, um den Kopf herum eng wird, ist bei dem stark abfallenden Dach nicht verwunderlich. Da es beim Preis keinen Unterschied zwischen der Kurz- und der Langversion gibt, ist der Griff zur großen Variante fast schon obligatorisch. Zumal diese auch noch eleganter aussieht.

Die bequemen Sportsitze bieten sehr viel Seitenhalt. Auf dem feinen Leder reist es sich angenehm. Klavierlack und feine Holzapplikationen runden das noble Ambiente ab. Allerdings erreicht die Wertigkeit der verbauten Materialien nicht das Niveau der neuen S-Klasse. Ähnlich verhält es sich mit den digitalen Rundinstrumenten. Mit den gestochen scharfen Anzeigen der Mercedes S-Klasse können der virtuelle Tacho und Drehzahlmesser ebenfalls nicht mithalten.

Bei den Assistenzsystemen sollten die Briten nachbessern. Ein Tempomat mit Notfall-Bremsassistent kostet ebenso Aufpreis, wie ein Toter-Winkel-Warner. Immerhin sind die Xenon-Scheinwerfer mit intelligentem Fern- und Kurvenlicht im hohen Preis von mindestens 141.310 Euro inbegriffen. Eine Voll-LED-Beleuchtung sucht man in der Aufpreisliste genauso vergebens, wie einen Allradantrieb, der nur der 3.0-Liter-Variante vorbehalten bleibt.

Auf der IAA zündet Jaguar die nächste Stufe des Expansionskurses und präsentiert eine Mittelklasse-Studie. Also könnte es nicht mehr lange dauern, bis auch Audi A4, BMW 3er und Mercedes C-Klasse sich Jaguar stellen müssen. Die Nobellimousine XJR ist schon deutlich früher zu haben, von Januar 2014 an.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1749866
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/pi/goro/mike
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.