Jaguar XF 30d im Test:Du riechst so gut

Jaguar XF 20d, Modelljahr 2016

Als 30d mit 300 PS starkem V6-Turbodiesel kostet der neue Jaguar XF mindestens 61 510 Euro.

(Foto: Stefan Baldauf / SB-Medien)

Der Jaguar XF hat einen ganz eigenen Geruch. Und er fährt sich anders als die meisten Limousinen. Von britischer Zurückhaltung keine Spur.

Test von Felix Reek

Zuerst ist da dieser Duft. Wie ein markantes Herrenparfüm. Dezent, aber doch präsent. Es riecht nicht nach schnöder Ledergarnitur wie in anderen Neuwagen. Eher wie englisches Landhaus, offener Kamin, ein gut abgehangener Whisky in der rechten Hand. Ist irgendwo ein Duftspender im Handschuhfach versteckt? In China ordert man seine Limousinen gerne so, des Smogs wegen. Nichts zu entdecken. Egal, ob eingebildet oder nicht: Der Jaguar macht direkt Eindruck.

Wie er riecht, so sieht der Innenraum des Briten aus. Ja, hier ist nach dem großen Designbruch 2008 modernisiert worden, aber auf eine altmodische Art. Und das ist positiv gemeint. Während bei Audi, BMW und Co das Cockpit immer mehr an eine Mischung aus Büro und Lounge als an ein Auto erinnert, erstreckt sich im XF kein überdimensionales Touch-Display über fast die gesamte Fahrzeugbreite. Die interaktiven Smartphone-Elemente bleiben dort, wo sie hingehören: im Radioschacht. Der Fahrer blickt auf klassische Rundinstrumente. So wie es der eigene Vater schon tat. Warum ändern, was sich über Jahrzehnte bewährt hat?

Sportlichkeit ist die neue Maxime

Ähnlich schrullig ist der Wahlhebel der Automatik. Beim Einsteigen fährt ein kleiner Zylinder aus der Mittelkonsole. Zweimal nach rechts gedreht auf "D" und es kann losgehen. Das Motorengeräusch ist unspektakulär und kaum zu hören. Im Jaguar XF arbeitet ein Dreiliter-Diesel. Das ist natürlich ein Affront für alle, die die englische Marke mit mächtigen Acht- und Zwölfzylinder-Benzinern in Verbindung bringen - und doch eine sinnvolle Alternative in Zeiten, in denen Sprit gespart und Firmenwagen vor allem als Selbstzünder geordert werden.

Mit 300 PS ist der Jaguar sicher nicht untermotorisiert. Die Leistung macht sich auf der Straße sofort bemerkbar. Selbst in der Fahrstufe "Normal" ist der XF bissig. Die Gänge der Achtgangautomatik wechseln kaum merklich, das Auto klebt in den Kurven und beschleunigt so brachial, dass es den Fahrer in den Sitz presst. An die angenehmen Reiselimousinen, die Jaguar in den vergangenen Jahrzehnten baute, erinnert das nur noch wenig. Sportlichkeit heißt die Maxime, das zeigt sich auch beim Fahrwerk. Selbst die Konkurrenz von BMW und Audi wirkt brav dagegen. Im Jaguar spüren die Insassen jede Unebenheit im Straßenbelag.

Der Dieselmotor heult auf

Das hilft, den XF am Limit über die Straße gleiten zu lassen. Geht der Fahrer rabiater zur Sache, drehen beim Jaguar die Reifen durch oder das Heck bricht aus. Zugute kommt der Limousine dabei, dass sie sich am Steuer kompakter anfühlt, als sie tatsächlich ist. Mit knapp fünf Metern Länge und 1,90 Meter Breite bewegt sich der Jaguar XF am Rande der Oberklasse. Weiterer Bonus: Kameras rund um das Auto helfen, die Abstände zum Vordermann oder dem Bordstein zu bestimmen.

Wirklich interessant wird es beim Zusammenspiel der einzelnen Fahrstufen. "Normal", "Eco", "Dynamic" und "Winter" stehen zur Auswahl und leisten wirklich das, was ihre Namen versprechen. Das System passt Lenkung, Gaspedalannahme und die Schaltpunkte entsprechend an. Der Öko-Modus hilft Sprit zu sparen und ist eher behäbig, "Normal" sorgt schon für ordentlich Druck auf der Straße. Noch rabiater wird es unter "Dynamic". Der Dieselmotor heult auf und schafft es in 6,4 Sekunden von Null auf 100 km/h. Wer Formel-1-Feeling will, nutzt die Schaltpaddel am Lenkrad. Die sind aber eher Spielerei als wirklich von Nutzen. "Winter" bringt den Jaguar ohne durchdrehende Reifen durch Eis und Schnee.

Nur vorne thront der Fahrer entspannt wie im Landhaus

Trotz dieser sportlichen Ambitionen ist der XF aber vor allem ein Langstreckenfahrzeug. Auf der Autobahn brilliert die Limousine. Die Kilometer verfliegen geradezu. Natürlich nur, wenn einer der bequemeren Fahrmodi ausgewählt ist. Und niemand auf den Rücksitzen Platz genommen hat. Dort kauern Insassen eher beengt. Vorne thront der Fahrer entspannt, wie im englischen Landhaus. Atmet tief ein, erfüllt die Brust mit diesem besonderen Aroma. Nur auf den Whisky in der rechten Hand muss er verzichten.

Technische Daten Jaguar XF 30d:

V6-Dieselmotor mit 3,0 Litern Hubraum und Biturboaufladung; Leistung 221 kW (300 PS); max. Drehmoment: 700 Nm bei 2000/min; Leergewicht: 1750 kg; Kofferraum: 540 - 885 l; 0 - 100 km/h: 6,2 s; Vmax: 250 km/h; Testverbrauch: 9,1 l / 100 km (lt. Werk: 5,5; CO2-Ausstoß: 144 g/km); Euro 6; Grundpreis: 61 510 Euro

Das Testfahrzeug wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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