Italien:Brücke nach Sizilien wird gebaut

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Das Lieblingsprojekt des italienischen Regierungschefs Berlusconi, eine sechs Milliarden Euro teure Hängebrücke von Kalabrien nach Sizilien, kann gebaut werden.

Die längste Hängebrücke der Welt kann gebaut werden: Über Jahre hinweg drohte das Lieblingsprojekt des italienischen Regierungschefs Silvio Berlusconi, der einige Zeit in die Opposition verbannt war, in den Schubladen zu verstauben. Jetzt hat sein Mega- Plan, für Milliarden eine Brücke über die Meerenge von Kalabrien nach Sizilien zu bauen, absolute Vorfahrt.

Die Computersimulation zeigt die Messina-Brücke vom italienischen Festland nach Sizilien (Handout von 2005). (Foto: Foto: dpa)

Im Herbst 2010 soll der erste Stein für diesen "Ponte sullo Stretto", von Befürwortern auch "das achte Weltwunder" genannt, bei Messina gesetzt sein. Italiens Fachminister bewilligten am Freitag die ersten 1,3 Milliarden Euro für das, was San Franciscos Golden Gate Bridge in den Schatten stellen soll.

Mehr als sechs Milliarden Euro wird die nahezu vier Kilometer lange Brücke verschlingen, über die täglich 100.000 Fahrzeuge und 200 Züge fahren können. Kritiker halten das "Monster-Bauwerk" für überflüssig und gefährlich. Für sie ist es auch ein gefundenes Fressen für die Mafia, die beim Bauen immer mitverdient.

"Von diesem Projekt rücken wir nicht mehr ab. Das ist ein gewaltiges Bauwerk, das auch Touristen bringt, doch zwingt es uns auch, die sonstigen Verkehrsstrukturen im Süden zu verbessern." Diese Losung von Infrastruktur-Minister Altero Matteoli wird von einigen beklatscht, so von Messinas Bürgermeister Giuseppe Buzzanca. Weitaus lauter und kräftiger erklingt allerdings der Chor der Gegner.

Das Projekt sei umweltschädlich und gehe an den Interessen der Menschen vorbei, die dringend mehr Geld brauchten, um den Wassernotstand zu beheben, wettern die Grünen. Die Brücke könne keine Priorität haben, solange es gravierende Mängel und Lücken im Straßenverkehrsnetz Kalabriens gebe, stimmt die größte Oppositionspartei (PD) ein. Wo denn all die Milliarden herkommen sollen, fragt die Naturschutzorganisation WWF. Die Regierung in Rom will Privatinvestoren an dem Projekt beteiligen.

Berlusconi will sein Denkmal

Geträumt von einer Brücke nach Sizilien hatten aber schon die alten Römer, und auch der italienische Diktator Benito Mussolini wollte die Sache angehen. Mehrere Nachkriegsregierungen scheiterten an diesem Projekt der Superlative: Die größte italienische Insel verliere ihren Charakter, auch sollte eher ins marode Verkehrsnetz der immer noch ärmlichen Stiefelspitze investiert werden.

Doch der Infrastruktur-Minister verwirft auch die technischen Bedenken. Ingenieure verweisen auf die Erdbebengefahr in der Region und auf den starken Wind. Andere zitieren Schätzungen, wonach nie und nimmer so viele Fahrzeuge über die Brücke rollen werden. Doch die Regierung will in Zeiten der Krise investieren, Berlusconi will sein Denkmal.

Im "stop and go" ging es seit sieben Jahren um das Wunderwerk, das Erdbeben von der Stärke 7,1 standhalten soll und mit einer Spannweite von 3300 Metern die japanische Akashi-Kaikyo-Brücke noch um einiges übertrifft - das ist die mit 1991 Metern längste Hängekonstruktion.

2002 machte Berlusconi mit einem Gesetzesdekret richtig Dampf. Der erste Spatenstich wurde für 2006 angekündigt. Der Mega-Bau über das Wasser sollte 40 000 Jobs schaffen - alles sollte privat finanziert sein. Dann wurde Berlusconi als Regierungschef abgewählt. Nachfolger Romano Prodi legte das "Berlusconi-Denkmal" kurzerhand auf Eis.

Die Mafia steht schon bereit

Die Sizilien-Brücke, höher als der Eiffelturm, war somit jahrelang wie das Ungeheuer von Loch Ness, das immer wieder gesichtet wurde. Klar, denn Berlusconi verliert seine Träume nicht aus den Augen. Im Amt wäre der Medienzar und Milliardär wohl nicht mehr, wenn "seine" Brücke mit den 382 Meter hohen Pfeilern eröffnet wird.

Das sollte 2016 der Fall sein, hieß es früher einmal, ein neues Datum gab es zunächst nicht. Vielleicht hat sich Berlusconi bis dahin aber noch einen anderen Traum erfüllt und kommt als Staatspräsident zur Feier.

Die sizilianische Mafia Cosa Nostra und auch Kalabriens 'Ndrangheta dürften schon bereitstehen. Es gibt viel Arbeit, wie sie in Süditalien vor allem vom organisierten Verbrechen "koordiniert" wird - erst in den Steinbrüchen, dann die Erdbewegungen, Transporte oder das Mischen von Beton. Doch die Regierung in Rom blickt stracks nach vorn: "Unsere Techniker haben überall in der Welt gebaut", sagte Matteoli schon 2008, "jetzt sollen sie mal Großes in Italien bauen."

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