Wir hielten es für eine gute Idee, damals in den Neunzigern, die drei Buchstaben der privaten E-Mail-Adresse mit Punkten zu trennen. Wer hätte schon daran gedacht, dass man sie einmal in einem Auto würde eingeben müssen. Was eine kleine Herausforderung ist, wenn als Eingabegerät ein sogenannter Dreh-/Drücksteller dient: ein großer Knopf, den man, wie der Name sagt, sowohl drehen als auch drücken kann. Das mit der E-Mail-Adresse geht dann so: Mit dem Knopf zum gewünschten der kreisförmig angeordneten Buchstaben drehen, zum Auswählen einmal drücken. Auf "Sonderzeichen" gehen, drücken, zum Punkt fahren, einmal drücken. Dann wieder auf "Buchstaben" umschalten. Das ganze dreimal, und dann kommt die Krönung: das @-Zeichen. Man findet es schließlich nach längerem Suchen. Bloß: Warum ist ausgerechnet dieses Zeichen so gut versteckt, zusammen mit dem Punkt das einzige Zeichen, das in ausnahmslos jeder E-Mail-Adresse vorkommt?
Das fragt man sich, wenn man, aufs Bequemste untergebracht, im neuen Siebener von BMW versucht, den letzten weißen Flecken von der persönlichen Internet-Landkarte zu tilgen: das Auto. Das Internet, so schallt's landauf, landab, muss ins Auto, und sei es bloß deshalb, damit die Smartphone-Junkies nicht mehr während der Fahrt an ihren Geräten herumfummeln für Facebook-Twitter-SMS. Lange wurde davon nur geredet, nun gibt es tatsächlich Autos mit Internetanschluss. Aber was bringt es konkret?
Nachholbedarf bei Weginformationen in Echtzeit
Das zum Beispiel: Die Fahrt in die Innenstadt dauert noch 23, nein 43, äh 27, nein doch 43 Minuten, jetzt sind es noch 17, wie - wir sind schon da? Real Time Traffic Information (RTTI) ist an sich eine gute Sache, wenn sich aber auf dem Weg vom Münchner Flughafen in die Innenstadt die Angaben fünfmal ändern, dann sinkt der Nutzen doch beträchtlich. Erfahrungen sind das, die man mit neuen Systemen machen kann, wie sie Audi, Mercedes und BMW als Sonderzubehör für einige, meist hochpreisige Modelle anbieten. Leicht ließen sich noch ein paar weitere Schnitzer aus dieser Kategorie anfügen. Und man läge doch gewaltig daneben, wollte man deshalb diese Neuerungen gleich in Bausch und Bogen verteufeln.
Denn es ist ja nicht bloß so, dass es die Smartphone-Junkies tatsächlich gibt. Besser also, man schafft vernünftige Lösungen, die weniger vom Fahren ablenken als iPhone und Co. Wer aber bei den großen Mobilitätsthemen der Zukunft übers Reden hinausgelangen will, der kommt gar nicht daran vorbei, Autos einzubinden in ein Internet der Dinge, in ein Netz aus Sensoren.
Vieles, was derzeit bereits angeboten wird, muss man als ein Versprechen auf eine bessere Online-Zukunft sehen, in der es ein flächendeckendes und schnelles mobiles Internet geben wird. Aber vieles ist auch schon weit gediehen. Die großen Bildschirme stellen Kartenansichten in hoher Qualität dar. Nähert man sich dem Ziel, werden Gebäude - falls verfügbar - in dreidimensional digitalisierten Ansichten gezeigt. Das hilft, weil die virtuellen Gebäude aussehen wie die realen.
Auch die Spracherkennung ist um Längen besser. Im Verlauf unserer Versuche ließen sich Adressen eines Zieles ohne größere Probleme während der Fahrt ins Navi eingeben. Der Blick bleibt auf der Straße, weil das System immer Rückmeldung gibt und nachfragt, wenn noch Informationen fehlen. Natürlich hilft es, deutlich zu sprechen und nicht dazwischenzuquasseln. Der nächste Schritt steht aber schon unmittelbar bevor: Die Navigationssysteme können dann auch in einem Rutsch gesprochene Angaben verstehen wie: "Navigiere zu Hultschiner Straße 8, München".
Noch bequemer ist es, die Route am PC zu erstellen und sie ans Auto zu senden - das geht bei allen drei Premiumherstellern. Ebenfalls verfügbar: Internetzugang im Auto. Damit lassen sich Mails auch im Fahrzeug abrufen, wo man sie sich dann von einer synthetischen Stimme vorlesen lassen kann. Auf Dauer aber ist das schwer erträglich. Mitfahrer können natürlich auch ihr eigenes Telefon und dessen Internetzugang nutzen. Bei Mercedes müssen sie das meist sogar, denn Comand Online baut Internetverbindungen über eine Bluetooth-Brücke auf. Das unterstützen aber viele Handy-Hersteller nicht.
Zum Thema Smartphone-Integration herrscht bei allen drei Herstellern ansonsten ein etwas verkrampftes Verhältnis. Das hat Gründe, denn so einfach, wie manche sich das vorstellen, können Apps nicht auf dem Bildschirm des Bordsystems abgebildet werden - viel zu unsicher. Außerdem: Alle drei Premiumhersteller setzen auf Dreh-/Drücksteller, Apps aber funktionieren mit Fingerbedienung. Zudem wollen die Autobauer an den Infotainmenteinheiten mitverdienen.
Head-up-Display hält den Blick des Fahrers auf der Straße
Ein Extra, das sich in jedem Fall lohnt, ist das Head-up-Display. Der Kopf des Fahrers bleibt dabei oben, sein Blick dorthin gerichtet, wo er hingehört: auf die Straße. Wichtige Informationen wie zum Beispiel Navigationspfeile, Kreuzungsansichten, Geschwindigkeitsbeschränkungen und andere werden direkt ins Sichtfeld des Fahrers eingeblendet. Eine bessere Möglichkeit, möglichst viele Informationen mit möglichst wenig Ablenkung zur Verfügung zu stellen, haben wir noch nicht gesehen. Kein Wunder daher, dass dieses Extra sehr gut ankommt bei den Kunden. Die von Mercedes müssen darauf im Moment allerdings noch verzichten, ebenso auf eine Eingabemöglichkeit per Berührungsfläche. Audi bietet das bereits an, BMW ebenfalls, allerdings bis 2013 nur in China.
So bleibt insgesamt der Eindruck, dass zwar schon vieles geht mit den vernetzten Autos. Vieles aber kommt noch sehr umständlich daher, braucht einfach noch Zeit, um zu reifen. Und man merkt auch an vielen Stellen, dass die Entwicklung bei Smartphones viel schneller getaktet ist als die der Autos. Es wird daher wohl auf längere Sicht nichts anderes übrig bleiben, als dass man sich einigt auf Standards. Andernfalls wird eher ein Ärgernis für Kunden daraus als ein Geschäft.