Süddeutsche Zeitung

IAA: Geschichte:Weltbewegend

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Gerade mal acht Automobile konnten auf der ersten IAA 1897 bestaunt werden. Im Laufe der Jahre hat sich die Messe zu einer der wichtigsten Autoshows weltweit entwickelt.

S. Kilimann

Hübsche Mädchen, die mit knappen Röckchen an den Karossen posieren, gehören selbstverständlich noch nicht dazu, als die allererste IAA der Geschichte ihre Tore öffnet. Man schreibt das Jahr 1897, das Automobil steckt in den Kinderschuhen - aber es gibt immerhin schon acht "Motorwagen", die der geneigten Öffentlichkeit im Berliner Hotel Bristol präsentiert werden können. In punkto Design erwartet die Besucher der Ur-IAA noch nichts wirklich Spektakuläres. Zu sehr ähneln die Vehikel herkömmlichen Pferdekutschen.

Doch ihre Verbrennungsmotoren, die natürliche Pferdestärken überflüssig machen, faszinieren das Publikum. Tausende strömen ins Hotel Bristol, damit ist der Grundstein für die Messe, die lange Zeit die größte Automesse der Welt sein wird, erfolgreich gelegt. Bis 1911 findet die IAA beinahe jährlich statt - fast immer in Berlin. 1905, 1906 und 1907 halten es die Hersteller sogar für angebracht, zweimal pro Jahr zu einer internationalen Leistungsshow im Land von Daimler und Benz zu laden.

Der Erste Weltkrieg unterbricht den Ausstellungsrhythmus

Erst 1921 meldet sich Deutschlands internationale Automesse zurück. Zu dieser 14. IAA reisen bereits 67 Aussteller an. Sie zeigen insgesamt 90 PKW- und 49 LKW-Modelle. Erstmals versuchen die Hersteller ihre potentiellen Kunden nicht nur mit der Motorenleistung, sondern auch mit dem Komfort ihrer Modelle zu beeindrucken. Dass sich Automobile mit weiblichem Charme noch besser in Szene setzen lassen, haben die Autohersteller ebenfalls erkannt - in den 20er Jahren präsentieren schicke IAA-Hostessen die Modelle von Borgward, Benz und Co.

1931 findet die IAA zum 22. Mal statt - und das obwohl die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise noch spürbar sind. Die Branche kann mit einer interessanten Neuerung aufwarten - die ersten Fahrzeuge mit Frontantrieb werden gezeigt. 1939 erreicht die Autoshow in Berlin einen neuen Besucherrekord. Rund 825.000 Schaulustige drängen sich um die automobilen Neuheiten - auch, um einen Kleinwagen, der zum Preis von 990 Reichsmark in den Handel kommen soll und den Traum von der Automobilität selbst für den kleinen Mann in greifbare Nähe rückt. Noch heißt das Modell "Kraft-durch-Freude-Wagen". Als VW-Käfer soll es in den Nachkriegsjahrzehnten Automobilgeschichte schreiben.

Der Zweite Weltkrieg bricht aus. An eine internationale Automobilmesse, noch dazu in Hitler-Deutschland, ist gar nicht zu denken. Auch nach Kriegsende vergehen Jahre, bevor man wieder an die IAA-Tradition anknüpfen kann. Ende der 40er Jahre beteiligen sich die deutschen Automobil- und Zubehörhersteller zunächst an der Exportmesse in Hannover. Ihre Halle ist die Messeattraktion schlechthin. 1951 öffnet die IAA wieder ihre Pforten, sogar zweimal.

Mit der 35. IAA im September '51 verabschiedet sich die Messe von ihrem historischen Stammplatz Berlin. Die geteilte Stadt ist inzwischen für westdeutsche Unternehmen nur umständlich über das Gebiet der DDR zu erreichen. Also wird entschieden, das große Autospektakel in die aufstrebende Metropole Frankfurt am Main zu verlegen.

Hier, in den Frankfurter Messehallen, feiern in allen Jahrzehnten etliche Autos Weltpremiere, die das Lebensgefühl breiter Gesellschaftsschichten und das Straßenbild ihrer Epoche mitprägen werden. Auf der IAA von 1959 freut man sich am BMW-Stand über den Erfolg des neuen Kleinwagens - der neue 700 wird zum Publikumsmagneten. Doch schon bald werden die Kleinen, auch das Erfolgsmodell "Käfer", den Aufsteigern der Wirtschaftswunder-Ära zu eng. 1961 bringt VW daher den 1500 zur IAA.

Der neue Mittelklassewagen soll verhindern, dass immer mehr "Besserverdiener" zur Konkurrenz abwandern. BMW hat ebenfalls ein Mittelklassemodell parat - bei den Bayern soll der BMW 1500 die Lücke schließen, die zwischen dem kleinen 700 und dem Oberklasse-Modell 501/502 klafft.

1963 zeigt Audi-Vorgänger DKW auf der IAA ebenfalls einen neuen Vertreter, der die Mittelklasse aufmischen soll. Der DKW F102 wird der letzte Pkw mit Zweitaktmotor sein, der von westdeutschen Herstellern entwickelt wird. Daneben beeindruckt automobiler Luxus in Reinkultur. Mercedes stellt seinen 600 vor, dessen V8-Maschine 250 Pferdchen auf 200 Stundenkilometer peitschen kann.

Das neue Stuttgarter Flagschiff

Zum Preis von 49.000 Mark empfiehlt sich das neue Flagschiff der Stuttgarter den neuen Spitzenverdienern der Bundesrepublik. Porsche stellt im gleichen Jahr das Modell 901 vor - eine rassige Schönheit, die allerdings noch einmal umgetauft werden muss, weil sich Peugeot die gleiche Ziffernfolge bereits markenrechtlich schützen lassen hat. Als 911er geht der neue Porsche dann an den Start und wird zur Sportwagenlegende.

In den 70er Jahren reisen bereits 1200 Automobil- und Zubehörproduzenten zur Mega-Messe an den Main. Immer mehr Importeure nutzen die IAA, um Deutschlands Autofahrer für ihre Produkte zu erwärmen. 1973 ist Mazda zum ersten Mal dabei. Für den Auftritt in Frankfurt legen Autobauer sechsstellige Beträge auf den Tisch. Die Standmieten in den 70ern liegen zwischen 800 und 1200 Mark pro Quadratmeter. 1973 leistet sich Opel mit 1400 Quadratmetern den größten IAA-Stand, gefolgt von British Leyland, einem Zusammenschluss britischer Automarken, der längst Geschichte ist.

Der Frankfurter Marktplatz automobiler Innovationen war immer mehr als nur ein Rekorde brechender Publikumsmagnet. Die IAA ist stets sensibles Konjunkturbarometer. Finanzanalysten fühlen der Autobranche auf einer der größten Automessen weltweit den Puls. Ihre Urteile lassen Kurse klettern und fallen. Als äußerst schwacher Patient erwies sich die Autoindustrie übrigens 1971 - wegen der schlechten Konjunktur wurde die IAA abgesagt. Auch 2009 ist die globale Krise in aller Munde. Diesmal wollen 700 Aussteller - davon 60 Automobilproduzenten aus aller Welt - in Frankfurt zeigen, mit welchen Konzepten sie die Zukunft meistern wollen. Es dürfte also wieder sehr spannend werden - auch auf der 63. IAA.

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