IAA 2017 in Frankfurt:Die E-Autos rücken näher

FILE PHOTO: People run preparations at the Tesla company booth during the media day at the Frankfurt Motor Show (IAA) in Frankfurt

Der Erfolg des E-Autobauers Tesla bedrängt die Branche immer stärker.

(Foto: REUTERS)
  • Wenn nächste Woche die IAA startet, werden neben zahlreichen SUVs auch einige Elektroautos zu sehen sein.
  • Zwar handelt es sich dabei meist um Studien und Ankündigungen, aber die Messe zeigt: E-Autos rücken näher.
  • Die Hersteller müssen nun auf das Elektroauto setzen, um die künftig strengeren die CO₂-Flottenvorgaben zu erfüllen.

Von Max Hägler

Der Name verrät sofort, was einen erwartet: "T-Roc". Klingt aggressiv, dinosaurierhaft, aufdringlich. Und genauso ist es: T-Roc heißt das neueste Modell von Volkswagen, es ist ein SUV, also ein besonders breitschultriges Wagenmodell. Das Gefährt passt gut zur Internationalen Automobilausstellung (IAA), die in der kommenden Woche in Frankfurt beginnt. Bullig wird es zugehen, denn auch Citroën, BMW, Kia, Opel und Jaguar stellen "Sportgeländewagen" vor; und Daimler will sogar noch einen Formel-1-Wagen mit Straßenzulassung präsentieren. Sie alle basieren auf Benzin- und Dieselantrieben. Alles wie gehabt also?

Wenn Kanzlerin Angela Merkel am Donnerstag die wichtigste Leistungsschau der deutschen Industrie eröffnet, werden die Muskelprotze unter den Autos noch immer dabei sein - als drohten in deutschen Städten keine Fahrverbote für Verbrennerautos, und als wäre der Diesel-Absatz seit 2015 nicht um mehr als ein Zehntel eingebrochen. Doch die Dinosaurier à la T-Roc sind wohl bereits eine aussterbende Art.

Tatsächlich rücken die E-Autos endlich näher. "Diese Messe wird nicht alles ändern, aber es wird dort sehr viel klarer zu sehen sein, wohin es geht mit der Elektromobilität, die Autos werden fassbarer", sagt Herbert Diess, Vorstandschef der Marke Volkswagen. Bislang gibt es von VW nur zwei E-Wagen zu kaufen, den E-Up und den E-Golf. Die vergangenen Monate, die Dieselkrise also, hätten dem E-Golf beim Absatz geholfen, sagt Diess: "Der Bestelleingang hat sich verdoppelt. Die E-Mobilität wächst, langsam, aber stetig." Und erstmals zeigt VW ein Wagenangebot von klein bis groß, das speziell für Batterieantriebe konstruiert ist, im Jahr 2019 wird das erste Modell daraus auf den Markt kommen.

Auch Daimler wird dann einen größeren Batterie-Wagen vorstellen, bislang gibt es nur den E-Smart und den allerdings auslaufenden B 250 e. Und schließlich BMW; die Münchner, die mit dem i 3 vor drei Jahren noch eine Pionierrolle spielten. Nun wollen sie nachlegen, zwölf weitere reine Elektromodelle plant BMW bis 2025, angefangen im Jahr 2019 mit einem Batterie-Mini. "Elektromobilität hat für uns absolute Priorität", sagt Vorstandschef Harald Krüger. Auf der IAA will er zudem einen Wagen präsentieren, der bald der US-Firma Tesla Paroli bieten soll. Bereits im kommenden Jahr wollen Audi, Jaguar und Hyundai elektrische SUVs auf den Markt bringen.

Elektroautos werden zur puren Notwendigkeit

Das kann man abtun als die Fortführung der ewigen Ankündigungen. Allerdings spricht einiges dafür, dass es den meisten Konzernen diesmal ernst ist. Der Erfolg des E-Autobauers Tesla bedrängt die Branche immer stärker, inzwischen mit dem Großserien-Modell namens "3". Zudem brauchen die Hersteller die E-Autos dringend, um die CO₂-Vorgaben der EU-Kommission zu erfüllen. Bislang war in den Planungen der Konzerne ein deutlicher Diesel-Anteil einberechnet. Würden stattdessen ausschließlich Benzinmotoren gekauft, würden die Firmen die CO₂-Flottenvorgaben reißen, denn Benzinautos stoßen etwa 15 Prozent mehr Kohlendioxid aus. In China steht ebenfalls eine Quote bevor: Wenn ein Hersteller dort nicht genügend E-Wagen verkauft oder zumindest Hybride, also Mischungen aus Verbrenner- und Elektroantrieb, können hohe Strafen fällig werden.

Aber sind Kunden auch wirklich bereit, für Elektromobilität Geld auszugeben, eine Technik, bei der immer noch die "Reichweitenangst" eine große Rolle spielt? Dazu präsentierte der Bundesverband der Verbraucherzentralen eine interessante Prognose: Vom Jahr 2020 an könnten Autos mit Batterieantrieb günstiger sein als Autos mit Benzinantrieb. Nicht in der Anschaffung, da geht der Verbraucherverband davon aus, dass E-Autos immer noch etwa acht Prozent teurer sein werden, sofern Staat oder Hersteller keine finanziellen Anreize setzen. Doch wenn man die gesamte Lebensdauer eines Wagens in den Blick nimmt, könnten vor allem künftige Gebrauchtwagenkäufer profitieren: Knapp 3000 Euro im Vergleich zu einem gebrauchten Diesel spare sich etwa ein Käufer, wenn er einen schon zweimal gebrauchten E-Wagen erwerben wird.

2021 kommt der Elektro-VW zum Preis eines Diesel-Golf

Berücksichtigt ist dabei bereits, dass Verbrennermotoren effizienter, aber auch teurer werden und E-Autos billiger, weil die zunehmende Massenproduktion die Kosten senkt. Allerdings: "Günstigere Preise bei Elektroautos allein sind kein Garant für steigende Verkaufszahlen. Um Verbraucher wirklich zu überzeugen, muss die Infrastruktur stimmen", sagt Klaus Müller, oberster Verbraucherschützer. Er meint damit vor allem das Tankstellennetz.

VW-Manager Diess gibt sich optimistisch. Er kündigt den Kompaktwagen "ID" mit Elektroantrieb an, der 2021 kommen und 400 Kilometer weit fahren soll. Der werde, verspricht Diess, auch in der Anschaffung nicht teurer sein als ein entsprechender Diesel-Golf, das meistverkaufte Auto im Land. Wobei es den natürlich noch geben werde. Denn per Schalter-Umlegen werde die E-Mobilität nicht kommen.

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