Hyundai Sonata:Rückbesinnung auf die alten Stärken

Das Top-Modell von Hyundai glänzt mit einer guten Ausstattung zu unveränderten Preisen

(SZ vom 15.07.1998) Zuwachsraten, die in die Höhe schossen wie die Fernseheinschaltquoten von ARD und ZDF während der Fußballweltmeisterschaft - davon können die koreanischen Automobilhersteller nur noch träumen. Als sie vor einigen Jahren den deutschen Markt zu erobern suchten, waren jährlich zweistellige Zuwachsraten noch an der Tagesordnung, doch inzwischen sind die Geschäfte in ruhigeres Fahrwasser geraten - knallig ist vor allem noch die Werbung. Auf dem heimischen Markt in Korea herrscht Absatzflaute, und auch Hyundai durchläuft eine heftige Krise. Die Firma will schlanker werden und mit einer aktuellen Modellpalette ihren Marktanteil ausbauen.

Dabei besinnt sich Hyundai auf alte Stärken zurück, die einst die japanischen und dann die koreanischen Hersteller auszeichneten: gut ausgestattete Autos zu günstigen Preisen anzubieten. Den nächsten Schritt auf diesem Pfad der Bescheidenheit macht der neue Sonata, der im Oktober nach Deutschland kommt. Das Top-Modell der Hyundai-Flotte ist ein grundsolides Auto, das allerlei Annehmlichkeiten für verhältnismäßig wenig Geld (die 2,0-Liter-Basiversion kostet 36 390 Mark, der 3,0-Liter-Sechszylinder 44 390 Mark) bietet. Ford statt BMW, VW statt Mercedes

Nicht enthalten ist in diesem Preis allerdings ein ideeler Wert, der gerade für deutsche Autokäufer in bestimmten Marktsegmenten wichtig sein kann: Prestige. Das hatten die Marketingexperten nicht bedacht, als sie den Sonata gegen Konkurrenten aus den Häusern BMW und Mercedes-Benz oder gegen den Audi A6 zu positionieren versuchten. Das konnte nicht gut gehen - und so pendelten die Verkaufszahlen bei etwa 1000 Einheiten pro Jahr. Mit dem neuen Sonata soll nun alles anders, und vor allem besser werden: Rund 1500 Exemplare sollen verkauft werden, und als Wettbewerber hat man Autos wie den Ford Mondeo oder den VW Passat im Visier - Mittelklasse eben.

Doch wenn man die Ansprüche zurückschraubt, muß das kein Nachteil sein, wie erste kurze Fahrten zwischen Schlangenbad und Bärstadt mit dem neuen Sonata zeigten. Schon vom Design her ist die vierte, 4,71 Meter lange Generation ein Schritt in die richtige Richtung: weg vom Allerweltsdesign hin zu ein bißchen mehr Eigenständigkeit. Die markantere Linienführung auf den Seiten, das durch eine gewölbe Querlinie unterteilte Heck mag man als schön empfinden oder nicht - besser als beim alten Sonata ist die Optik auf jeden Fall. Im Innenraum herrscht Sachlichkeit vor: Der Kunststoff sieht etwas freudlos aus, riecht aber nicht unangenehm, je nach Ausstattungsvariante verbreitet Holzimitat ein bißchen Wohnlichkeit. Praktisch ist das Sonata-Interieur auf jeden Fall: Es gibt ausreichende Ablagemöglichkeiten, sogar an so nützliche Dinge wie eine Extra-Steckdose für das Handy in der Mittelkonsole hat man gedacht. Was allerdings - zumindest für Fahrer mit europäischen Körpermaßen - verbesserungsbedürftig ist, sind die Sitze: zu weich, und wie man sie auch einstellt, nie richtig bequem.

Zu weich und teigig, das gilt auch für die Lenkung: Sie hinterläßt vor allem in der Mittellage einen schwammigen Eindruck. Und weil wir schon beim Mäkeln sind: Federung und Dämpfung melden zwar nicht durch Nicken oder Wanken, aber durch häßliche Poltergeräusche sogar jeden glatt eingelassenen Kanaldeckel an die Insassen weiter - so als ob man sein Ohr direkt im Stoßdämpfer hätte. Aber die zur Verfügung stehenden Autos stammten aus der Vorserie, und Hyundai gelobt mit anderen Stoßdämpfern und Reifen für Europa Besserung.

An den beiden Motoren gibt es wenig auszusetzen: Der 2,0-Liter-Vierzylinder leistet 100 kW (136 PS), will aber fleißig geschaltet werden. Die Beschleunigung von Null auf 100 km/h dauert 9,6 Sekunden, der Vortrieb endet bei 200 km/h. Genauso schnell ist der 2,5-Liter-V6-Motor (118 kW/160 PS), der den Spurt drei Zehntel schneller erledigt. Über den Verbrauch liegen keine Angaben vor, aber die schärfste Abgasnorm D4 wird erfüllt.

Noch nicht ganz klar sind die genauen Ausstattungsvarianten: Aber voraussichtlich werden zwei Airbags, ABS, Traktionskontrollsystem, Seitenairbags und Klimaanlage zur Serien gehören, wobei die Preise nicht angehoben werden sollen. Wer sich derlei Sicherheits- und Komfortdetails von einem deutschen Hersteller leisten will, muß schnell 10 000 Mark mehr investieren. Kein außergewöhnliches, aber ein reelles Auto bringt Hyundai mit dem Sonata IV nach Europa - keine schlechte Voraussetzung, um zusätzliche Käufer an die Marke zu binden. Im Herbst wollen die Koreaner einen Schritt weitergehen: Auf dem Pariser Salon wird der neue Grandeur Premiere feiern, der auf die Oberklasse zielt. Ob das gut geht?

Von Otto Fritscher

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