Hybridantriebe:Zwei Motoren, eine Zukunft

Entgegen ihrer anfänglichen Skepsis setzen die deutschen Premium-Autohersteller vermehrt auf die Koppelung von Verbrenner und E-Motor. Ob der Aufwand lohnt, bleibt fraglich.

Michael Specht

Viel mehr als ein müdes Lächeln hatten die Entwicklungsvorstände der deutschen Autohersteller in den vergangenen zehn Jahren nicht übrig, wenn es um das Thema Hybrid ging. Zu teuer sei der Antrieb, zu schwer, zu aufwendig und aus Umweltsicht eigentlich kompletter Blödsinn. "Wir machen das hauptsächlich, weil der Kunde dies von uns erwartet", sagte Audi-Entwicklungschef Michael Dick noch vor gut einem Jahr.

Porsche Panamera S Hybrid

Die Kraft der zwei Herzen: Der neue Porsche Panamera S Hybrid setzt auf ein paralleles Antriebssystem. Gesamtleistung: 380 PS

(Foto: Porsche)

Doch es ist der Hybrid, der momentan als sexy gilt. In der öffentlichen Wahrnehmung steht er für ökologisches Denken, für umweltfreundliches Autofahren und für nachhaltige CO2-Reduzierung. Und nicht zuletzt zwingt Brüssel durch strenge Vorgaben immer niedrigerer Flottenverbrauchswerte die Autobranche zum Umdenken.

Unter den deutschen Herstellern begannen zunächst Mercedes und BMW, zaghaft umzudenken. Im Sommer 2009 präsentierten die Stuttgarter eine S-Klasse, in der sich ein Sechszylinder die Arbeit mit einem E-Motor teilt. Als Verbrauch gibt das Werk 7,9 Liter an. Technisch gilt der Wagen als sogenannter Mild-Hybrid, weil er weder elektrisch anfahren noch sich ausschließlich mit Strom bewegen kann.

Nach dem gleichen Prinzip funktioniert der Siebener-BMW. Kein Wunder, beide Unternehmen haben beim Hybridmodul eng zusammengearbeitet. Die Münchner kombinieren die E-Maschine allerdings mit einem Achtzylinder und setzen auf mehr Sportlichkeit. Zudem sieht BMW den größten Absatzmarkt in den USA.

Die Ehre, Deutschlands ersten Full-Hybrid auf die Straße gebracht zu haben, gebührt Volkswagen. Mit der zweiten Generation des Geländewagens Touareg lassen sich nicht nur einige Kilometer rein elektrisch zurücklegen, der Verbrennungsmotor schaltet sich bis zu einer Geschwindigkeit von 160 km/h auch augenblicklich aus, sobald nur leicht vom Gas gegangen wird.

Die teuerste Art, Kraftstoff zu sparen

VW-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg bezeichnet diesen Fahrzustand als Segeln. Trotz seiner 2,2 Tonnen Gewicht soll das SUV im EU-Zyklus nur 8,2 Liter konsumieren. Gleiche Werte gelten übrigens für den technisch identischen Porsche Cayenne. Beide Modelle wurden gemeinsam entwickelt. Porsche nutzt die Technik seit kurzem auch im Panamera und preist ihn mit einem Verbrauch von 7,1 Liter als "sparsamsten Porsche aller Zeiten" an.

Der technische Aufwand für die Spritersparnis ist enorm. Neben dem Verbrennungsmotor stecken unter dem Blech eines Hybriden mindestens eine Elektromaschine, eine zusätzliche, große Batterie und eine komplizierte Steuerungselektronik. Bis zu 200 Kilogramm Mehrgewicht bringt das ein.

Die größte Herausforderung für die Ingenieure besteht darin, die gesamte Technik so perfekt miteinander in Einklang zu bringen, dass der Autofahrer nichts davon spürt. Weder, wenn ein Gang wechselt, noch wenn sich der Verbrennungsmotor zuschaltet. Für Audi-Mann Dick ist das Ganze daher auch "die teuerste Art, Kraftstoff zu sparen".

Dennoch sind die Ingolstädter in Sachen Hybrid plötzlich sehr engagiert. In wenigen Wochen startet mit dem Q5 ihr erster Serien-Hybrid. Der Zweiliter-Turbobenziner im Q5 leistet 211 PS und 350 Newtonmeter Drehmoment. Weitere 44 PS und 130 Nm steuert die E-Maschine bei. Dabei war es Audi wichtig, einen möglichst hohen elektrischen Fahranteil zu erreichen. Das Hybrid-SUV fährt bis zu 100 km/h mit Strom und kann mit 60 km/h etwa drei Kilometer per Batterie zurücklegen.

Ende des Jahres folgt dann der A6 Hybrid, Anfang 2012 schließlich der A8 Hybrid. Auch hier steckt der 2.0 TFSI unter der Haube. Bedenken, der Kunde könnte besonders im noblen A8 das Gefühl haben, über zu wenig Zylinder, Hubraum und Kraft zu verfügen, wischt Projektleiter Uwe Haller vom Tisch. "Dem Fahrer steht eine Systemleistung von 245 PS und 480 Nm zur Verfügung."

Ein Hybridkäufer ist Überzeugungstäter

Lediglich 6,2 Liter soll der Hybrid-A8 verbrauchen, der A6 sicher noch ein paar Zehntel weniger. Audi war es wichtig, damit nicht nur deutsche Gegner zu deklassieren, sondern auch die Toyota-Tochter Lexus - bislang der Maßstab unter den Full-Hybrid-Limousinen.

Einen außergewöhnlichen Weg beschreitet Mercedes. Schon Ende dieses Jahres wird der E 300 BlueTec Hybrid vorgestellt. Als einziger in der Klasse kombiniert er Diesel- und Elektromotor. Eine weitere Verbesserung des modular aufgebauten Gesamtsystems, so sagt Mercedes, werde den Verbrauch auf 4,1 l/100 km reduzieren.

Die Entwickler versprechen ebenfalls Segeleigenschaften. Experten kritisieren bei der Diesel-Hybridtechnik allerdings ausufernde Kosten und zusätzliches Gewicht. Selbstzünder sind schwerer und kosten wegen der hohen Einspritzdrücke und der aufwendigen Abgasreinigung erheblich mehr als Benzinmotoren. Zudem beweisen schon heute im Markt befindliche Dieselaggregate in dieser Fahrzeugklasse, dass sie fast genauso sparsam sein können. BMW gibt seinen 520d mit 4,9 Liter pro 100 Kilometer an.

Was die Hybridtechnik die deutschen Autobauer jeweils kostet, will keiner verraten. Die Summe dürfte im hohen dreistelligen Millionenbereich liegen und muss über sehr kleine Stückzahlen abgeschrieben werden. Da wundert es wenig, dass die Aufpreise für den Kunden deftig sind und bisweilen knapp 20.000 Euro erreichen.

Als Hybridfahrer sollte man also gar nicht erst auszurechnen versuchen, ab welcher Kilometerleistung sich der Ökoantrieb lohnen könnte. Das Ergebnis frustriert nur. "Der Hybridkäufer ist Überzeugungstäter", weiß Jochen Böhle, Projektleiter Touareg-Hybrid, "er kauft aus Imagegründen und freut sich, im Yacht- oder Golfclub davon erzählen zu können."

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