Hybridantrieb:Eine Frage des Prinzips

Warum die Zukunft der automobilen Mobilität dem Hybridantrieb gehört und Toyota den richtigen Weg beschreitet - ein Diskussionsbeitrag

Heiko Barske.

Heiko Barske war von 1991 bis 1993 Bereichsleiter der Forschung bei VW und in dieser Funktion unter anderem mit der Hybrid-Entwicklung befasst.

Hybridantrieb: Vorteil Prius 3: Das herkömmliche Getriebe wurde hier durch einen Planetensatz ersetzt - das spart Kosten und Gewicht.

Vorteil Prius 3: Das herkömmliche Getriebe wurde hier durch einen Planetensatz ersetzt - das spart Kosten und Gewicht.

(Foto: Toyota)

Ein Blick auf die Realität (und das eigene Verhalten) zeigt, dass ein Käufer sein Auto unter Berücksichtigung des ihm als vertretbar erscheinenden finanziellen Aufwandes nicht in Abhängigkeit von Faktoren wie der mittleren Insassenbesetzung, der mittleren Fahrgeschwindigkeit oder der Reichweite, sondern nach seinem persönlichen Bedarf auswählt. Andernfalls hätten Fahrzeuge vom Zuschnitt des Smart wesentlich höhere Marktanteile.

Bei realistischer Betrachtung ist das reine Elektrofahrzeug daher, abgesehen vom Einsatz in Flotten, wegen der begrenzten Leistungsfähigkeit der Batterie und deren Kosten ein kleines Zweitfahrzeug für vorhersehbare Fahrten. Ob Städte wegen der schon bestehenden Parkprobleme und der Mindererträge für den ÖPNV daran ein Interesse haben, darf bezweifelt werden. Dass Elektrofahrzeuge, solange sie nicht mit regenerativ erzeugtem Strom betrieben werden, ökologisch nachteilig sind, sei am Rande angemerkt.

Derzeit stehen im Wesentlichen vier Antriebstechnologien im Fokus:

Von den deutschen Herstellern werden der mit großem Aufwand hinsichtlich Leistungsdichte, Abgasentgiftung und Verbrauchsminderung weiterentwickelte, direkt einspritzende Dieselmotor und - nach anfänglich totaler Ablehnung - ein Hybridkonzept (Hybridkonzept 1) favorisiert, bei dem in einem herkömmlichen Antriebsstrang (Verbrennungsmotor-Kupplung-Getriebe-Fahrzeug) zwischen Kupplung und Getriebe ein Motor/Generator eingefügt wird, mit dem Bremsenergie zurückgewonnen werden kann, die dann zum Vortrieb verfügbar ist. Ein solches ist von Honda seit vielen Jahren im Markt.

Einen ganz anderen Weg beschreitet Toyota mit dem im Prius nun bereits in dritter Generation eingesetzten und in weitere Modelle wie den kompakten Lexus eingebaute Hybridtechnologie (Prius-Konzept). Dabei wird das herkömmliche Getriebe durch einen einfachen Planetensatz ersetzt. Der Planetenträger wird vom Verbrennungsmotor angetrieben, dessen Außenrad über einen ersten Motor/Generator (MG1) mit dem Fahrzeug und dessen Sonnenrad mit einem weiteren Motor/Generator (MG2) verbunden ist. Dieser steuert die Übersetzung des Planetensatzes. MG2 läuft im Normalbetrieb als Generator, wobei die erzeugte elektrische Leistung von MG1 direkt zum Vortrieb genutzt wird.

Der Begriff Synergie ist äußerst angemessen

Renault wiederum schlägt für die Zukunft Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb vor, die entsprechend große und teure Batterien benötigen. GM will mit dem Ampera einen Elektroantrieb mit einem Range Extender (Range Extender Konzept) koppeln, einem Verbrennungsmotor, der dazu dient, entweder das Fahrzeug anzutreiben und/oder aber die Batterie nachzuladen.

Im Vergleich ist das Prius-Konzept nach meiner Einschätzung klarer Sieger: Der Ersatz eines konventionellen Automatikgetriebes, dessen Bauraum, Gewicht und Kosten mit einem Verbrennungsmotor vergleichbar sind, durch einen einfachen Planetensatz und den leistungsschwachen Motor/Generator MG2 sowie der Einsatz eines wirkungsgradoptimierten, einfachen Ottomotors halten Mehrgewicht und Mehrkosten in engen Grenzen - obwohl ein zusätzlicher Motor/Generator (MG1) und eine größere Batterie zum Einsatz kommen.

So ist der Toyota Prius, obwohl mit Keyless-go-System, Klimaanlage oder Navi ausgestattet, immer noch billiger als ein vergleichbar ausgestatteter, jedoch kleinerer VW Golf BlueMotion. Die mit hohen Spannungen arbeitende intelligente Leistungs- und Steuerelektronik steuert den Betrieb aller Komponenten so, dass Verbrauch, Fahrleistungen und Fahrkomfort optimiert werden.

Der häufig missbrauchte Begriff Synergie ist hier also angemessen. Durch das Zusammenspiel aller Komponenten wird erheblich mehr erreicht, als durch deren addierte Einzelwirkungen möglich wäre. Das Ergebnis ist insgesamt überzeugend:

Der Toyota Prius 3 ist ein Fahrzeug mit komfortablen Einstiegverhältnissen und einem großzügigen Raumangebot für vier Personen, wobei ohnehin fraglich ist, wofür ein Abstand zwischen den Vordersitzen von einem halben Meter, wie in Oberklassemodellen üblich, gut sein soll.

Die Bedienung ist außerordentlich einfach. Mit einem Joystick-artigen Hebel in der Schalttafel wird die Fahrstufe D eingelegt. Alles andere geschieht vollautomatisch, beeinflusst lediglich durch die Betätigung von Gas und Bremse. Das Fahrzeug fährt sich außerordentlich leichtfüßig, reagiert rasch, hat unten heraus viel Drehmoment und ist bis etwa 150 km/h sehr leise.

Plug-in nur mit besseren Batterien?

Das von manchen Journalisten kritisierte Motorgeräusch bei Volllast tritt psychologisch nachteilig vor allem deshalb in den Vordergrund, weil die Elektronik die Übersetzung beim Gasgeben sehr rasch und ohne spürbaren Ruck verstellt, wohingegen bei konventionellen Fahrzeugen dafür ein gesondertes Runterschalten erforderlich ist. Die Höchstgeschwindigkeit von 180 km/h ist angesichts der realen Verhältnisse im Straßenverkehr jedenfalls mehr als ausreichend.

Je nach Fahrprofil liegt der Verbrauch zwischen 3,5 und 5,0 Liter/100 km - konkurrenzlos für ein Fahrzeug dieses Zuschnitts, bei minimaler Umweltbelastung und -belästigung einschließlich reduzierter Feinstaubemission wegen des vorwiegend elektrischen Bremsens. Wer einen neben sich aus einem Parkhaus oder in einer Kolonne fahrenden Prius mit einem Dieselfahrzeug vergleicht, weiß, warum Toyota einen Otto-Motor einsetzt. Beim Umsteigen vom Prius in ein konventionelles Auto hat man bisweilen den Eindruck, von der zeitgemäßen Gegenwart direkt in die veraltete Vergangenheit der automobilen Mobilität umzusteigen.

Zusammenfassend ermöglicht die Prius-Technologie von Toyota, sich an dem Glaubenskrieg um zukünftige Antriebstechnologien nicht mehr zu beteiligen. Sollte es in der Batterietechnologie und im Prozentsatz des regenerativ erzeugten Stroms entsprechende Fortschritte geben, kann in der Prius-Technologie einfach eine größere Batterie eingesetzt werden, die - extern geladen - ein Fahren weitgehend ohne Verbrennungsmotor gestattet. Plug-in-Modelle sind in Erprobung. Sollte das nicht geschehen, so zeigt die Prius-Technologie einen Weg, individuelle Mobilität mit verbrennungsmotorisch betriebenen Fahrzeugen auch künftig zu ermöglichen.

Leider hat der Gesetzgeber mit der Flottenverbrauchslimitierung Rahmenbedingungen gesetzt, die wenig effizient zur Durchsetzung solcher Technologien sind. Die Gesetzgebung zwingt alle Hersteller in alle Marktsegmente und ermöglicht die Beibehaltung von Spritsäufern durch kostengünstige Zugabe von dann in der Praxis nur wenig nachgefragten Einfachstfahrzeugen. Effizient wäre es stattdessen, den Verbrauch jedes einzelnen Fahrzeugs (ähnlich wie dessen Schadstoffausstoß) in intelligenter Weise zu beschränken.

Was in der augenblicklichen Diskussion ganz außer Acht bleibt ist die Möglichkeit, sobald elektrische Energie in ausreichendem Maße verfügbar ist, durch Elektrolyse von Wasser Wasserstoff und aus dem Wasserstoff sowie aus Kohlendioxid flüssige Kraftstoffe herzustellen - unter Nutzung der Einnahmen aus eingesparten Emissionsrechten.

Auf diese Weise bliebe der hinsichtlich seiner Energiedichte konkurrenzlose flüssige Kraftstoff CO2-neutral für die Mobilität verfügbar und die für die Mobilität erforderliche Energie müsste nicht in teuren, schweren und sperrigen Energiespeichern mittransportiert werden.

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