Husqvarna:Auf neuem Kurs

Nach dem Einstieg von BMW hofft man bei der Traditionsmarke Husqvarna, endlich wieder erfolgreich Motorräder zu bauen.

Norbert Meiszies

Alles begann damit, dass 1903 ein Fahrrad mit einem 1,5 PS starken Einzylinder ausgerüstet wurde und stolze 50km/h schnell war. Das geschah genau drei Monate, bevor Harley-Davidson sein erstes motorisiertes Zweirad vorstellte. Also erhebt Husqvarna gerne den Anspruch, noch älter als die US-Konkurrenz zu sein. Geholfen hat dies der einst schwedischen Firma aber nicht immer. Zur wechselvollen Geschichte zählen zwar eine Unzahl an Weltmeistertiteln vor allem im Geländesport, aber auch die Übernahme durch den schwedischen Elektrokonzern Electrolux 1977, was fast das Ende der Motorradproduktion bedeutet hätte. 1987 folgte schließlich der Verkauf der Motorradsparte an die Cagiva-Group, beziehungsweise an die Brüder Gianfranco und Claudio Castiglioni. Damit verbunden war auch die Verlagerung der Produktion von Schweden nach Varese am Comer See. Aber auch unter der Führung der Italiener wollte es nicht richtig vorwärtsgehen, finanzielle Engpässe der Castiglionis führten letztendlich zum erneuten Verkauf.

Am 1. Oktober 2007 stieg BMW bei den Offroad-Spezialisten ein, die zuletzt jährlich fast 12000 Maschinen weltweit verkauft hatten. Die Münchner übernahmen Entwicklung, Vertrieb und Fertigung; in Cassinetta di Biandronno wurde im September 2009 ein neues Werk mit Produktionsstraßen, moderner Verwaltung, Design-, Entwicklungs- und Rennabteilung eröffnet. Bereits mehr als 25.000 Motorräder sind seither unter dem BMW-Dach gebaut und vor allem in Italien, Frankreich, Skandinavien und USA verkauft worden. Nach Deutschland kamen im Jahr 2009 rund 1300 Einheiten.

Und so wächst die Zuversicht auf eine endlich stabile Zukunft der Traditionsmarke von Tag zu Tag. Dafür aber ist bei Husqvarna kein Stein auf dem anderen geblieben, nahezu die komplette Belegschaft wurde ausgetauscht. "Ich bin einer der wenigen", erzählt Pressechef Martino Bianchi, "der von der alten Mannschaft übriggeblieben ist." Von den ehemals 223 Mitarbeitern musste ein Großteil das Unternehmen verlassen, heute stehen wieder mehr als 250 Menschen bei Husqvarna in Lohn und Brot. Und vor allem deren Qualifikation und Motivation stehen im Mittelpunkt. Früher hatte Husqvarna einen Krankenstand von elf Prozent, heute nur noch knapp ein Prozent.

Design aus Italien

Rücksicht auf italienische Befindlichkeiten gilt es dennoch zu wahren. "Es gibt einfach ein paar Positionen, die in italienischer Hand bleiben müssen", sagt Rainer Thoma, der von BMW-Motorrad kommt und das Unternehmen seit 2008 leitet. Dazu gehört zwingend die Designabteilung, in der Raffaele Zaccagnini das Sagen hat. Zaccagnini kommt von Aprilia, wo er an den Cross- und Supermoto-Modellen SXV und RXV maßgeblich beteiligt war. Momentan arbeitet er an einer neuen 450er für Gelände und Straße - und einer endlich wieder unverwechselbaren Husqvarna-Optik. Dazu gehört auch die Wiederentdeckung des traditionellen Husqvarna-Rot, das die weniger erfolgreiche Gelb-Blau-Phase ablöst.

Einer, auf den in Zukunft ebenfalls viel Arbeit zukommt, ist Ralf Kleid. Er ist für die Motorenentwicklung zuständig. Bis zum Rückzug von BMW aus der Formel 1 war er dort für die Triebwerke verantwortlich. Husqvarna sieht er dennoch nicht als Rückschritt, denn: "Die Reglementierung in der Formel 1 macht es extrem schwer, aus den Motoren auch nur ein PS mehr herauszuholen. Hier ist alles viel einfacher und aufregender."

Was Rainer Thoma und seine Crew besonders freut, ist die lange Leine, die ihnen die Münchner lassen: "BMW hat bisher 35 bis 40 Millionen Euro investiert. Trotzdem steht keiner hinter uns und will sofort Euros ernten." Und auf die Frage, wie lange man Zeit habe, um in schwarze Zahlen zu fahren, reagiert Thoma gelassen: "Husqvarna hat die letzten 106 Jahre überlebt, da wird man wohl auch noch die nächsten fünf Jahre abwarten können."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: