Honda Stream:Fließende Formen im Strom der Midivans

Innenraum überzeugt durch seine hohe Verwandlungsfähigkeit / Neues 2,0-Liter-Aggregat als Vorbote künftiger Motorenfamilien

(SZ vom 31.03.2001) Was ist ein Opel Zafira oder ein Renault Scénic für ein Auto? Klar, ein Coupé natürlich, was denn sonst. Wer bisher geglaubt hatte, dass zwei Türen und meistens vier Sitzplätze die Kennzeichen eines Coupés seien, wird von den Marketingexperten des japanischen Herstellers Honda nun eines Besseren belehrt: Sie definieren das neueste Geschöpf aus der Civic-Baureihe, den Stream, als siebensitziges Coupé. Dessen fließenden Formen und die schnittig nach hinten abfallende Dachlinie sind wohl die einzigen Merkmale, die sich dieses Auto von einem Coupé geschnappt hat, ansonsten ist es der neueste Vertreter im wachsenden Kreis der Kompaktvans. Eigentlich hätten die Honda-Kreativen solche Verrenkungen gar nicht nötig, wie sich bei einer ersten Begegnung mit dem Stream zeigte, denn der Neue braucht den Vergleich mit den Platzhirschen nicht zu scheuen.

Vor allem das Innenraumkonzept macht deutlich, warum der Stream in Japan zum Auto des Jahres 2001 gewählt worden ist: Die dritte Sitzbank, die sich normalerweise im Kofferraum versteckt, kann bei Bedarf aufgestellt werden - das können andere Kompaktvans auch. Aber beim Stream sind auch die Sitze in der mittleren Reihe verschiebbar, was den Durchstieg nach ganz hinten erheblich erleichtert - und zudem kann durch diese Variabilität die Beinfreiheit in der dritten Reihe den Erfordernissen angepasst werden. So können auch Erwachsene hinten vernünftig reisen - außer, sie sind über 1,80 Meter groß geraten. Dann setzt der Dachhimmel dem Komfort Grenzen: Der Stream ist nur 1,59 Meter hoch. Diese relative Kleinwüchsigkeit für einen Van resultiert aus der Bodengruppe, die teilweise mit der der Civic-Limousine identisch ist. Das Flat-Floor-Konzept ermöglicht eine niedrigere Bauhöhe und den Verzicht auf einen Mitteltunnel. Da auch der Schalthebel seinen angestammten Platz zwischen den Sitzen verlassen und auf einen Platz am Armaturenbrett umziehen musste, bleibt Raum für eine kleine Gasse, durch die man von der ersten in die zweite Sitzreihe gelangen kann - etwa zum hinten montierten Kindersitz.

Trotz seiner Familientauglichkeit wird der 4,57 Meter lange Stream in Japan von vielen Singles oder Paaren gekauft und als Transportmittel für die diversen Freizeitgeräte verwendet. Auch diese Aufgaben erledigt der Stream dank der Verwandlungsfähigkeit seines Innenraums problemlos. Von den Marktführern unterscheidet er sich vor allem durch die sportlichere Optik.

Damit die Fließgeschwindigkeit im Verkehr nicht zu langsam wird, hat Honda dem Stream zwei Motoren spendiert, die sich durch Drehfreudigkeit und gute Leistungen auszeichnen. Schon das Basisaggregat, ein 1,7-Liter mit 92 kW (125 PS) ermöglicht ausreichende Fahrleistungen (Vmax 190 km/h, Beschleunigung von Null auf 100 km/h in 11,1 Sekunden). Das Fahrverhalten des Stream ähnelt damit eher einem Sportboot als einem Dampfer. Der Motor zeigt zudem, dass kein Tropfen zu viel durch die Einspritzung fließt: Der Durchschnittsverbrauch beträgt 7,7 Liter Super auf 100 Kilometer - was bis zu einem Liter weniger als bei den Konkurrenten ist. Wer zügiger mitschwimmen will, ist mit dem neuen 2,0-Liter-Aggregat gut bedient, das 115 kW (156 PS) leistet. Dieser Motor mit dem Kürzel i-VTEC ist der Vorbote einer neuen Motorengeneration, die neben der bekannten variablen Ventilsteuerung nun auch über eine variable Nockenwellenverstellung verfügt. Diese Technik sorgt vor allem für mehr Drehmoment im unteren Drehzahlbereich. Der 2. 0i ist maximal 205 km/h schnell, spurtet in 9,3 Sekunden auf 100 km/h und verbraucht im Schnitt 8,6 Liter. Beide Motoren sind nach D4 eingestuft.

Zur LS-Ausstattung gehören zwei Front- und zwei Seitenairbags, ABS, Servolenkung, Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber rundum und Colorverglasung. Das Basismodell schlägt mit 37 970 Mark zu Buche, für den besser ausgestatteten ES sind 40 170 Mark fällig. Er hat zusätzlich Verzurrösen, eine Gepäckraumabdeckung und eine Klimaanlage. Der 2. 0-Liter-Motor wird nur als ES angeboten. Dafür gibt es dann Titan-Look und ein bisschen Chrom extra.

4000 Stream will Honda dieses Jahr bei uns verkaufen, 2002 sollen es 5000 werden. Angesichts des konkurrenzfähigen Preises, des sportlichen Fahrverhaltens und der Ausstattung werden die Japaner mit dem Stream wohl nicht im Trüben fischen.

Von Otto Fritscher

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: