Honda Jazz im Autotest:Honda Jazz: Raumwunder mit müdem Motor

Der Kleinwagen hat Platz wie ein Großer und ist dank magischer Sitze variabel wie ein Van. Doch beim Beschleunigen wird es zäh. Sehr zäh.

Test von Thomas Harloff

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Der neue Honda Jazz.

Quelle: Honda

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Jazz, das ist Groove und Improvisation. Jazz-Musik scheint nur wenigen Regeln zu folgen - und ist als Name für dieses Auto deshalb völlig ungeeignet. Denn alles am Honda Jazz ist durchdacht, folgt einer praktischen Bestimmung, erfüllt einen Zweck. Eher so wie bei synthetischer, bis ins Detail durchgestylter Popmusik von Taylor Swift, Justin Bieber oder Rihanna. Die hat meist absolutes Chartpotenzial. Das fehlt dem Honda noch, und das hat zwei Hauptgründe: Design und Motor.

Der Kofferraum des neuen Honda Jazz.

Quelle: Honda

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Ja, man kann dieses Auto hässlich finden. Warum sich bei dem Japaner ein zerfurchter, weit in die Höhe gewachsener Blechknubbel als Karosserie über die vier - zumindest optisch - zu klein geratenen Räder spannt, weiß man jedoch spätestens nach dem Einsteigen. Alles fühlt sich sehr luftig an im Honda Jazz, und zwar in alle Richtungen. Für Beine (speziell die der Fondpassagiere), Ellbogen und Köpfe ist so viel Platz wie in kaum einem anderen Auto der Vier-Meter-Klasse. Groß ist auch der Kofferraum. Der fasst 354 bis 1314 Liter. Das entspricht VW-Golf-Niveau - dabei ist der in seiner aktuellen Generation fast 30 Zentimeter länger als der Jazz.

Die Magic Seats des Honda Jazz.

Quelle: Honda

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Ungewöhnlicherweise befindet sich der Benzintank des Jazz unter den Vordersitzen. Was ein Randaspekt zu sein scheint, ist in Wahrheit die Basis für das, was Honda "Magic Seats" nennt und Jazz-Fahrer bei Bedarf zu kreativen Hobby-Spediteuren werden lässt. Denn die Rücksitze können nicht nur komplett nach vorn geklappt werden, wobei eine ebene Ladefläche entsteht, sondern die Sitzflächen lassen sich an die Lehne klappen, wie im Kino. Eine große Zimmerpflanze oder so manches Regal kann man somit aufrecht hinter den Vordersitzen stehend transportieren. Klappt man den Beifahrersitz nach hinten, finden zudem bis zu 2,48 Meter lange Gegenstände Platz im Jazz.

Der Touchscreen des neuen Honda Jazz.

Quelle: Honda

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Wenn die mal an der Inneneinrichtung kratzen - kein Problem, um das graue Plastik ist es nicht schade. Schick ist jedoch der Bereich um den zentralen Sieben-Zoll-Touchscreen mit seiner Klavierlack-Optik. Der Monitor fungiert von der mittleren, 1000 Euro teureren "Comfort"-Ausstattung an als Schnittstelle zwischen Auto und Fahrer. Die Menüführung mit App-Logik wirft kaum Fragen auf, Smartphone oder Tablet-Computer lassen sich per MirrorLink mit dem Jazz verbinden und deren Inhalte auf dem Bildschirm wiedergeben. Unschön ist jedoch die nicht genau definierte Intensität, mit der Touch-Befehle eingegeben werden sollen. Deshalb muss der Fahrer immer wieder prüfen, ob das Kommando auch umgesetzt wurde - was wiederum mehr als nötig vom Verkehr ablenkt.

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Quelle: Honda

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Nicht, dass der Honda Jazz im Höchsttempo über die Straßen jagen würde - dafür ist der offiziell 102 PS starke Motor zu schlapp. Was das in den unteren Gängen kurz übersetzte Getriebe in der Stadt noch kaschiert, kann der 1,3-Liter-Vierzylinder-Sauger außerorts nicht mehr überspielen: Angesichts des erst spät anliegenden und geringen Drehmoment-Maximums von 123 Newtonmetern fehlt es ihm schlicht an Durchzug, wobei höhere Drehzahlen den Jazz zwar lauter und durstiger (6,8 Liter im Test), aber nicht viel schneller machen. Dazu passt, dass das Fahrwerk eher komfortabel als agil abgestimmt ist. Allerdings ist der Abstimmungs-Kompromiss gelungen, dank seines geringen Leergewichts von nur gut einer Tonne fährt der Jazz bei Bedarf trotzdem flink um die Kurven.

Der neue Honda Jazz.

Quelle: Honda

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Positiv überrascht das Paket an elektronischen Assistenten. Die Basisversion hat bereits ein City-Notbremssystem. Bei der Comfort-Variante kommen Kollisionswarner, Spurhalteassistent und eine an den Tempomaten gekoppelte Verkehrszeichenerkennung hinzu, was den Jazz dazu befähigt, seine Geschwindigkeit automatisch an das jeweilige Tempolimit anzupassen. Durchdacht ist die in der höchsten Ausstattungslinie "Elegance" (ab 18 750 Euro) serienmäßige Rückfahrkamera, die nicht nur eine Normalansicht bietet, sondern bei Bedarf per Weitwinkel nach hinten blickt oder das Auto und seine Umgebung aus der Vogelperspektive zeigt.

Der neue Honda Jazz.

Quelle: Honda

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All das sind wahrlich keine Selbstverständlichkeiten in der Vier-Meter-Klasse. Die Ausstattungsmöglichkeiten und das Platzangebot - beides hat Kompaktklasse-Niveau - und die Variabilität eines kleinen Vans rechtfertigen auch die auf den ersten Blick selbstbewussten Preise. 15 990 Euro für die Basisversion, 1000 Euro mehr für die schon gut bestückte "Comfort"-Variante und 18 750 für die vollausgestattete "Elegance"-Version sind angesichts des Gebotenen fair kalkuliert. Führt man sich das vor Augen, swingt man mit dem Honda Jazz gut gelaunt durch den Verkehr. Nur beim Beschleunigen, da hat der Jazz den Blues.

Der neue Honda Jazz.

Quelle: Honda

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Technische Daten Honda Jazz 1.3 i-VTEC:

R4-Benzinmotor mit 1,3 Litern Hubraum; Leistung 75 kW (102 PS); max. Drehmoment: 123 Nm bei 5000/min; Leergewicht: 1066 kg; Kofferraum: 354 - 1314 l; 0 - 100 km/h: 11,2 s; Vmax: 190 km/h; Testverbrauch: 6,8 l / 100 km (lt. Werk: 5,1; CO2-Ausstoß: 120 g/km); Euro 6; Grundpreis: 15 990 Euro (18 750 Euro mit der getesteten Topausstattung "Elegance")

Das Testfahrzeug wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

© SZ.de/cag/ghe
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