Hochautomatisierte Fahrzeuge:Dobrindt legt ethische Grundsätze für autonomes Fahren fest

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Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hinter dem Steuer eines autonom fahrenden Audi-Prototypen. (Foto: Audi)
  • Verkehrsminister Dobrindt geht davon aus, dass das autonome Fahren die Zahl der im Verkehr Getöteten und Verletzten "drastisch reduzieren" kann.
  • Dennoch spricht er sich für einige klare Grundsätze aus und will eine Ethik-Kommission einsetzen, um diese auch umzusetzen.
  • Seit dem tödlichen Unfall eines Tesla-Fahrers bei eingeschaltetem Autopiloten ist eine erregte Debatte um das hochautomatisierte Fahren entbrannt.

Dobrindt will Ethik-Kommission einsetzen

Eine Ethik- Kommission unter Vorsitz des früheren Verfassungsrichters Udo di Fabio soll moralische Fragen bei der Einführung vollautomatisch fahrender Autos klären. "Da geht es darum, was die Algorithmen in den Fahr-Computern berücksichtigen müssen beziehungsweise was die Programmierer dürfen und was nicht", sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) der Bild am Sonntag. Die Kommission soll in seiner Behörde angesiedelt werden.

Dobrindt betonte zwei Grundsätze, die gelten müssten: "Sachschaden geht immer vor Personenschaden." Der Computer solle also bestrebt sein, vorrangig das Menschenleben und erst dann materielle Werte zu schützen. Außerdem betonte Dobrindt, dass es "keine Klassifizierung von Personen, etwa nach Größe oder Alter" geben dürfe. Dobrindt zufolge soll noch in diesem Jahr per Gesetzesänderung sichergestellt werden, dass automatische Systeme mit voller Kontrolle über ein Fahrzeug dem menschlichen Fahrer rechtlich gleichgestellt werden. Autofahrer sollen bei ordnungsgemäßer Nutzung des Autopiloten also keine Sorgfaltspflichtverletzung begehen und ihnen so keine zusätzlichen Haftungsrisiken entstehen können. Die Haftung für vollautomatisierte Systeme liege dann allein beim Hersteller.

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Von Joachim Becker, Thomas Fromm und Jürgen Schmieder

Debatte nach dem tödlichen Tesla-Unfall

Der erste tödliche Unfall eines vom Computer gesteuerten Autos des Herstellers Tesla hatte kürzlich die Debatte über die Vorteile und Risiken automatisierten Fahrens angeheizt. Obwohl der sogenannte Autopilot des Model S eingeschaltet war, geriet das Elektroauto ungebremst unter den Auflieger eines Lastwagens, der links abbog und deshalb quer zur Fahrbahn des Teslas unterwegs war. Dem Hersteller zufolge konnte die Kamera den weißen Truck nicht vom hell erleuchteten Himmel unterscheiden. Die als zusätzliches Sicherheitssystem installierte Radartechnologie habe den Lkw dagegen für ein hochhängendes Verkehrsschild gehalten.

In den Diskussionen geht es auch darum, ob Tesla seiner Technologie mehr zutraut, als sie zu leisten imstande ist - und demzufolge seine Kunden als Testfahrer missbraucht hat. Dem Zulieferer des Kamerasystems zufolge sei seine Technik zum jetzigen Zeitpunkt nämlich gar nicht in der Lage, ein hochautomatisiert fahrendes Auto zu unterstützen. Dennoch hat Tesla seine Technik offensiv als "Autopilot" beworben. Der kalifornische Hersteller rechtfertigt sich, die Fahrer seiner Autos stets darauf hingewiesen zu haben, dass sie jederzeit die Kontrolle und Verantwortung für das Fahrzeug behalten. Ihnen hätte auch bewusst sein müssen, dass es sich noch um eine Beta-, also eine Testversion des Systems handelt.

Dobrindt verspricht sich viel vom autonomen Fahren

Andere Autohersteller sind vorsichtiger bei der Einführung der Technologie. Sie bringen nach und nach Teilsysteme des hochautomatisierten Fahrens als elektronische Assistenten in Serie, beispielsweise als Unterstützung bei zähfließendem Verkehr, beim Einparken oder beim Spurwechsel. Selbst die sonst so forschen IT-Unternehmen Google und Apple, die beide an hochautomatisierten Fahrzeugen arbeiten, halten sich noch zurück - auch in der Außendarstellung.

Dennoch versprechen sich Experten viel von der Technologie, vor allem in Hinblick auf die Verkehrssicherheit. Auch Dobrindt ist überzeugt davon, dass automatisierte Fahrzeuge die Zahl an Unfällen, Verletzten und Toten "drastisch reduzieren" werden. Aber hundertprozentige Sicherheit könne "kein technisches System der Welt" garantieren. Eine "innovationsfreundliche Änderung des Straßenverkehrsgesetzes" solle noch dieses Jahr beschlossen werden, um vollautomatisiertes Fahren auf deutschen Straßen zuzulassen.

© SZ.de/dpa/afp/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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