Flugreise:Flug mit Handicap

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Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, werden oftmals von Flughafenmitarbeitern an Bord einer Maschine gebracht. Nicht immer ist es die richtige. (Foto: IMAGO/Pond5 Images)

Wer auf einen Rollstuhl angewiesen ist, benötigt meist Unterstützung beim Boarding. Zum richtigen Flugzeug gebracht zu werden, scheint mitunter Glückssache zu sein.

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Die Geschichte ist zu kurios, um sie nicht immer wieder mal in Erinnerung zu rufen. Wie jeder guten Komödie wohnt auch ihr eine kleine Tragödie inne: Vor Jahren hatte eine Sächsin telefonisch ein Flugticket gekauft. Sie wollte nach Porto, was sich in ihrem Dialekt genauso anhört wie Bordeaux. Der Mitarbeiter des Reisebüros hatte sie prompt missverstanden. So kam die Frau nicht, wohin sie wollte. Und wohin sie gekonnt hätte mit ihrem Flugschein, wollte sie nicht.

Sieht man einmal davon ab, dass sich nicht die Götter des Olymp eingemischt haben, sondern ein weniger glamouröses deutsches Amtsgericht die Sache geregelt hat, ist das ein Stoff für eine antike griechische Tragödie. In einer solchen geht es immer um eine schicksalhafte Verstrickung der Hauptfigur, was sie zu einer schuldlos Schuldigen werden lässt. Die Sächsin kann so wenig aus ihrer Haut wie Antigone. Insofern zielt jeder Einwand, sie hätte doch bloß deutlicher sprechen brauchen, ins Leere.

Als Tragödie antik-griechischen Ausmaßes wird es auch eine Reisende Ende Mai empfunden haben, dass sie nicht wie gewünscht nach Athen gelangen konnte. Und das, obwohl diese 83-jährige Frau sogar korrekte Reisedokumente hatte. Man hatte die im Rollstuhl Sitzende am Nürnberger Flughafen jedoch in ein falsches Flugzeug geschoben. Nach der Landung fand sich die Seniorin nicht in der griechischen, sondern in der albanischen Hauptstadt wieder.

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Die Erklärung eines Flughafen-Sprechers für dieses Versagen fiel beschämend aus. Er faselte etwas von einer unglücklichen Verkettung mehrerer Umstände und entblödete sich nicht, der Passagierin die Schuld zuzuweisen: Es habe unter anderem „Kommunikationsprobleme mit der nicht deutsch- oder englischsprachigen Kundin gegeben“. Ob nun aber sächsisch- oder anderweitig nicht deutschsprachige Kundschaft: Was genau ist schwierig bis unmöglich daran, einer Bordkarte zu entnehmen, zu welcher Maschine man eine gehandicapte Kundin bringen soll?

Erschreckend ist, dass sich die Umstände häufiger unselig verketten: Vor wenigen Tagen wollte ein Brite seinen Geburtstag mit Freunden in Spanien feiern. Die Partygäste waren rechtzeitig an der Costa Brava, nicht aber der Gastgeber und seine Frau. Auch sie wurden aufgrund von Handicaps von Flughafenmitarbeitern an Bord gebracht. Nach der Landung, so der Brite gegenüber der BBC, meinte er: „Sieht nicht aus wie Spanien.“ Wie auch: Er war in Litauen.

In Bristol scheinen sie es grundsätzlich nicht so genau zu nehmen damit, wer in welche Maschine geleitet wird, auch wenn die angeblich speziell ausgebildeten Mitarbeiter im vergangenen Herbst nur knapp danebenlagen: Damals wurden zwei ältere, auf den Rollstuhl angewiesene Passagiere statt nach Mallorca nach Menorca geflogen. Und anstatt die beiden Irregeleiteten einfach auf die Nachbarinsel überzusetzen, mussten sie zurück nach Bristol und von dort einen zweiten Versuch starten.

Da muss man beinahe von Glück sprechen, dass drei Passagiere im Rollstuhl, die nach Edinburgh wollten, vergangene Woche in Belfast einfach auf dem Rollfeld zurückgelassen worden sind. Sie hätten ja auch wer weiß wohin geflogen werden können.

Stefan Fischer feiert seinen Geburtstag grundsätzlich nicht auswärtig. (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))
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