Edda Müller beginnt ihren Vortrag mit Nettigkeiten. Sie erzählt vom ersten Auto ihrer Familie, einem Borgward. Lobt, der ADAC sei für sie früher "immer eine achtenswerte Institution" gewesen, "quasi die Selbsthilfeorganisation der Autofahrer". Doch dann liest Edda Müller, die Vorstandschefin von Transpareny International in Deutschland, dem ADAC die Leviten. Etwa 190 Delegierte sind zur Hauptversammlung nach Saarbrücken gekommen, um die Krise des größten deutschen Vereins aufzuarbeiten, die Enthüllungen über Manipulationen und fragwürdige Geschäftspraktiken ausgelöst hatten.
"Mit ein paar kleineren Reparaturen wird es auch nach Meinung der Reformer im ADAC nicht getan sein", sagt sie. "Grundlegende Reformen auf allen Ebenen des ADAC sowie in den Bereichen des Haupt- und Ehrenamtes" seien notwendig.
In ihrer Eigenschaft als Mitglied des neuen, vierköpfigen ADAC-Beirates kritisiert Müller unter anderem das Finanzgebaren des Automobilclubs. Der Umstand, dass dieser 3,5 Milliarden Euro auf der hohen Kante horte und jährlich 670 Millionen Euro an Mitgliedsbeiträgen einnehme, obwohl die Pannenhilfe nicht einmal die Hälfte dieser Summe koste, werfe zwei Fragen auf: "Wer ist hier wem untergeordnet, der ideelle Vereinszweck der gewinnbringenden Wirtschaftstätigkeit, oder umgekehrt?" Und zweitens: Welchen Zwecken dient das Vereinsvermögen? Müller hätte es auch flapsiger formulieren können: Was, lieber ADAC, willst du in Zukunft sein - ein idealer Verein für deine Mitglieder zu sein oder ein profitmaximierendes Wirtschaftsunternehmen?
Nach Lesart der Transparency-Chefin hat der ADAC massive Strukturprobleme. Dass die Manipulationen bei der Wahl zum Lieblingsauto der Deutschen und andere Affären das Fehlverhalten Einzelner gewesen seien - geschenkt! "Persönliches Fehlverhalten hat selten rein individuelle Ursachen", sagt Müller. "Es gedeiht immer dann, wenn ein fruchtbarer Nährboden vorhanden ist."
Edda Müller ( im Beirat zusammen mit dem Unternehmer Jürgen Haereus, dem ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes Hans-Jürgen Papier und dem Politikwissenschaftler Rupert Strachwitz) fordert den ADAC dazu auf, Verbraucherschutzaufgaben "von jeder Form von Wirtschaftsinteressen freizuhalten". Die Prämierung von Werkstätten etwa sei unglaubwürdig, solange der ADAC selbst Vertragswerkstätten unterhalte. Scharf kritisierte sie zudem die "aggressiven Formen der Mitgliederwerbung bis hin zu Fangprämien für Jugendliche, die noch keinen Führerschein haben". Glaubwürdige Verbraucherschützer machten so etwas nicht.
Als "schwierigste Herausforderung" bezeichnet sie es, Demokratie im Verband selbst herzustellen. Erfolgreiche Organisationen würden dazu neigen, die Bodenhaftung zu verlieren und ein ungutes Eigenleben zu entwickeln.
Exklusiv Neue Vorwürfe gegen Autoclub:"Die ärmsten Schweine im ADAC"
Der Automobilclub versucht im großen Stil, eigene Leistungen auf andere Versicherungen abzuwälzen. Die schlecht bezahlten Partnerunternehmen bekommen aber so wenig fürs Abschleppen, dass viele ums Überleben kämpfen. Dabei versucht der ADAC doch gerade, sein Image zu polieren.
Fazit von Edda Müller: "Im notwendigen Reformprozess des ADAC" sei "noch eine längere Wegstrecke zurückzulegen." Der Beirat wolle den Klub dabei unterstützen.