H-Kennzeichen:Diese Achtziger-Jahre-Autos sind jetzt Oldtimer

Porsche 964, BMW 5er E34, VW Passat B3: Einigen sehr unterschiedlichen Autos von 1988 dürfen jetzt das begehrte H-Kennzeichen tragen. Manche sind heute echte Schnäppchen, andere teurer denn je.

Von Thomas Harloff

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Schmuckstück als Steuertrick - Im Oldtimer dem Fiskus davonfahren

Quelle: dpa-tmn

Verabschiedet sich ein Arbeitnehmer in die Rente, gibt es kurze Ansprachen und E-Mails mit warmen Worten, ein paar Händedrucke und vielleicht einen Blumenstrauß. Als Privileg gibt es beim Übertritt in die neue Lebensphase vor allem: Zeit. Für Autos gibt es beim Erreichen des Renten- beziehungsweise Oldtimeralters das H-Kennzeichen und so einige Privilegien: Eine pauschale und sehr günstige Kfz-Steuer von knapp 192 Euro, angenehme Versicherungstarife, freie Einfahrt in Umweltzonen, um die wichtigsten zu nennen. Dafür muss das Gefährt aber auch ordentlich in Schuss sein, und Veränderungen wie Tuningmaßnahmen sind lediglich im überschaubaren Umfang und in zeitgenössischer Weise erlaubt.

Doch Moment: 30 Jahre? Vor 30 Jahren war... 1988! Stimmt, einige Modelle, die noch vor ein paar Jahren zuhauf die Straßen und Kiesplätze zwielichtiger Gebrauchtwagenhändler bevölkerten, kommen sind jetzt im H-Kennzeichen-fähigen Alter. Die zehn wichtigsten stellen wir vor.

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BMW 5er E34

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Quelle: eb.andriuolo

3er E30, 7er E32, später noch der Z1-Roadster und das Luxus-Coupé der 8er-Reihe: In den späten Achtzigerjahren erreichte das BMW-Design sein höchstes Level. Das stilistische Meisterwerk dieser Epoche war die dritte Generation des 5ers, Werkscode E34, der von Ercole Spada gezeichnet und Designchef Claus Luthe verantwortet wurde. Spada gelang eine perfekt proportionierte, schnörkellose, gleichzeitig elegante und dynamische und auch heute noch zeitgemäß aussehende Limousinen-Silhouette. Wie ein Auto-Rentner wirkt dieser 5er jedenfalls nicht.

Und keineswegs fährt er wie ein solcher. Dem Fahrwerk gelingt souverän der Spagat zwischen Komfort und Sportlichkeit, die Sechszylindermotoren sind für ihre harmonische und kräftige Leistungsentfaltung ebenso bekannt wie für ihre Langlebigkeit. Einen Vierzylinder gab es auch, im 518i, genau wie einen erst 315 und später 340 PS starken M5 und eine V8-Variante. Und Diesel sowie Allradantrieb. Aber den wahren Geist dieser BMW-Ära vermittelt ein heckgetriebener 520i, 525i oder 530i der ersten, bis 1992 gebauten Serie am besten. Für 4000 bis 5000 Euro hält der Markt einige gute Exemplare bereit.

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VW Passat B3

Passat 1988

Quelle: Volkswagen AG

In der gutbürgerlichen Mittelklasse lebte 1988 das Duell zwischen Volkswagen und Opel neu auf. VW legte im Frühjahr mit dem Passat der dritten Generation vor. Die Baureihe erwarb sich viel Lob für ihre gute Raumökonomie, ordentliche Qualitätsanmutung, klasse Aerodynamik, überdurchschnittliche Sicherheitsausstattung und ausgeprägte Langlebigkeit. Sie musste aber auch Spott ertragen und wurde mangels Kühlergrill abschätzig Nasenbär genannt. Dass die Stufenheckvariante hintenrum etwas pummelig aussah, machte die Sache nicht besser. Die Kombiversion mit dem traditionellen Beinamen Variant war harmonischer gestaltet - und verkaufte sich deutlich besser.

Im derzeitigen Angebot der Gebrauchtwagenbörsen spiegelt sich dieses Missverhältnis nicht unbedingt wieder. Die Limousinen sind hier gut vertreten - und ziemlich günstig. Es ist kein Problem, einen ordentlichen B3 mit den zwischen 75 und 115 PS leistenden 1,6-, 1,8- oder 2,0-Liter-Vierzylindern für weniger als 2000 Euro zu finden. Reizvoller sind die Topversionen G60 mit aufgeladenem Vierzylinder und 160 PS und VR6 mit 2,8 Litern Hubraum und 174 PS. Doch das Angebot an diesen Modellen ist rar und das Preisniveau entsprechend höher. Aber mal ehrlich: Eine robuste 90-PS-Maschine passt doch viel besser zu dieser Passat-Generation als ein überkandidelter Sechszylinder.

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Opel Vectra A

Endlich 30 - Diese Autos dürfen 2018 das H-Kennzeichen bekommen

Quelle: dpa-tmn

Etwa ein halbes Jahr lang hatte der Passat mit dem Opel Ascona C, der inzwischen doch arg aus der Mode geraten war, leichtes Spiel. Im Herbst 1988 startete mit dem Vectra A ein deutlich härterer Konkurrent für den Volkswagen. Der Vectra vermochte zwar nur wenige Emotionen zu wecken, sah aber viel moderner aus als sein Vorgänger und war deutlich praktischer konzipiert. Vorteil gegenüber dem Passat: Er war billiger und konnte auch deshalb anfangs einige Vergleichstests in der Fachpresse gegen ihn gewinnen. Das wirkte sich vorteilhafter auf das Image aus als das Motorenangebot, das erst spät im Modellzyklus durch einen Turbo-Vierzylinder und ein V6-Triebwerk ergänzt wurde.

Dass der Vectra dann doch nicht ganz auf Passat-Niveau fuhr, zeigte sich später. Viele Autos rosteten stark und schnell, hatten verschleißfreudige Bremsen, rumpelnde Vorderachsen und eine anfällige Elektrik. Entsprechend schnell schrumpfte das Angebot, weshalb es gar nicht so einfach ist, unter vielen erstaunlich geschmacklosen Tuning-Basteleien einen Vectra aus pflegender Rentnerhand zu identifizieren. Etwa 2500 Euro sollte einem das wert sein, wobei kurz vor dem Modellwechsel 1995 produzierten Exemplaren aufgrund ihrer geringeren Rostanfälligkeit klar Vorzug zu gewähren ist.

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Renault 19

Endlich 30 - Diese Autos dürfen 2018 das H-Kennzeichen bekommen

Quelle: dpa-tmn

Es gab eine Zeit, da war Renault Deutschlands erfolgreichste Importmarke und baute Deutschlands beliebtestes Importauto. Es ist ungefähr ein Vierteljahrhundert her und das beschriebene Modell hieß schlicht Renault 19. Es war eine Zeit, in der sich die Franzosen nicht selbst am Design versuchten, sondern einen italienischen Könner wie Giorgio Giugiaro die Karosserie zeichnen ließen. Und in der französische Autos noch durch guten Fahrkomfort hervorstachen und mit hoher Verarbeitungsqualität sowie gutem Raumangebot überzeugten.

Bis 1996 verkaufte Renault allein in Deutschland 460 000 Exemplare des R19. Die meisten davon als Drei- und Fünftürer mit Fließheck, ein paar auch als Stufenhecklimousine und Cabrio. Überlebt hat leider kaum einer. Und wenn, dürfte kaum eines der im Unter-2000-Euro-Bereich angesiedelten Angebote gut genug in Schuss sein, um für ein H-Kennzeichen infrage zu kommen. Schade eigentlich.

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Fiat Tipo

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Quelle: FCA Fiat-Chrysler

Noch trauriger sieht die Lage beim Fiat Tipo aus. Der Markt hält nur wenige Autos bereit. Und die, die es gibt, befinden sich in einem erbärmlichen Zustand. Das ist natürlich erklärbar, wenn auch nicht durch frühzeitiges, von Rost verursachtes Ableben. Der Tipo war dank serienmäßig verzinkter Karosserie ordentlich gegen Blechfraß geschützt. Auch das tolle Raumangebot und die reichhaltige Ausstattung waren Argumente genug, um sich in den späten Achtzigern und frühen Neunzigern für den kantigen Italiener zu entscheiden.

Es waren eher andere Dinge, die Tipo-Besitzer irgendwann entnervt aufgeben und obskure Händler die Autos für wenig Geld in Dritte-Welt-Länder verschiffen ließen. Zuvorderst Qualitäts- und Verarbeitungsmängel, aber auch eine fehlerhafte Elektrik, schnell ermüdende Getriebe oder störanfällige Radlager. Und so müssen Menschen, die heute Fiat Tipo fahren wollen, auf das aktuelle, seit 2016 verkaufte Modell zurückgreifen. Ein vernünftiges Auto, ganz gewiss, nur nicht ansatzweise so charmant wir der Kasten von 1988.

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Audi Coupé

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Quelle: Audi AG

Bevor Missverständnisse aufkommen: Die späten Achtziger waren nicht ausschließlich von Effizienz, Praktikabilität und Vernunft geprägt. Autos fürs Herz waren durchaus angesagt, aber bezahlbar sollten sie sein. Es gab also einen Markt für Modelle, bei denen sich unter einer mehr oder weniger aufregenden zweitürigen Karosserie brave Großserientechnik befand. Beim Audi Coupé von 1988 war das so, das Innenleben lieferte der zwei Jahre zuvor eingeführte Audi 80 B3. Die enge Verwandtschaft ist auf den ersten Blick zu sehen, weshalb das Coupé ein ähnlich dralles Erscheinungsbild auszeichnet wie die Limousine.

Überhaupt nicht brav haben die Audi-Strategen die Motorenpalette zusammengestellt. Keine Spur von den zähen Basismotoren des 80ers; beim Coupé ging es direkt mit zwei Litern Hubraum und 113 PS los. Richtig sportiven Charakter zeigten die Fünf- und Sechszylindervarianten und natürlich das Topmodell S2, das 1990 mit 220 PS und Allradantrieb auf den Markt kam und zwei Jahre später um weitere zehn PS erstarkte. Nach den Motoren richten sich Angebot und Nachfrage und damit der Preis. Während es kaum gute und unverbastelte S2 gibt und die feilgebotenen Exemplare gut 20 000 Euro kosten, gibt es die kleinen Vier- und Fünfzylinder im ordentlichen Zustand bereits ab 3000 Euro.

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VW Corrado

Corrado 1988

Quelle: Volkswagen AG

Auch Volkswagen hatte bereits erfolgreich kompakte Coupés am Markt etabliert: die beiden auf Golf-I-Basis entwickelten Scirocco-Generationen. Der ursprünglich als Scirocco-Nachfolger geplante Corrado wurde dann aber doch deutlich mehr als nur ein etwas rassigerer Golf-Ableger. Er war ein richtiger kleiner Sportwagen mit umfangreicher und durchaus luxuriös bestückter Serienausstattung und kräftigem Motor. 160 PS leistete der 1,8-Vierzylinder des Corrado G60 mit Hilfe eines riemengetriebenen Spiralladers. Eine VW-Spezialität, die aufgrund ihres Aussehens als G-Lader bekannt ist.

Doch die Technik war verschleißanfällig. Besonders dann, wenn sie stark beansprucht wurde. Hohe Drehzahlen bei niedrigen Betriebstemperaturen waren Gift für den G-Lader, was viele G60-Fahrer entweder nicht wussten oder schlicht ignorierten. Vom Zustand des Laders hängt beim ansonsten zuverlässigen VW-Coupé demnach Vieles ab. Wer einen Corrado sucht, sollte entweder zu einem Saugmotormodell greifen, die allerdings in der Minderheit und entsprechend teuer sind. Oder die Lader-Historie des Wunschautos, bei dem das teure Teil im Idealfall bereits getauscht oder zumindest überholt wurde, genau recherchieren. Kostenintensiv ist ein Corrado in jedem Fall: Es wird immer schwieriger, ein gutes Auto, das nicht zur Tuningsünde verballhornt wurde, für eine vierstellige Summe zu finden.

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Porsche 964

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Quelle: Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG

Es fällt aus heutiger Sicht schwer zu glauben, aber selbst Porsche hatte schwere Jahre zu durchleben, die schwersten in den späten Achtzigerjahren. Das hatte nicht nur mit Pech zu tun (wer konnte schon ahnen, dass kaum jemand den famosen 928 kaufen möchte), viele Probleme waren auch selbstverschuldet. Zum Beispiel jenes, die bereits 1973 eingeführte, als G-Modell bekannte 911-Generation viel zu lange kaum zu verändern. Das Interesse am traditionsreichen Sportwagen ließ eklatant nach. Nicht einmal das neu eingeführte Cabrio, der kompromisslose Speedster, zahllose technische Updates und die vielen Sonder- und Jubiläumsmodelle konnten das ändern. Es musste dringend ein neuer Elfer her, und er erschien 1988 endlich in Gestalt des 964.

Es war die erste große Zäsur in der Geschichte der Baureihe, die nur noch das grundlegende Technikkonzept und die formale Silhouette mit dem Ur-911 gemeinsam hatte. Ansonsten war alles neu: das Fahrwerk, der Motor, die grundlegende Ausrichtung. Der 964 sollte nicht mehr nur schnell sein, sondern auch zumindest ansatzweise komfortabel und alltagstauglich. Und er musste sparsamer und sauberer werden. Die markanteste Neuerung war aber der Allradantrieb, der anfangs Standard war. Erst ein Jahr nach Marktstart kam der heckgetriebene 964. Doch egal, ob heutige Interessenten zwei oder vier angetriebene Räder bevorzugen: 40 000 Euro sollten sie einkalkulieren - als unterste Preisgrenze.

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Alfa Romeo 164

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Quelle: FCA Fiat-Chrysler

Dann vielleicht doch lieber ein Zehntel dieser Summe ausgeben und statt eines absolut mehrheitsfähigen Sportwagens eine kaum bekannte Oberklasselimousine fahren? Warum nicht, obwohl es sich beim Alfa Romeo 164, nun ja, um einen Alfa Romeo handelt. Entgegen dem allgemeinen Markenimage ist der Viertürer keineswegs ständig kaputt. Jedenfalls dann, wenn er im Verlauf seines Autolebens gut behandelt und vorschriftsmäßig gewartet wurde. Das stellt die robuste Großserientechnik sicher, die auch im Lancia Thema, Fiat Croma und Saab 9000 zum Einsatz kam. Gerade Letzterer war nun wahrlich nicht für seine Unzuverlässigkeit bekannt. Auch Rost war kaum ein Thema: Die schick von Ferrari-Designer Pininfarina eingekleidete Karosserie war weitreichend verzinkt.

Stattdessen spricht viel für den großen Alfa. Gut, der Motor liegt quer im Bug und treibt die Vorderräder an, wie das sonst bei Allerweltsautos üblich ist. Ein Alleinstellungsmerkmal ist dagegen der herrliche Dreiliter-Sechszylinder, der Kennern als Arese-V6 geläufig ist - benannt nach der Stadt, in der Alfa seit den Sechzigern seine Autos baute. Der 164er ist schnell, und zwar nicht nur auf den Geraden, sondern auch in den Kurven. Und er ist eben kein Mercedes W 124, BMW 5er oder Audi 100, womit bereits ein Großteil jener Konkurrenten benannt wären, an denen die Italiener seinerzeit trotz großen Engagements nicht vorbeikamen. Dem Alfa Romeo 164 lässt sich das nicht vorwerfen. Im Gegenteil: Wer sich auch nur in Ansätzen für einen Individualisten hält, sollte sich gegen Süddeutschland und für Norditalien entscheiden.

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Audi V8

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Quelle: Audi AG

Wobei: Individualismus und Oberklasse geht auch dann zusammen, wenn man zu einem deutschen Modell greift. Jedenfalls dann, wenn es sich um einen Audi V8 handelt. Audi, damals eine Marke im Aufschwung, griff damit 1988 die Mercedes S-Klasse und den 7er BMW direkt an. Wenn auch ehrlicherweise etwas halbherzig, schließlich war der Neuling lediglich ein leicht ummodellierter, luxuriöser ausstaffierter Audi 200, der wiederum ein leicht ummodellierter, luxuriöser ausstaffierter Audi 100 war. Markeninternes Alleinstellungsmerkmal war der V8-Motor, der aus 3,6 Litern Hubraum 250 PS schöpfte und nach vier Jahren durch ein 280 PS starkes 4,2-Liter-Pendant ergänzt wurde.

Es lag weniger an den Motoren, dass der V8 mit nur gut 20 000 verkauften Exemplaren in sechs Jahren ein Misserfolg wurde. Klar, die großvolumigen Triebwerke der S-Klasse und des 7ers waren durchzugsstärker, außerdem gab es den Münchner bereits mit V12-Motor, genau wie den Stuttgarter kurze Zeit später. Den Erfolg verhinderte eher das gesamte Look and Feel des V8, das zu viele potenzielle Kunden zu sehr an schnöde Mittelklasse erinnerte. Und das damalige Markenimage der vier Ringe, das noch nicht ganz mit dem des Sterns oder Propellers vergleichbar war. Das hat sich längst gewandelt, weshalb der V8 heute ein interessanter Kauf sein kann. Wer ein wenig Mut beweist, kann für etwa 10 000 Euro das souveräne Fahrgefühl eines Autos erleben, das Kenner schätzen und dem durchaus Wertsteigerungspotenzial innewohnt.

© SZ.de/harl/mkoh/mane
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