Die deutschen Seehäfen verlangen von der neuen Bundesregierung erheblich größere Investitionen in den Ausbau des deutschen Schienennetzes - und zwar im Interesse des Klimaschutzes und der Zuverlässigkeit der aktuell extrem gestörten Lieferketten. "Wenn mehr Verkehr auf die Schiene soll, dann brauchen wir auch mehr Schiene", sagt Frank Dreeke, Präsident des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS). Notwendig sei nicht nur eine bessere Taktung des Güterverkehrs auf der Schiene, auch neue Strecken müssten gebaut werden.
Eine Verlagerung des Güterverkehrs von Lkws auf die Bahn gilt als ein wichtiger Baustein im Kampf gegen den Klimawandel: Je mehr Güter statt mit dieselgetriebenen Brummis auf mit Ökostrom fahrenden Zügen zum Ziel kommen, umso weniger Treibhausgas entsteht. Außerdem ist eine funktionierende Hinterlandanbindung eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Waren möglichst pünktlich beim Empfänger landen.
Neben der Zuverlässigkeit dürfte vor allem die CO2-Bilanz in der Transportkette künftig ein immer wichtigeres Kriterium für Kunden der Logistikwirtschaft sein. Zuspruch bekommt die Hafenwirtschaft vom Verband Allianz pro Schiene: "Die Forderung der Seehäfen nach höheren Investitionen in die Schieneninfrastruktur ist nur zu berechtigt", sagt deren Geschäftsführer Dirk Flege. "Jahrzehntelang ist das Schienennetz geschrumpft - das gab es bei keinem anderen Verkehrsträger, schon gar nicht bei der Straßeninfrastruktur."
Nach Berechnungen der Allianz pro Schiene ist das Schienennetz zwischen 1995 und 2019 um fast 15 Prozent geschrumpft. Zugleich sei aber der Personenverkehr um 41 Prozent und der Güterverkehr sogar um 83 Prozent gewachsen. "Das Gedrängel auf dem Schienennetz wird immer größer." Für ZDS-Präsidiumsmitglied Sebastian Jürgens ist daher klar: "Wir müssen echt Infrastruktur bauen, und zwar in ganz Deutschland." Andernfalls drohten den ohnehin unter internationalem Konkurrenzdruck stehenden deutschen Häfen Wettbewerbsnachteile.