Güterverkehr:Verkehrsministerium will weitere Strecken für Lang-Lkws freigeben

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Lang-Lkw, hier unterwegs in Sindelfingen, dürfen 6,50 Meter länger sein als normale Lastwagen. (Foto: dpa)
  • Das Bundesverkehrsministerium will mit einer neuen Verordnung weitere Strecken für Lang-Lkws freigeben.
  • Die Schienenlobby kritisiert das Vorhaben: Damit verlege sich der Gütertransport von der Schiene auf die Straße.
  • Es liegt der Vorwurf im Raum, das Ministerium nutze die letzten Tage der Legislaturperiode, um rasch noch "Fakten zu schaffen".

Von Marco Völklein

Der Dauerstreit um die Riesen-Lkws geht in eine nächste Runde. Das Bundesverkehrsministerium plant, weitere Autobahnen, Bundes-, Land- und Gemeindestraßen für die Benutzung durch die bis zu 25 Meter langen Lastwagen freizugeben.

Eine entsprechende Verordnung wurde in den vergangenen Monaten im Haus von bis vor wenigen Tagen amtierenden Verkehrsministers Alexander Dobrindt (CSU) erarbeitet. Am Freitag lief die Anhörungsfrist aus, bis zu der Verbände ihre Meinung zu der neuen Verordnung im Ministerium einreichen konnten.

Fahren Lang-Lkw bald im grenzüberschreitenden Verkehr?

Vor allem bei den Gegnern des Lang-Lkw-Programms kommt das Vorgehen des Ministeriums gar nicht gut an. Man habe mit dem Plan "bis nach der Bundestagswahl gewartet" und wolle nun "Fakten schaffen", sagt Dirk Flege von der Allianz Pro Schiene, einem Zusammenschluss von Eisenbahnergewerkschaften, Fahrgast-, Umwelt- und Verkehrsverbänden. Dobrindt ist als CSU-Landesgruppenchef nicht mehr im Amt, bis zur Ernennung eines Nachfolgers wird jedoch sein Parteikollege, der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Christian Schmidt, zusätzlich die Geschäfte des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur weiterführen.

Flege kämpft seit Jahren gegen die überlangen Lastwagen, schmäht sie auch als "Monster-Trucks" oder "Gigaliner". Aus seiner Sicht sind die Lang-Lkws eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer und sie verschaffen sie den Spediteuren im Wettbewerb gegen die Güterbahnbetreiber einen erheblichen Kostenvorteil. Die von vielen Politikern immer wieder geforderte Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene werde so konterkariert.

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Am Entwurf des Ministeriums stört Flege vor allem, dass das Streckennetz, auf dem die Lang-Laster erlaubt sind, weiter wachsen soll - unter anderem in Nordrhein-Westfalen, im Saarland und in Rheinland-Pfalz.

Zudem sollen weitere Autobahnabschnitte bis zu den Grenzen nach Belgien, Frankreich, den Niederlanden und Luxemburg freigegeben werden. In Holland und Belgien sind Lang-Lkws mit bis zu 60 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht unterwegs; in Deutschland liegt die Gewichtsgrenze bei 44 Tonnen. Noch verbietet die EU den grenzüberschreitenden Verkehr von Lang-Lkws; Flege vermutet, mit der Freigabe bis zur Grenze wolle das Ministerium "Fakten schaffen, um grenzüberschreitende Fahrten vorzubereiten".

Das Ministerium indes weist den Vorwurf zurück: Die Strecken seien von den Bundesländern beim Bund zur Freigabe angemeldet worden; diese Wünsche setze man nun um. Ohnehin waren Flege und seine Mitstreiter in der Vergangenheit wenig erfolgreich in ihrem Kampf gegen die langen Laster. 2012 war ein Großversuch gestartet worden, Ende 2016 hatte Dobrindt dann für einen Typ Lang-Lkw den unbefristeten Einsatz gestattet, für zwei Typen die Fristen verhängt.

Einer dieser Typen soll nun ebenfalls ohne weitere Befristung auf den Straßen rollen dürfen, laut Ministerium hätten "zwischenzeitlich durchgeführten Fahrversuche" gezeigt, dass "aus fahrdynamischer Sicht keine Bedenken gegen eine dauerhafte Zulassung dieses Typs bestehen". Kritiker wie der Automobil-Club Verkehr (ACV) in Köln sehen dennoch weiterhin Sicherheitsbedenken, etwa weil viele Nothaltebuchten in Straßentunneln nicht für die langen Trucks ausgelegt sind.

Zwei Fahrten im Lang-Lkw ersetzen drei Touren im normalen Laster

Die Befürworter indes verweisen darauf, dass nach Angaben des Verkehrsministeriums zwei Fahrten mit einem Lang-Lkw drei Fahrten mit herkömmlichen Lastwagen ersetzen. So könnten die Effizienz gesteigert und Kraftstoff gespart werden. Zudem werde dem Klima geholfen: Eine Studie im Auftrag des Landes Baden-Württemberg sowie des Lkw-Herstellers Daimler errechnete zuletzt eine Minderung des CO₂-Ausstoßes um elf Prozent, wenn man ein vergleichbares Ladungsvolumen in den 25 Meter langen Fahrzeugen transportiert statt in normalen Lkws.

Insgesamt aber prognostizierten die Autoren für 2030 nur eine minimale Absenkung der Emissionen im gesamten deutschen Güterverkehr um 0,22 Prozent durch die Lang-Lkws, auch weil andere Transportmittel stark bleiben. Die von Flege befürchteten Verlagerungseffekte weg von der Schiene, hin zur Straße seien "vergleichsweise gering", hieß es. Auch weil die Einsatzmöglichkeiten der Lang-Lkws beschränkt seien.

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Anm. d. Red.: In einer ersten Version dieses Textes stand, dass Alexander Dobrindt die Strecken für Lang-Lkws freigeben wolle. Am 24.10. jedoch verabschiedete Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Dobrindt aus seinem Amt. Bis zur Ernennung eines Nachfolgers wird der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Christian Schmidt, zusätzlich die Geschäfte des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur weiterführen.

© SZ vom 28.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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