GTÜ-Statistik:Die beliebtesten Oldtimer Deutschlands - und ihre Macken

Der Rost eint sie alle. Aber darüber hinaus hat jeder Autoklassiker - ob VW Käfer oder Mercedes SL - seine individuellen Schwachstellen. Zehn Oldtimer im Mängel-Check.

Von Thomas Harloff

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Mercedes 300 SL auf der Oldtimermesse Techno Classica

Quelle: dpa-tmn

Alte Autos sind ein beliebtes Hobby der Deutschen. Mehr als 540 000 Oldtimer - also Autos, die 30 Jahre oder älter sind - fahren auf den hiesigen Straßen, stehen liebevoll gepflegt in Sammlungen oder werden in einer Werkstatt auf ihr nächstes Leben vorbereitet. Die großen Saisonauftakt-Messen, die Retro Classics in Stuttgart und die Techno Classica in Essen, ziehen so viele Leute an wie nie zuvor. Es hat schon einen Grund, warum gepflegte Oldtimer als Kulturgut gelten und das "H" auf den Oldtimer-Kennzeichen für "historisch" steht.

Etwas überraschend ist, wie Mercedes-lastig die Oldtimerei hierzulande ist. Kein BMW und kein Audi liegt in den Top Ten einer Rangliste, die die Prüforganisation GTÜ (Gesellschaft für technische Überwachung) aufgestellt hat, aber gleich sechs Daimler-Modelle. Interessant ist zudem, was die dabei erhobene Mängelquote der GTÜ über die Klassiker - besonders über die mit Stern - aussagt.

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VW Käfer

VW Käfer Cabrio

Quelle: Volkswagen AG

Der Titel des beliebtesten Oldtimers geht aber mit großem Abstand an den VW Käfer. Mehr als 30 000 Exemplare des Heckmotor-Volkswagens sind in Deutschland mit H-Kennzeichen unterwegs. Doch vorbildhaft zuverlässig, das wissen seine Besitzer nur zu gut, ist das einstmals meistgebaute Auto der Welt nicht. Nur gut die Hälfte aller Käfer ist mängelfrei unterwegs, fast 20 Prozent weisen dagegen erhebliche Probleme auf und sind deshalb nicht verkehrssicher. Der Rest ist mit geringen Mängeln unterwegs. Das reicht allenfalls für einen Mittelfeldplatz in der GTÜ-Auswertung.

Besonders oft fällt der VW Käfer in der Kategorie "Umwelt" durch. Mit Volkswagens Abgasskandal hat das freilich nichts zu tun. Vielmehr sind damit Schwächen wie Ölverlust oder eine defekte Auspuffanlage gemeint. Außerdem machen die Beleuchtung und die Bremsanlage häufig Sorgen. Und natürlich der Rost. Wer einen Käfer kaufen möchte, sollte die Karosserie und die Bodengruppe penibel auf Korrosion prüfen. Kaum Probleme macht der Motor. Er läuft und läuft und läuft...

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Mercedes W 123

Mercedes Baureihe W 123

Quelle: Daimler AG

In gut zehn Jahren Bauzeit erwarb sich der W 123 den Status als meistgebautes Mercedes-Modell - und hat ihn bis heute behalten. Kein Wunder, dass viele der ursprünglich 2,7 Millionen Exemplare des E-Klasse-Vorläufers bis heute überlebt haben. Allerdings scheint der letzte Chrom-Mercedes den Übergang vom stark beanspruchten Alltags- zum gehätschelten Liebhaberauto noch nicht ganz bewältigt zu haben, denn der 123er ist das Schlusslicht der GTÜ-Auswertung. Nur 46 Prozent der Autos haben keine Mängel, dafür sind mehr als 20 Prozent nicht mehr verkehrssicher.

Auch der W 123 fällt besonders oft als Umweltsünder auf. Außerdem gibt es oft Probleme mit der Beleuchtung und der Elektrik sowie mit Fahrgestell, Rahmen und Karosserie. Rostnester gibt es viele beim Rekord-Mercedes, außerdem sind undichte und Öl verlierende Motoren und gerissene Abgaskrümmer ein wiederkehrendes Problem.

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Mercedes SL und SLC (R/C 107)

Mercedes SL Baureihe R 107

Quelle: Daimler AG

Noch eine ganze Weile länger hat Mercedes den SL-Roadster (Foto) und dessen Coupéversion SLC der 107er-Baureihe produziert. Satte 18 Jahre blieb er im Programm, von 1971 bis 1989. Schon als Neuwagen glänzte er mit ausgeprägter Robustheit. Heute bestätigt sich dieser Ruf, denn mit fast 60 Prozent sind der GTÜ zufolge erstaunlich viele mängelfreie Autos unterwegs. Nur zwölf Prozent aller überprüften 107er waren dagegen überhaupt nicht mehr verkehrssicher.

Wenn die Autos negativ auffallen, dann vor allem durch Umweltmängel. Auch die Beleuchtung und Elektrik kann Sorgen bereiten. Ansonsten ist der elegante Mercedes unempfindlich, vor allem im Bereich des Fahrwerks und bei der Antriebstechnik. Rost ist aber nur dann kein Thema, wenn der SL entsprechend gepflegt und gewartet wurde. Falls doch Korrosion auftritt, dann vor allem an den vorderen Kotflügeln, den Schwellern oder der Heckschürze. Auch an den Radläufen rostet der 107er SL gerne. Besonders dann, wenn einer der Vorbesitzer es für eine gute Idee hielt, dort Chromblenden nachzurüsten.

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Porsche 911/912

Porsche 911 S 2.0 Coupé

Quelle: Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG

Für viele Oldtimerfans ist ein alter Elfer der Traumwagen schlechthin. Entsprechend gefragt ist der Heckmotor-Sportler auf dem Markt, was in Verbindung mit dem geringen Angebot für teils extrem hohe Preise sorgt. Kein Wunder, dass die, die einen besitzen, gut auf ihren Elfer achtgeben. Mehr als 60 Prozent der von der GTÜ überprüften Autos befinden sich im Top-Zustand, nur durchschnittlich zwölf Prozent fallen durch.

Wenn die GTÜ-Prüfer etwas bemängeln, dann vor allem Probleme am Auspuff oder Ölverlust. Auch Beleuchtung und Elektrik werden oft beanstandet. Kaufinteressenten sollten vor allem nach Rost Ausschau halten, denn dagegen waren die frühen Elfer nur unzureichend geschützt. Der Motor zickt selten - und wenn, dann durch nicht korrekt eingestellte Vergaser oder Einspritzanlagen. Grundsätzlich gilt: Wer einen H-Kennzeichen-fähigen Porsche 911 sucht, aber ein möglichst problemloses Auto will, sollte das von 1973 bis 1989 gebaute "G-Modell" mit den Faltenbalg-Kunststoffstoßstangen bevorzugen.

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Opel Kadett

Opel Kadett A

Quelle: Adam Opel AG

Mit dem Kadett schafft es auch ein Opel in die Top Ten der beliebtesten Oldtimer Deutschlands. Gleich vier Generationen - das kaum noch verbreitete Vorkriegsmodell einmal ausgeklammert - und die ersten Modelle des Kadett E haben inzwischen Anspruch auf das begehrte H-Kennzeichen. Fasst man diese, wie die GTÜ-Statistik, zusammen, schneidet Opels Kompakt-Klassiker allerdings nicht gut ab. Nicht einmal die Hälfte der Autos ist mängelfrei, dafür sind fast 20 Prozent nicht mehr verkehrssicher. Zudem fiel ein erheblicher Teil der überprüften Exemplare mit kleinen Fehlern auf.

Welche Probleme überwiegen, hängt vor allem von der Modellgeneration ab. Beim Kadett A ist es vor allem Rost. Auch die zweite Generation (Foto) hat damit Probleme, genau wie mit Nebenaggregaten des Motors wie Vergaser, Zündverteiler oder Wasserpumpe. Der Nachfolger wird nicht umsonst auch Kadett "zäh" genannt, denn Rost war für ihn lange kein Thema. Inzwischen aber schon, und zwar vor allem am Vorderwagen. Auch der Kadett D kämpft vor allem gegen Korrosion, zudem fallen die Triebwerke der damals neuen Motorengeneration oft mit Nockenwellenschäden auf. Und der Kadett E? Na klar, er rostet gerne, und zwar vor allem an den hinteren Radläufen, den Schwellern und am Tankeinfüllstutzen.

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VW Typ 2 (Bulli)

VW T1 Bulli Lufthansa

Quelle: Volkswagen Nutzfahrzeuge

Neben dem Käfer ist der Transporter der zweite Volkswagen, der es laut GTÜ in die Top Ten der beliebtesten Oldtimer Deutschlands schafft. Wenig überraschend ist, dass seine Statistik der des Käfers sehr ähnelt. Auch beim Bulli hängt fast alles vom Zustand der Karosserie ab, die praktisch überall rosten kann. Bei der ersten, von 1950 bis 1967 gebauten Generation (Foto), ist das Problem allerdings deutlich schwerwiegender als beim Nachfolger. Die Technik ist dagegen kaum fehleranfällig und grundsätzlich leicht beherrschbar. Wenn der VW Bus zickt, dann meist an Fahrwerk und Achsen oder an der Bremsanlage.

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Mercedes W 110, 111 und 112 (Heckflosse)

Mercedes S-Klasse W 111 Heckflosse

Quelle: Daimler AG

Wieder ein Mercedes im Ranking. Oder besser: drei Mercedes. Denn von den späten Fünfziger- bis in die späten Sechzigerjahre boten die Schwaben gleich ein ganzes Limousinen-Trio an, dessen gemeinsames optisches Merkmal die ausgeprägten Kanten am Heck waren. Darauf bezieht sich auch ihr Spitzname, die "Heckflosse", von der es eine kleine (W 110 von 1961 bis 1968), eine große (W 111 von 1959 bis 1968; Foto) und eine besonders luxuriöse (W 112 von 1961 bis 1965) gab. Sie alle eint - zumindest, wenn es nach der GTÜ-Statistik geht - ihr guter Zustand: 60 Prozent aller Autos fahren völlig problemlos, nur gut zehn Prozent fallen bei der Überprüfung durch.

Die Zahlen zeigen: der überwiegende Teil der noch erhaltenen Heckflossen sind inzwischen in Liebhaberhand. Wird doch mal eine verkauft, gilt das Hauptaugenmerk dem Zustand der Karosserie. Wie für die allermeisten Autos dieser Ära gilt auch beim W 110 bis 112: Rostvorsorge ab Werk? Fehlanzeige! Interessenten sollten zudem die Vorderachse und die Bremsanlage besonders gut in Augenschein nehmen. Kaum Sorgen machen dagegen die Motoren; bis auf den hochgezüchteten 300er gelten sie als enorm widerstandsfähig.

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Mercedes W 116

Mercedes S-Klasse W 116 450 SEL 6.9

Quelle: Daimler AG

Die S-Klasse der Siebzigerjahre steht für vieles, was Mercedes-Klassiker heute begehrenswert macht: Elegantes, reduziertes und deshalb zeitloses Design, fortschrittliche Technik, die dennoch die Jahre überdauert hat, kräftige und haltbare Motoren und ein äußerst luxuriöses Fahrgefühl. Dieser Wagen war eine Autorität und ist es bis heute geblieben. Doch die Autos, die überlebt haben, sind nicht alle gut in Schuss. Nur etwa die Hälfte zeigt gar keine Mängel, ungefähr 15 Prozent fallen bei der Untersuchung im Schnitt durch.

Wer einen kaufen möchte, sollte sich auch beim W 116 die Karosserie genau anschauen. Weil Mercedes seinerzeit den Rostschutz der Hohlräume vernachlässigte und die Bleche der früheren Baujahre qualitativ nicht gerade Oberklasse waren, rosten die Limousinen gerne. Sofern mit ihnen ordentlich umgegangen wurde, machen die Motoren klaglos ihren Job. Nicht einmal der 286 PS starke 6,9-Liter-V8 bildet da eine Ausnahme. Wenn, dann funktioniert die Benzineinspritzung nicht richtig. Auch die hydropneumatische Federung des Topmodells kann Probleme machen.

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Mercedes SL (Pagode)

Mercedes SL Pagode Front Seite Standbild

Quelle: Daimler AG

Der Gewinner der GTÜ-Statistik: Kein Auto wird den Prüfern zufolge in so gutem Zustand vorgeführt wie der Mercedes SL der Sechzigerjahre. Mehr als 60 Prozent der Autos befinden sich im Topzustand, nicht einmal zehn Prozent fallen durch. Haben die Prüfer doch etwas zu beanstanden, dann Mängel am Auspuff oder Ölverlust.

Was Schwachstellen und Stärken angeht, ist dieser SL ein typischer Mercedes dieser Zeit. Rost kann ein großes Thema sein, vor allem im Bereich des Vorderwagens. Auch die Vorderachse gilt es genau zu begutachten. Die Motoren sind dagegen echte Dauerbrenner.

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Mercedes W 114/115 (Strich-Acht)

Mercedes W 114/115 Strich-Acht

Quelle: Daimler AG

Aufrecht stehende Scheinwerfer, flächige Formgebung, kaum schmückendes oder gar modisches Beiwerk: Paul Bracq gab dem 1967 erschienenen Strich-Acht ein Design, das exemplarisch steht für den Übergang aus dem automobilen Barock hinein in die Moderne - und das offenbar auch heute noch vielen Menschen gefällt. Nicht umsonst schafft es die Limousine in die Top Ten der beliebtesten Oldtimer Deutschlands. Allzu gut ist dessen Zustand allerdings nicht, zumindest nach den GTÜ-Durchschnittszahlen: Die Hälfte der Autos ist einwandfrei, etwa 15 Prozent fallen durch. Damit landet er in der Statistik im hinteren Mittelfeld.

Zwar gilt der Strich-Acht als sehr zuverlässig - nicht umsonst ist er seinerzeit besonders bei Taxifahrern beliebt gewesen. Motor, Getriebe, Fahrwerk, all das hat meist erstaunlich fit die Jahre überdauert. Über das Blech lässt sich das nur selten sagen, die Rostvorsorge gilt als Katastrophe. Besonders tückisch: Oft sind die Rostnester nicht auf Anhieb zu sehen. Sie verstecken sich an den Quer- und Längsträgern, gerne auch an den Schwellern, der Spritzwand oder am Kofferraumboden.

© SZ.de/doer/holz
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